Am gestrigen Samstag, 7. Februar 2015 beteiligten sich in Kiel zeitweise bis zu 500 Menschen an der Demonstration „Solidarität mit dem revolutionären Aufbau in Kurdistan – Weg mit dem Verbot der PKK!“ zu der das Kobanê Solidaritäts-Komitee Kiel unterstützt von 18 Gruppen und Organisationen aus dem norddeutschen Raum aufgerufen hatte. Die Demonstrant_innen sammelten sich ab 14 Uhr zur Auftaktkundgebung auf dem zentralen Asmus-Bremer-Platz und zogen anschließend durch die Kieler Innenstadt mit einer Zwischenkundgebung auf dem Berliner Platz zum Hauptbahnhof, wo die Demo gegen 16.30 Uhr zu Ende ging.
Bereits im Vorfeld musste erwartet werden, dass sich eine Demonstration, die sich explizit gegen das in Deutschland im Jahre 1993 erlassene Betätigungsverbot der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und ihre Denunziation auf der EU-Terrorliste richtet, von den Repressionsbehörden zum Anlass genommen werden könnte, ein Gerangel um das Zeigen vermeintlich oder tatsächlich kriminalisierter Symbole der kurdischen Bewegung zu veranstalten. Diese Befürchtung bestätigte sich. So wurde dem Anmelder noch vor dem eigentlichen Beginn der Auftaktkundgebung damit gedroht, das Loslaufen der Demo zu behindern, wenn etwa ein Plakat gezeigt werden würde, mit dem in den vergangenen Wochen für die Demo mobilisiert wurde und das einen halben roten Stern auf gelben Grund mit grüner Umrandung zeigt. Dies wurde von der Polizei, darunter auch der vor Ort anwesende Staatsschutz, als PKK-Symbol interpretiert. Mit selbiger Begründung nahm sie die Personalien eines Aktivisten auf, der Flyer an Passant_innen verteilte und kündigte ihm sowie dem Fahrzeughalter des Laustsprecherwagens die Einleitung von Strafermittlungsverfahren an. Um die planmäßige Durchführung der Veranstaltung nicht zu gefährden und einer möglichen Eskalation entgegen zu wirken, beugten sich die Organisator_innen schließlich der erzwungenen Zensur und machten entsprechende Symbole etwa am Lautsprecherwagen unter Protest unkenntlich.
Die anschließende Demonstration selbst verlief dann störungsfrei und die Polizei hielt sich weitestgehend im Hintergrund. Die Stimmung wurde im Laufe der Route, insbesondere beim Passieren der Fußgängerzone in der Holstenstraße, stetig besser und lauter. Zudem hatten die Einschüchterungsversuche der Polizei zu Beginn der Demo anscheinend nur wenig Wirkung entfalten können, so dass in dem optisch ansprechenden bunten Fahnenmeer auch immer wieder solche Symbole auftauchten, die nicht der repressiven Gesetzeslage entsprechen. Beim Zulauf auf den Hauptbahnhof zum Ende wurde etwa an der Demospitze minutenlang der PKK-Stern in seiner vollen, unhalbierten Pracht und nicht zu übersehenden Größe gezeigt.
In den hauptsächlich in deutscher, aber auch in kurdischer Sprache
gehaltenen Redebeiträgen wurde die Geschichte des PKK-Verbots, die
daraus resultierende Kriminalisierung der kurdischen Befreiungsbewegung
in Deutschland und seine in den deutsch-türkischen Beziehungen
verankerten bündnisstrategischen und geopolitischen Hintergründe
thematisiert. Zudem gingen Redner_innen auch auf die erst vor wenigen
Wochen vermeldete Befreiung Kobanês von den fundamentalistischen
Schlächtern des „IS“, die starke kurdische Frauenbewegung als zentrale
Säule des theoretischen und praktischen Konzepts des Demokratischen
Konföderalismus und seine Umsetzung in Form der Revolution im
syrisch-kurdischen Rojava ein.
Anlass der Demo war der 16. Jahrestag der Entführung und Festnahme
Abdullah Öcalans im Februar 1999 – Gründungsmitglied, Vorsitzender und
wichtigster Theoretiker der PKK, der seitdem in der Türkei in
Isolationshaft sitzt. Die Aktion in Kiel reiht sich ein in eine Vielzahl
von Aktivitäten gegen das PKK-Verbot und für die Freiheit Öcalans in
den kommenden Wochen. Nächsten Samstag etwa findet im französischen
Straßburg eine internationale Großdemonstration statt, in der Woche
darauf wird in Berlin demonstriert werden um der bevorstehenden
Bundestagsinitiative der LINKEN gegen das PKK-Verbot den nötigen Druck
der Straße mit auf den Weg zu geben.
Insgesamt konnte mit der gestrigen Demonstration die lokale Zusammenarbeit von kurdischen und nicht-kurdischen Linken auch über die zahlreichen erfolgreichen Mobilisierungen und Veranstaltungen in Solidarität mit dem Widerstand Kobanês hinaus weiter intensiviert werden und die Forderung nach der sofortigen Aufhebung PKK-Verbots in die lokale öffentliche Debatte eingebracht werden. Die Beteiligung war zwar nicht überwältigend, aber auch angesichts der expliziten Kernforderung durchaus zufriedenstellend und die Demonstration trat trotz der Polizei-Schikanen selbstbewusst und lebendig auf. Auch auf die zukünftige Kieler Solidaritätsarbeit mit der kurdischen Befreiungsbewegung lässt sich also optimistisch blicken.
Kobanê Solidaritäts-Komitee Kiel
http://kurdistansolikiel.noblogs.org/