Eingeschüchterte Busunternehmer und verunsicherte Anwohner: Wird die Polizei dieses Mal friedlich bleiben?
Wer in Frankfurt am Main spazieren geht, stößt immer wieder auf das anstehende politische Großereignis am 18. März 2015. Wenn man am Frankfurter Hauptbahnhof ankommt und die Rolltreppe zur U-Bahn nach unten fährt, klebt dort ein Aufkleber: »Schule goes Blockupy. 18.03. Ich nehm mir frei«. Darauf abgebildet sind Schüler/innen, die vor dem EZB-Neubau im Frankfurter Ostend stehen und diesem ihre Mittelfinger entgegenstrecken.
In Postkartenständern vieler Kneipen finden sich Handzettel, die zu den »transnationalen Aktionen gegen die autoritäre Krisenpolitik der Troika« und zur Blockade der Europäischen Zentralbank (EZB) am »144. Jahrestag der Commune von Paris« aufrufen. In Bockenheim sind Blockupy-Plakate der Bündnisse »UmsGanze« und »Interventionistische Linke« abwechselnd nebeneinander geklebt. Auf der Berger Straße in Bornheim unterhalten sich Passant/innen vor einer Bäckerei kritisch über die Polizei, die vor Behinderungen durch die angekündigten Proteste warnt. Täglich ist in hessischen und linken bundesweiten Medien von Blockupy zu lesen und zu hören.
Es ist erstaunlich, was das Bündnis in drei Jahren geschaffen hat. Blockupy ist zu einem festen Begriff im Rhein-Main-Gebiet geworden. Das breite Bündnis von Parteien und ihren Jugendorganisationen, linksradikalen Bündnissen und Gruppen sowie Bewegungen und Organisationen aus ganz Europa hat sich auf Proteste und Aktionen geeinigt, zu denen wie selbstverständlich auch Formen des zivilen Ungehorsams gehören: Im November 2014 stürmten hunderte den Zaun des EZB-Neubaus und kurze Zeit später zierten zahllose Farbkleckse den Eingang des Bankenturms. Gleichzeitig ist Blockupy laut Aktionskonsens ausdrücklich solidarisch mit allen, die mit den gleichen Zielen, aber anderen Mitteln, gegen das autoritäre Krisenmanagement und die Troika-Politik Widerstand leisten.
Anders als in den vergangenen Jahren braucht das Bündnis dieses Mal offensichtlich keine Liste mehr mit Unterzeichner/innen des Aufrufs; vermutlich weil ohnehin alle kommen werden. Internationalist/innen, Care-Revolutionär/innen, Autonome, Gewerkschafter/innen, Tierschützer/innen, Antirassist/innen, Christ/innen, Erwerbslose, Feministinnen, Antifas, Kriegsgegner/innen, Insurrektionalist/innen usw. – sie alle haben ihr Kommen zugesagt und mit eigenen Aufrufen ihr Thema in den Kontext der Blockupy-Krisenproteste gestellt.
2012 und 2013 wurden durch Versammlungsverbote bzw. der Einkesselung von Demonstrant/innen viele Proteste des Blockupy-Bündnisses verhindert. Während der Demonstration anlässlich der Aktionstage im Mai 2012 schlugen und traten Polizisten auf brutalste Weise gegen Teilnehmer/innen des schwarzen Blocks ein. Ein Jahr später ist ein bunter Block an der Demospitze bis zu zehn Stunden gekesselt worden. Der Polizei gelang jedoch die beabsichtigte Spaltung der Demo und des Bündnisses nicht. Im Gegenteil, danach stand es geschlossener da als je zuvor.
Den Blockupy-Aktivist/innen wurde in der Vergangenheit also schon einiges zugemutet. Welche anderen Mittel bleiben übrig, wenn man auf Versammlungs- und Demonstrationsverbote stößt? Ist es dann nicht außerordentlich demokratisch, trotz all dieser Verbote die einzige Öffentlichkeit, die bleibt, nämlich die der Straße, zu benutzen und davon Gebrauch zu machen? Wer hätte kein Verständnis dafür gehabt, wenn nach den Versammlungsverboten 2012 und dem Kessel 2013 in der Frankfurter Innenstadt der Punk abgegangen wäre? Anlass dafür hätte es genug gegeben. Aber es hat nicht geknallt.
Wird die Polizei dieses Mal friedlich bleiben?
So wie sich die Frankfurter Behörden aktuell schon wieder aufführen, ist nichts Gutes zu erwarten. Die Polizei hat die Straßen um die EZB de facto zum Gefahrengebiet erklärt und informiert Anwohner/innen über den zu erwartenden Ausnahmezustand: Wenn man dort ohne größere Einschränkungen um seine Wohnung herum spazieren oder einkaufen gehen möchte, möge man seinen Personalausweis mitführen.
Wie in der Vergangenheit kriminalisiert die Polizei vorab schon die Proteste. Der Frankfurter Staatsschutz hat die Polizei anderer Bundesländer nach Erkenntnissen »über mögliche Anreisende« gefragt. Damit schüchtern die Polizeibehörden Busunternehmen ein, die Demonstrant/innen nach Frankfurt fahren werden. Ein Fall aus Bielefeld ist dieser Tage bekannt geworden. Die Interventionistische Linke Bielefeld weist die Kriminalisierung zurück: Wer wie die EZB Banken mit Steuergeldern rette oder Ländern wie Spanien und Griechenland das Diktat einer oktroierten Austeritätspolitik auferlege, müsse auch lautstarken Protest aushalten können.
Die politische Polizei in Frankfurt schürt Hysterie. Sie plant offensichtlich die Anreise von Demonstrant/innen zu behindern. Das ist alles andere als deeskalierend. In der Vergangenheit wirkte solch repressives polizeiliches Vorgehen mobilisierend. Tausende Frankfurter/innen kamen im Mai 2012 trotz bzw. wegen der Versammlungsverbote spontan auf dem Paulsplatz zusammen; eine Woche nach dem Kessel im Juni 2013 gingen 10.000 Menschen für Blockupy und das Demonstrationsrecht auf die Straße. Das ist auch am 18. März 2015 eine von vielen guten Möglichkeiten, um zu zeigen, dass Protest und Widerstand gegen das Krisenregime der Troika mehr denn je legitim und notwendig sind.