09.12.2014 - Pressemitteilung des Freiburger Forums aktiv gegen Ausgrenzung: Sammelabschiebung nach Belgrad vom Baden-Airpark am 9.12.2014
Am heutigen Dienstag, den 9.12.2014, fand eine Sammelabschiebung vom Baden-Airpark statt. 83 Menschen, 21 Männer, 26 Frauen und 36 Kinder , viele im Vorschulalter, wurden gegen ihren Willen mit mehreren Bussen, Kleinbussen und Polizeiautos aus verschiedenen Bundesländern an den Flugplatz Baden-Baden/Karlsruhe gebracht und in ein Flugzeug nach Belgrad und Skopje gesetzt. Der Flug startete um 16 Uhr. Den Kennzeichen der Transportbusse und mitgereisten PolizistInnen nach lebten die Flüchtlinge bis heute unter anderem in Dortmund, Bayreuth, Pirmasens, Herfurth und diversen Orten in Baden-Württemberg. Die Abschiebung wurde von einem großen Polizeiaufgebot aus mehreren Bundesländern begleitet.
Unter den betroffenen Menschen waren zahlreiche Frauen mit Kindern und viele Familien. Außerdem wurde eine schwangere Frau abgeschoben, obwohl ihrem Ehemann zufolge ein ärztliches Attest ihre Reiseunfähigkeit bestätigte. Dieses Attest wurde vom zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe jedoch nicht anerkannt, stattdessen wurde die Frau für „reisefähig“ befunden und mit ihren drei kleinen Kindern in das Flugzeug nach Belgrad gebracht.
Den ganzen Tag über fanden von etwa 50 Personen Protestaktionen am Baden-Airpark statt, zu denen flüchtlingssolidarischen Gruppen aus Baden-Württemberg aufgerufen hatten. Schon am frühen Morgen gab es eine Kundgebung in der Abflughalle des Flughafens, wo Reisende über die zeitgleich beginnende Abschiebung informiert wurden. Zudem forderten Protestierende mit einem Megafon das Flughafenpersonal sowie die Crew des vom Regierungspräsidium gebuchten Charter-Flugzeugs der „Bulgarian Air“ dazu auf, sich mit den geflüchteten Menschen solidarisch zu zeigen und ihre Mitarbeit beim Abschiebeflug zu verweigern – dies leider ohne Erfolg.
Die Abschiebung selbst wurde von AktivistInnen kritisch begleitet. Kurzzeitig konnte dabei über einen Zaun hinweg mit Betroffenen kommuniziert werden: Eine Familie mit drei kleinen Kindern aus Heidelberg wurde demnach am Dienstagmorgen um 7 Uhr von Polizeibeamten aus dem Schlaf gerissen, der in Deutschland aufgewachsene Vater wurde in Handschellen gelegt. Keinem Familienmitglied war die Abschiebung vorab angekündigt worden.
Das Freiburger Forum wendet sich entschieden gegen die Abschiebepolitik sowohl des Bundes als auch der grün-roten Landesregierung. Letztere weigert sich bislang, zumindest wie im letzten Jahr Abschiebungen in den Balkan während der kalten Wintermonate auszusetzen - ihren Versprechungen zu einer humaneren Flüchtlingspolitik und allen Forderungen flüchtlingssolidarischer Initiativen zum Trotz. Ein sofortiger Winterabschiebestopp – wie in Schleswig-Holstein und Thüringen bereits angeordnet - war auch eine der Mindestforderung der vom Freiburger Forum organisierten Demonstration am vergangenen Samstag in Freiburg, an der über 1000 Menschen teilnahmen.
Im Aufruf zu dieser Demonstration wird die Dringlichkeit eines Winterabschiebestopp ausgeführt: „Roma leben in Serbien in extremer Armut am Rande der Gesellschaft. Beim Zugang zum Arbeitsmarkt, zur Gesundheitsversorgung und zum Sozialsystem werden sie massiv diskriminiert. Hinzu kommen rassistische Übergriffe und ignorante Behörden. […] Abschiebungen im Winter gefährden Gesundheit und Leben der betroffenen Menschen noch zusätzlich. Denn im Westbalkan sind die Winter sehr kalt, Roma fehlt es an Geld, um ihre Unterkünfte beheizen zu können und oft auch an der Möglichkeit, daraus folgende Krankheiten angemessen behandeln lassen zu können. Trotzdem weigert sich der Innenminister Reinhold Gall noch immer, einen Winterabschiebestopp zu erlassen.“
Wir sind fassungslos, wie eine für die Betroffenen derart existenzielle und bedrohliche Situation weiterhin alltägliche Routine im Rahmen der deutschen Abschiebemaschinerie sein kann. Wir waren heute ZeugInnen einer gnadenlosen Abfertigung von Menschen, die sich mit humanistischen Werten unmöglich vereinbaren lässt. Wir danken allen, die sich an den heutigen Protestaktionen beteiligt haben, und fordern jede und jeden dazu auf, sich gegen Abschiebungen zu engagieren. Abschiebungen müssen endlich von breiten gesellschaftlichen Schichten geächtet und ihnen mit Widerstand begegnet werden.