Flüchtlingscamp in Dresden geräumt – harte Kritik an Mackenroths "Falschparker"-Vergleich

Erstveröffentlicht: 
03.03.2015

Dresden. Das Protestcamp von Flüchtlingen vor der Dresdner Semperoper ist am Dienstag geräumt worden. Die Teilnehmer leisteten am Vormittag keinen Widerstand und bauten die Zelte selbst ab. Zuvor waren sie mit einem Eilantrag gegen die von der Stadt angeordnete Räumung des Zeltlagers gescheitert. Polizei, Vertreter der Kommune und Stadtreinigung hatten am Morgen vor der Semperoper Aufstellung genommen, seit 9 Uhr wurden die etwa 50 Zelte auf dem Theaterplatz abgebaut.

 

Politiker von Grünen und Linken kritisierten das Vorgehen der Stadt und die Entscheidung der Verwaltungsrichter: „Das ist definitiv die falsche Entscheidung. Man hätte auf Kommunikation und Kooperation setzen können“, sagte Linke-Parteichef Rico Gebhardt. Laut Grünen- Fraktionschef Volkmar Zschocke wäre es sicher möglich gewesen, über die Forderungen der Flüchtlinge noch länger zu verhandeln. Stadtsprecher Kai Schulz wies Vorwürfe einer mangelnden Kommunikation mit den Flüchtlingen zurück. Man habe verschiedene Gespräche mit den Verantwortlichen geführt. Man müsse aber zwischen ordnungsrechtlichen Dingen und der politischen Debatte trennen.

Kritisch sahen Zschocke und Gebhardt die Rolle des sächsischen Ausländerbeauftragten Geert Mackenroth (CDU), der die Flüchtlinge und ihre Unterstützer in einem Interview auf MDR Info mit Falschparkern verglich, die mit Konsequenzen ihres ordnungswidrigen Verhaltens rechnen müssten. Mackenroth sei der „falsche Mann“ für dieses Amt, sagte Gebhardt. 

 

Verwaltungsgericht ordnete Auflösung an

Das Vorgehen der Behörde sei durch die gesetzlichen Bestimmungen gedeckt, teilte das Dresdner Verwaltungsgericht am Dienstag mit. Die Flüchtlinge und ihre Unterstützer können den Protest allerdings ohne Zelte fortsetzen und wollen das nach eigenem Bekunden auch tun. Innenminister Markus Ulbig (CDU) nannte das Vorgehen der Stadt „besonnen“. Dresden habe klar entschieden, aber nicht überreagiert. „Eine dauerhafte Inanspruchnahme des Platzes, die über die Versammlungsfreiheit hinausgeht, kann es nicht geben“, erklärte der Minister.

 

Das Protestcamp für mehr Rechte der Flüchtlinge war am Samstag nach einer Demonstration in Dresden spontan entstanden. Die Teilnehmer nutzen dafür Zelte und Toiletten, die für die Demo aufgestellt wurden. Ursprünglich sollte das seit Samstag bestehende Camp der etwa 50 Migranten bereits am Montag abgebaut werden. Der Dresdner Rechtsbeistand der Protestierenden, Mark Feilitzsch, hatte allerdings einen Eileintrag gegen die geplante Räumung beim Verwaltungsgericht eingereicht. Die Kommune verzichtete daraufhin zwischenzeitlich auf den Vollzug.

Am Dienstagmorgen wurde der Eilantrag von der Justizbehörde abgelehnt. "Die Aufstellung der Zelte und Toiletten stellt eine straßenrechtliche Sondernutzung dar, für die eine Erlaubnis erforderlich sei", heißt es in dem am Dienstag ergangenen Beschluss. Vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit seien die Behausungen nicht geschützt, weil sie für die Demonstration nicht "wesensnotwendig" seien, sonder darauf abzielten, möglichst optimale Rahmenbedingungen zu schaffen, so die sechste Kammer (Az.: 6 L 147/15).

Attacke am Vorabend durch Polizei verhindert

Am Montagabend war das Camp von Rechtsextremisten attackiert worden. Nach einer Kundgebung der islamkritischen Pegida-Bewegung zogen etwa 100 Teilnehmer vom Neumarkt zum Theaterplatz, um gegen die Aktion der Flüchtlinge und ihrer Sympathisanten zu protestieren. Etwa zwei Dutzend Rechtsextreme versuchten auf den Platz zu stürmen, wurden aber von der Polizei rasch abgedrängt. 

 

Angesichts steigender Flüchtlingszahlen und zunehmender Probleme bei ihrer Unterbringung hat Sachsen eine Stabsstelle Asyl im Innenministerium mit 14 Mitarbeitern eingerichtet. Dort sollen alle Fäden zusammenlaufen, sagte Minister Ulbig. Die Stelle soll Konzepte zum Ausbau der Kapazitäten für die Erstaufnahme erarbeiten und gemeinsam mit den Kommunen koordinieren.

Es gebe einen hohen Zugang an Flüchtlingen, so Ulbig. Demnach hat Sachsen im Februar 2015 rund 2100 Flüchtlinge aufgenommen, im Vorjahresmonat waren es knapp 500. Die Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen wurden seit 2013 von 900 auf mittlerweile 2940 Plätze aufgestockt. 

Ulbig kündigte an, künftig auch EU-Fördermittel für Stadtentwicklung für die Integration von Flüchtlingen nutzen zu wollen. So soll es sogenannte Quartiersmanager geben, die sich in den Stadtteilen um die soziale Betreuung und Integration von Asylbewerbern kümmern. Auch für die dezentrale Unterbringung in Wohnungen sollen Kommunen Fördermittel nutzen können. (mit dpa)