Die Polizei beginnt mit der Aufarbeitung der Proteste: Dafür prüft sie Tausende Videos und Bilder zur Blockupy-Gewalt. Wieder werden Vorwürfe eines zu defensiven Einsatzes laut. Polizeipräsident Bereswill rechtfertigt den Rückzug.
Während sich das Blockupy-Bündnis und die Linkspartei weiterhin heftiger Kritik wegen der gewaltsamen Ausschreitungen am vergangenen Mittwoch in Frankfurt ausgesetzt sehen, hat die Polizei mit der Aufarbeitung des Geschehens begonnen. Innerhalb der Frankfurter Behörde wird derzeit darüber diskutiert, welche Lehren für künftige, ähnlich gelagerte Einsätze zu ziehen sind.
Polizeipräsident Gerhard Bereswill sagte dieser Zeitung, die Polizei prüfe das eigene Vorgehen nach jedem Einsatz und versuche, aus den Erfahrungen zu lernen – „das ist auch diesmal der Fall“. Dabei werde auch die Frage aufgeworfen, ob die Polizei am Morgen mit genügend Einsatzkräften an den richtigen Stellen in der Stadt vertreten gewesen sei. „Die Präsenz an Brennpunkten ist ein Punkt, den wir genauer hinterfragen und aufarbeiten werden“, so Bereswill.
Dass die Polizei während der Krawalle zu defensiv aufgetreten sei, sieht Bereswill nicht. „Wir sind gegen erkannte Straftäter offensiv vorgegangen, insofern lag vor allem am Vormittag keine Deeskalationstaktik zugrunde.“ Zudem sei die Polizei an Recht und Gesetz gebunden. Festnahmen dürften nur erfolgen, wenn einer einzelnen Person ein konkreter strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden könne und Haftgründe vorlägen. Er sei zuversichtlich, so Bereswill, dass durch die Auswertung des vorhandenen Beweismaterials noch weitere Straftäter ermittelt und verfolgt werden könnten.
Polizeigewerkschaft gibt Wilken Mitschuld
Dem Vernehmen nach liegen der Polizei Tausende Videos und Bilddokumente vor, die nun ausgewertet werden müssen. Darunter ist nicht nur Material von hessischen Einsatzkräften, sondern auch jener Einheiten aus anderen Bundesländern, die während der Krawalle an unterschiedlichen Stellen in der Stadt eingesetzt waren. Die Auswertung wird voraussichtlich Monate dauern.
Unter den eingesetzten Beamten wird unterdessen darüber diskutiert, ob die Anordnung der Polizeiführung, sich an den Brennpunkten zurückzuziehen, hilfreich war. Ein Frankfurter Polizist hatte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung geäußert, er habe das Gefühl gehabt, „klein beigeben“ zu müssen. Bereswill sagte, gerade diese Anordnung sei zu diesem Zeitpunkt richtig und notwendig gewesen – zum Schutz der Beamten. An den gewalttätigen Ausschreitungen hätten am frühen Morgen bis zu 4000 Personen teilgenommen, die die Polizisten bei jeder sich bietenden Gelegenheit angegriffen hätten. Aufgrund dieser extremen Gewaltbereitschaft sowie des koordinierten Vorgehens an mehr als 20 Orten in der Stadt sei es notwendig gewesen, die Polizeikräfte in größere Organisationseinheiten zu strukturieren, um die Sicherheit der Beamten zu gewährleisten. Dies habe letztlich dazu geführt, dass sich die Einheiten an Brennpunkten zunächst zurückziehen mussten beziehungsweise mit einiger Verzögerung an diesen Örtlichkeiten eingetroffen seien, fügte Bereswill hinzu. „Jedes andere Handeln hätte zu gefährlichen Situationen für die Einsatzkräfte geführt.“
Die Polizeigewerkschaften geben unterdessen dem Linken-Abgeordneten und stellvertretenden Landtagspräsidenten Ulrich Wilken eine Mitschuld an den Ausschreitungen. Seine Äußerungen seien „geeignet, eine Kultur der Verharmlosung und Ignoranz der brutalen Angriffe auf das Leben der eingesetzten Polizisten zu etablieren“, äußerte die Gewerkschaft der Polizei. Von Seiten der Deutschen Polizeigewerkschaft hieß es, Wilken sei in seinem Amt untragbar.