"Lichterspaziergang" vor Privathaus
Magdeburg/Tröglitz. In Sachsen-Anhalt haben massive Proteste gegen ein geplantes Flüchtlingsheim zum Rücktritt eines Ortsbürgermeister geführt. Der ehrenamtliche Ortsvorsteher von Tröglitz im Burgenlandkreis, Markus Nierth (CDU), hatte für eine Willkommenskultur für die etwa 50 Flüchtlinge in der rund 3000-Seelen-Kommune geworben und war dafür in den vergangenen Wochen von Einheimischen und Rechtsextremen stark angefeindet worden. Unter Führung des NPD-Kreisrates Steffen Thiel versammelten sich die Heimgegner in Anlehnung an die "Pegida"-Aufzüge zu wöchentlichen "Lichterspaziergängen" mit oft über 100 Teilnehmern.
Nachdem der Aufzug der Heimgegner gestern vor seinem Privathaus enden sollte und die Behörden zunächst keine Möglichkeiten sahen, dies zu verhindern, trat Nierth von seinem Amt zurück. "Er hat nicht vor den Braunen Angst, sondern er will seine Familie schützen", sagte seine Ehefrau Susanna Nierth. Die ganze Familie sei in den vergangenen Wochen "auf unterster Schublade beschimpft und angefeindet worden". Die Demonstranten seien allerdings kaum noch Einheimische sondern mehrheitlich "herangekarrte Neonazis und NPD-Anhänger von außerhalb". Von den Behörden fühlten sie sich alleingelassen, sagte Nierths Ehefrau Susanna. Erst nachdem das Ehepaar einen Anwalt einschaltete, habe das Landratsamt noch mal alle rechtlichen Schritte überprüft und mit den Veranstaltern des "Lichterspaziergangs" schließlich eine Änderung der Route abgesprochen.
Unterdessen haben die Ereignisse in der kleinen Kommune auch die
Landespolitik in Magdeburg aufgeschreckt. Innenminister Holger
Stahlknecht (CDU) kündigte an, an dem sonntäglichen Friedensgebet der
Heimbefürworter teilzunehmen. "Wir lassen uns in unserer Demokratie und
Freiheit durch niemanden einschüchtern. Gemeinsam mit dem zuständigen
Landrat Götz Ulrich (CDU) setzen wir für Land und Landkreis mit der
Teilnahme am Friedensgebet ein Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz",
erklärte Stahlknecht gestern.
Zuvor hatte bereits Linkspartei-Fraktionschef Wulf Gallert erklärt,
der Rücktritt sei eine Niederlage für alle, die sich für Weltoffenheit
einsetzten.