G7-Gipfel: Handel fürchtet Einbußen in Millionenhöhe

10.02.2015, Lübecker Nachrichten - Seite 9
Erstveröffentlicht: 
09.02.2015

Die Geschäfte sorgen sich, falls die Altstadt-Insel komplett abgeriegelt wird. Stadt und Polizei wollen aber große Sperrungen vermeiden. Drei Gegendemos sind angemeldet.

 

Je näher der G7-Gipfel der Außenminister im Frühling rückt, desto konkreter werden die Befürchtungen rund um das politische Großereignis. Vom 14. bis 15. April lädt Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) seine Amtskollegen aus den sechs anderen führenden Wirtschaftsnationen nach Lübeck ein, schon heute sind ein Polizei-Großaufgebot und Straßensperrungen vorhersehbar. Getagt werden soll im neuen Hansemuseum.

 

Der Einzelhandelsverband Nord fürchtet im schlimmsten Fall Umsatzverluste von 1,5 Millionen Euro – pro Tag. „Wenn es tatsächlich dazu kommt, dass die Altstadt für zwei Tage praktisch abgeriegelt wird, sind die Geschäfte nicht erreichbar“, sagt Hauptgeschäftsführer Dierk Böckenholt. Auch Olivia Kempke, Geschäftsführerin vom Lübeck-Management (LM), geht von negativen Auswirkungen aus. „An den zwei Gipfeltagen wird es den Handel treffen“, sagt sie. Es werde sicher Kunden geben, „die sich überlegen, ob sie genau dann in die Stadt fahren wollen“. Bedenken hat Kempke auch wegen der Gegendemos – nicht inhaltlich, sondern wegen der Auswirkungen. „Sie bedeuten noch mehr Polizei und Sicherheitsvorkehrungen.“

 

Derzeit sind drei Aktionen angemeldet: Ein „Nachttanz“ mit 500 Teilnehmern ist am Montag, 13. April, von 17 bis 22 Uhr auf dem Klingenberg geplant. Zudem soll am G7-Dienstag von 10 bis 22 Uhr ein „Friedensfest“ mit 1000 bis 3000 Menschen zwischen den Media Docks und der Drehbrücke stattfinden. Am Mittwoch, 15. April, folgt ab 16 Uhr eine Anti- G7-Demo mit Kundgebung auf dem Markt und geplantem Marsch durch die Innenstadt zur Untertrave – am liebsten bis vor das Hansemuseum. Die Polizei stuft alle drei Aktionen derzeit als friedlich ein.

 

Das Bündnis „Stop G7 Lübeck“ warnt indes mit Flyern in Lübecks Briefkästen vor den negativen Seiten des Gipfels. Darin ist von massiven Einschränkungen die Rede, wenn Tausende Polizisten und Sicherheitskräfte die Areale um den Tagungsort und die Hotels „in einen Belagerungszustand versetzen“. Anwohner müssten „damit rechnen, ihre Wohnungen nur noch mit Ausweiskontrollen betreten zu können“. Um den Protest der Anwohner besser zu sammeln, lädt das Bündnis heute um 20 Uhr zu einem G7-Stammtisch im Tonfink, Große Burgstraße 46, ein.

 

Laut Polizei und Stadt gibt es noch kein definitives Sicherheitskonzept. „Wir wollen so wenig wie möglich ins öffentliche Leben eingreifen“, sagt Stadtsprecher Marc Langentepe. Laut Polizeisprecherin Anett Dittmer werden die Lübecker „rechtzeitig informiert“. Ende Februar findet eine Einsatzbesprechung statt. Außerdem bestätigt sie das Containerdorf mit 1000 Metallhütten für einen Teil der 4000 Polizisten. „Der Volksfestplatz wurde angemietet.“ Die übrigen Beamten schlafen wohl in Hotels und Gebäuden öffentlicher Träger.

 

LM-Chefin Kempke rechnet trotz der Einschränkungen langfristig mit einem Touristen-Plus. „Lübeck wird weltweit in den Medien sein, das ist ein riesiger Werbe-Effekt.“ Das meinen auch die Bürger für Lübeck (BfL). „Viele Menschen werden, ob in Japan oder Kanada, auf unsere Stadt aufmerksam gemacht, von der sie vielleicht zuvor noch nicht gehört haben“, sagt BfL-Chef Lothar Möller. „Engstirnig und schlicht egoistisch“ nennt er die Haltung der Protestler. Angesichts der Bedeutung des Treffens „können die Anwohner leichtere Beeinträchtigungen für lediglich zwei Tage wohl hinnehmen“.