Schläge an der EU-Außengrenze: Videoaufnahmen belegen Misshandlung von
Flüchtlingen durch Polizisten in der spanischen Exklave Melilla
Mit brutalen Knüppelattacken auf Flüchtlinge verteidigt Spanien die »Festung Europa«. Für Empörung sorgt jetzt ein Video, das die Menschenrechtsorganisation Prodein veröffentlicht hat. Es zeigt, wie Beamte der paramilitärischen Polizeitruppe »Guardia Civil« in Melilla brutal auf eine Person einschlagen, die gerade die Absperranlagen überwunden hat. Die Aufnahmen stammen vom Mittwoch, als mehrere hundert Menschen versuchten, auf spanisches Staatsgebiet zu gelangen (jW berichtete). In dem rund fünf Minuten langen Film ist zu sehen, wie sich der junge Mann, bei dem es sich nach Angaben von Prodein um einen 23jährigen Kameruner handeln soll, verzweifelt an den Zaun klammert, als ihn zwei Knüppelschläge der Beamten am Kopf treffen. Er stürzt zu Boden und bleibt offensichtlich bewusstlos liegen. Daraufhin wird er zur Seite gezerrt, während weitere Beamte auf andere Flüchtlinge einschlagen. Dem jungen Mann, der keine Lebenszeichen mehr von sich gibt, werden die Arme auf den Rücken gefesselt. Dem immer wieder zusammensackenden Mann verpassen Polizisten mit ihren Schlagstöcken immer wieder Stöße in den Rücken und in die Seite. Schließlich wird er zu einem Durchgang im Grenzzaun geschleppt und auf marokkanischer Seite abgelegt. Auch andere Flüchtlinge – einer von ihnen ebenfalls bewusstlos – werden offenkundig ohne Aufnahme ihrer Personalien oder die Möglichkeit, einen Asylantrag zu stellen, durch dieses Tor in das nordafrikanische Land zurückgebracht.
Die in Marokko an der nordafrikanischen Küste gelegene spanische Exklave Melilla hat ebenso wie ihre Schwesterstadt Ceuta die einzige Landgrenze zwischen dem afrikanischen Kontinent und der Europäischen Union. Tausende Flüchtlinge harren in den Bergen um Melilla aus und warten auf eine Gelegenheit, die Sperranlagen zu überwinden, um in der EU politisches Asyl beantragen zu können. Nach spanischem Recht müsste ihnen dazu Gelegenheit gegeben werden, doch die Realität sieht anders aus. In der Regel werden an der Grenze aufgegriffene Flüchtlinge ohne das vorgeschriebene Verfahren direkt wieder nach Marokko zurückgeschickt. Nach einer solchen als »heiße Abschiebung« bekanntgewordenen Prozedur drohen den Flüchtlingen weitere Misshandlungen durch die marokkanischen Sicherheitskräfte.
Die praktisch einzige Alternative für diese Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Elend fliehen, ist die lebensgefährliche Fahrt in kleinen Booten über das Mittelmeer. Allein zwischen dem 1. Juli und dem 30. September 2014 starben dabei nach UN-Angaben 2.200 Menschen – mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. »Immer mehr Flüchtlinge ertrinken beim Versuch, Sicherheit zu erreichen«, warnte UN-Flüchtlingskommissar António Guterres.
In Spanien kündigte Prodein-Sprecher José Palazón gegenüber der spanischen Nachrichtenagentur EFE an, gegen die an den Ereignissen am Mittwoch in Melilla beteiligten Polizisten Strafanzeige erstatten zu wollen. Die linke Europaabgeordnete Marina Albiol richtete am Donnerstag eine formelle Anfrage an Brüssel und forderte ein Eingreifen der EU-Behörden. »Das spanische Innenministerium darf nicht länger ungestraft an der Grenze agieren und Menschen angreifen, die versuchen, Europa zu erreichen«, so Albiol.