Nie wieder Montag! Der 12. Januar diesen Jahres scheint schon Ewigkeiten her, doch liegen lediglich drei Monate dazwischen. Es war der Anfang mittlerweile zehn rassistischer Aufmärsche von Legida. Zu Beginn des Jahres waren ca. 30.000 Menschen gegen Legida auf der Straße – von Kirche bis Krumbiegel waren alle diejenigen vertreten, die die “weltoffene und tolerante” Stadt Leipzig gegen vermeintlich friedliche Spaziergänger von Legida verteidigen wollten. Sogar Arbeitgeber*innen und Geschäftstreibende schlossen frühzeitig die Läden und riefen dazu auf, sich in Richtung Waldplatz zu bewegen und sich beispielsweise der Veranstaltung “Leipzig zeigt Courage” anzuschließen.
Das mediale Interesse war an diesem Tag riesig – auch international. Denn einige Tage zuvor fanden in Paris die terroristischen Anschläge auf das Satire-Magazin “Charlie Hebdo” sowie einen jüdischen Supermarkt, mit insgesamt 15 Todesopfern und zahlreichen Verletzten statt. In der sächsischen Landeshauptstadt Dresden stieg die Zahl der Pegida-Teilnehmer*innen indes auf angeblich ca. 30.000 Rassist*innen an, die sich durch die Attentate von Paris noch bestärkt fühlten. Hinzu kam die Tatsache, dass Legida doch tatsächlich an einem für Leipzig “so bedeutsamen” Montagabend zum “friedlichen Spaziergang” aufrief. Die negative Presseberichterstattung über Dresden und die dortigen Pegida-Aufmärsche wären für Leipzig untragbar, die Stadt hätte immerhin einen Ruf zu verlieren.
Der große Unterschied zu heute?
So waren letztendlich zwischen 25.000 und 30.000 Legida-Gegner*innen an diesem Montag auf der Straße. Es schien allerdings bei einem mehr oder weniger einmaligen Happening zu bleiben, denn schon eine Woche später sank die Zahl der Teilnehmer*innen bei Anti-Legida-Aktionen bereits auf unter 10.000. Heute, im April, erscheinen diese Zahlen nahezu utopisch, denn in den letzten Wochen stagnierte die Zahl der Gegendemonstrant*innen bei deutlich unter 1.000, wobei Legida seit dem Januar 2015 zum regelmäßigen Sammelbecken für Neonazis, Rassist*innen Antisemit*innen und sonstige faschistoide Weltverschwörer*innen gewachsen ist. Die so genannten Inhalte und das Bedrohungspotential von Legida sind die gleichen wie zu Jahresbeginn – das Engagement für antifaschistische und zivilgesellschaftliche Gegenproteste ist dahingegen mittlerweile kaum noch wahrnehmbar.
Wer schweigt, stimmt zu!
Antifaschistische und antirassistische Arbeit bleibt in Leipzig offensichtlich bei der überwiegenden Mehrheit auf einzelne Tage im Jahr beschränkt. Einige Menschen gingen auch davon aus, dass Legida von alleine wieder verschwinden würde. Doch drei Monate später ist dies nicht passiert und die Polizei hat sich mit der aktuellen Route vom Augustusplatz durch das graphische Viertel mehr als arrangiert. In der Presse wird auch nur noch in recht knapper Form von den Legida-Rassist*innen berichtet, eine inhaltliche Auseinandersetzung fand in weiten Teilen nur am Rande statt. Eine gewisse Lethargie und Genervtheit hat sich breit gemacht. Das wichtigere Thema schien die Umsatzseinbusse der Gewerbetreibenden zu sein… von den menschenverachtenden Inhalten, die Woche für Woche im Zentrum der Stadt hinaus geschleudert werden, kein Wort. Die Zunahme von rassistischen Übergriffen in Sachsen um fast 90 % im Gegensatz zu 2013 hat auch nur ein kurzes mediales Interesse geweckt. Die Stimmung, die die *gidas erzeugen, führt dazu, dass militante Rechte und deutsche Wutbürger *innen Unterkünfte von Geflüchteten anzünden. Menschen, die als “nicht-deutsch” wahrgenommen werden, sind immer häufiger Beleidigungen oder gar Angegriffen ausgesetzt, dies findet allerdings nur selten Erwähnung.
Für Nazis und Rassist*innen ist die aktuelle Situation in Leipzig sehr komfortabel: Es kann sich doch regelmäßig in der Öffentlichkeit, hofiert von der Polizei, getroffen und durch das Leipziger Zentrum demonstriert werden. Frühere Versuche von rassistischen Demonstrationen durch Leipzig endeten meist in einem Desaster. Das kam allerdings auch nicht von alleine, sondern war ein Resultat kontinuierlicher linker Intervention. Die Folgen des Ausbleibens solcher sind aktuell sichtbar: Die rechte Szene tankt wieder Selbstbewusstsein, kann sich weiter stärken und reorganisieren.
Hier liegt die immer weiter wachsende Gefahr für all diejenigen Menschen, die nicht in deren #@~%² Weltbild passen! In den letzten Wochen kam es immer häufiger zu Angriffen von Neonazis in der Innenstadt auf vermeintliche Legida-Gegner*innen. Man könnte fast das Gefühl bekommen, es gäbe einen Flashback zum Anfang der 1990er Jahre. Das “deutsche Volk” fühlt sich von steigenden Flüchtlingszahlen bedroht, die Politik verschärft indes die Asylgesetzgebung und bestärkt somit wiederum diejenigen, die Woche für Woche ihre rassistische Kackscheiße auf die Straße tragen.
Dem können wir nur gemeinsam, entschlossen und solidarisch Paroli bieten. Es gibt daher keine Alternative zum konsequenten antifaschistischen und antirassistischen Widerstand. In diesem Sinne: Roter Alarm!
Montag für Montag wieder auf die Straße und Legida unmöglich machen! Die restlichen sechs Tage der Woche Refugees supporten und der rassistischen Mehrheitsgesellschaft den Kampf ansagen! Wir sind die Mauer – das Volk muss weg!
Leipzig, 20.4.2015 17 Uhr Markt