"HoGeSa" in Hannover: Hass hinter Sperrgittern

Erstveröffentlicht: 
15.11.2014

Fast 3000 Demonstranten haben in Hannover als "Hooligans gegen Salafisten" demonstiert. Heftige Krawalle blieben aus, weil die Polizei mit einem Großaufgebot im Einsatz war. Dennoch zeigte sich, wie aggressiv die Bewegung ist.


Von Rafael Buschmann, Hannover

 

Sascha P. liebt die Gewalt, sein Irokese, sein breites Kreuz und die Tätowierungen in seinem Gesicht lassen Sascha P. auch äußerlich gefährlich erscheinen. Bei Facebook nennt er sich "Sascha Heil", er gehört zu der Hooligan-Combo "Pforzheimer Berserker". Es gibt liebenswürdigere Menschen.

Als Sascha P. um 14.15 Uhr in ein Megaphon spricht, überschlägt sich seine Stimme. Mit badischen Dialekt fleht er seine Mitstreiter aus der Gruppe "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa) an, "friedlich zu bleiben".

Es scheint für P. die einzige Chance zu sein, die Demonstration in Hannover vor einer Eskalation zu bewahren. Zu diesem Zeitpunkt stehen rund 1000 Hooligans am Rand des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB), einige von ihnen tragen Quarzhandschuhe und Mundschutz. Sie wollen losstürmen, ihr Ziel ist eine antifaschistische Demonstration, die sich in Hörweite befindet und von deren Sprechchören die "HoGeSa"-Mitglieder sich provoziert fühlen.

Die Zündschnur der rechtsextremen Hooligans scheint immens kurz zu sein. Nur die enorme Präsenz der Polizei - neben rund 5000 Beamten standen auch Räumfahrzeuge und Wasserwerfer bereit - verhinderte, dass die beiden Gruppen aufeinander trafen.

Die Bewegung "HoGeSa" machte vor knapp drei Wochen zum ersten Mal überregional auf sich aufmerksam. In Köln randalierten rund 5000 rechtsextreme Hooligans. Politik und Polizei rätselten anschließend darüber, wie so etwas passieren konnte.

 

In Hannover gelang der "HoGeSa"-Bewegung eine Provokation wie in Köln nicht noch einmal. Zum einen kamen diesmal nur knapp 3000 Anhänger zur Kundgebung, zum anderen war die Polizei bestens auf die Gruppe vorbereitet. Zudem bemühten sich die Veranstalter diesmal tatsächlich deutlich mehr darum, die Demonstration ohne Krawalle ablaufen zu lassen.

Der Moderator der Veranstaltung, ein Mann mit Sonnenbrille und einem Dynamo-Dresden-Trainingsanzug, warnte die Menge: "Wenn wir hier heute Gewalt ausüben, wird es in Zukunft nicht mehr möglich sein, weitere Veranstaltungen anzumelden." Nach den Köln-Ausschreitungen wurde darüber diskutiert, ob es ein Demonstrationsverbot für die Gruppe geben könnte.

"Klar, viele von uns sind keine einfachen Jungs. Auf dem Platz stehen sicherlich 5000 Jahre Zuchthaus", sagte einer der Sprecher der "HoGeSa". Die Gruppe setzte sich auch diesmal hauptsächlich aus Hooligans und einschlägig bekannten Rechtsextremen zusammen. Daneben waren aber auch etliche jüngere Menschen zu sehen, viele davon waren aus Ostdeutschland angereist.

Ein völlig chaotischer, inhaltsleerer Nachmittag

Die Gruppe stand auf dem komplett mit Sperrgittern umzäunten ZOB. Draußen postierten sich Schaulustige, die dem Treiben zuschauten wie es sonst Besucher im Zoo tun. Die "HoGeSa"-Verantwortlichen hatten einen Lastwagen gemietet, der ihnen als Bühne diente. Dort durften die unterschiedlichsten Figuren Reden halten. Ein Hooligan von Lokomotive Leipzig warnte vor der "Überfremdung unserer Städte", eine Berliner Band sang "vereinigt euch und Zion fällt", ein Münchner Lokalpolitiker schwenkte einen Koran umher, während die Menge "anzünden, anzünden" johlte. Zwischendurch fiel immer wieder die Technik aus, die Mikrophone verzerrten die Stimmen der Redner oder setzten ganz aus. Ein chaotischer, inhaltsleerer Nachmittag.

"HoGeSa" hat auch bei dieser Kundgebung gezeigt, dass die Gruppe keine klaren Ziele hat. Der vermeintliche Kampf gegen Salafismus ist ein Vorwand, um die eigene Wut auf die Straße zu bekommen. Bei der Gruppe handelt es sich um eine zusammengewürfelte Protestbewegung von größtenteils gesellschaftlich abgehängten Männern, die für ihre Perspektivlosigkeit andere verantwortlich machen.

So verwunderte es nicht, dass die "HoGeSa"-Verantwortlichen um 14.46 Uhr die Kundgebung auflösten. Sie hätten noch weitere 75 Minuten demonstrieren dürfen. Aber zum einen gingen ihnen die Redner aus, zum anderen schien die aufgeheizte Stimmung nicht mehr kontrollierbar zu sein. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Absperrungen der Polizei durchbrochen worden wären. Selbst die von der "HoGeSa" eingesetzten Ordner, die zwischenzeitlich ihre eigenen Mitstreiter mit einer Menschenkette einkesselten, wirkten überfordert.

Sascha P. stand auch noch Minuten nach Ende der Demonstration auf seiner Erhöhung und bettelte in das Megaphon um einen "friedlichen Abgang". Als er merkte, dass all das Bitten kaum Erfolgt hat, sagte er: "Spart euch eure Kraft für die Rückfahrt. Da könnt ihr euch austoben."