// Betriebsräte mit ausgelaufenen Arbeitsverträgen klagen auf ihre Wiedereinstellung am Standort Brieselang // Die Streiks bei Amazon gehen weiter: In den vergangenen zwei Wochen legten Beschäftigte des Onlinehändlers in Leipzig, Bad Hersfeld und Graben die Arbeit nieder. "Wir werden es weiter zuspitzen", sagt Stefan Najda von der Gewerkschaft ver.di.
Im neusten Versandzentrum in Brieselang (Brandenburg) finden noch keine Streiks statt. Hier arbeiteten im Weihnachtsgeschäft 1.500 Menschen, aber nur ein Sechstel von ihnen hatte einen unbefristeten Vertrag. Trotz der Befristungen kämpfen auch die KollegInnen in Brieselang zusammen ver.di für ihre Rechte.
Unter den 1.000 KollegInnen, die nach Weihnachten keine Verlängerung bekamen, waren auch drei ordentliche Mitglieder des Betriebsrates und zwei Ersatzmitglieder, die erst im Juni 2014 für eine vierjährige Amtszeit gewählt wurden. Damals hatten gewerkschaftliche Listen überraschend sechs von 13 Sitzen bekommen. Fünf der gewählten KollegInnen sind jedoch seit dem 31. Januar nicht mehr im Werk. Doch trotzdem werden neue Saisonkräfte eingestellt, auch LeiharbeiterInnen kommen zum Einsatz, heißt es aus der Belegschaft.
"Wir kämpfen nicht nur für uns allein", verkündete ein Flugblatt der ver.di-Betriebsgruppe, das am Montag vor dem Werkstor verteilt wurde. Man kämpfe "auch dafür, dass die unmenschliche Politik der Befristung aufhört". Man wolle "dem Unternehmen nicht schaden", sondern die permanente Unsicherheit der KollegInnen über ihre Zukunft beenden. Das wäre auch gut für die KundInnen und für die Region, steht im Flugblatt.
Die Betriebsräte kämpfen jetzt vor dem Arbeitsgericht in Brandenburg/Havel für ihre Wiedereinstellung. Vor dem Gütetermin am Dienstag protestierten rund 20 UnterstützerInnen vor dem Gericht. "Wir bleiben alle", stand auf einem Banner neben den Fahnen von ver.di und der brandenburgischen Linkspartei. Per Lautsprecher wurden Solidaritätsbotschaften durchgegeben. Auch aus Kassel kam eine solche Botschaft. Doch die AktivistInnen schauen nicht in erster Linie auf das Gericht, sondern auf den Arbeitskampf im Betrieb. Deswegen trugen die UnterstützerInnen auch im Gerichtssaal neonorangene Streikwesten von ver.di bei Amazon.
Organisiert war die Aktion vom Berliner Solidaritätskomitee. "Die Befristungspraxis bei Amazon ist ein Angriff auf gesetzliche Mitbestimmung und gewerkschaftliche Organisation im Betrieb", hieß es. Damit sende das Unternehmen eine deutliche Botschaft: "Wer sich wehrt, fliegt raus." Hartz IV mache diese Form der Ausbeutung erst möglich, da das Jobcenter Arbeitslose verpflichten könne, als Saisonkräfte bei Amazon zu schuften.
Beim Gütetermin wurde schnell deutlich, dass die Rechtsanwälte sich nicht einigen. Ein erster Verhandlungstermin wurde deshalb auf den 24. Juni festgesetzt. "Das ist zwar lange hin, aber bietet uns genug Zeit, um eine starke Kampagne gegen Befristungen bei Amazon aufzubauen" kommentierte Stefan Schneider vom Solidaritätskomitee. 165 KollegInnen in Brieselang haben Arbeitsverträge nur bis zum 30. Juni. Spätestens da geht der Kampf gegen Befristungen in die nächste Runde.
von Wladek Flakin, Revolutionäre Internationalistische Organisation (RIO)
eine kürzere Version des Artikels erschien im neuen Deutschland am 25.3.