Sie teilen sich ihre maroden Wohnungen mit Ratten: Die Bewohner des offiziell schlimmsten Hauses von New York. Die Stadt hat eine Liste erstellt. Denn einige "Landlords" - also Vermieter - fungieren in der Metropole eher als "Slumlord".
Der Mitarbeiter des Wohnungsamtes der Stadt New York rüttelt am Lüftungsschlitz unter dem Herd. Die Abdeckung fällt ab, dahinter: Rattenkot. Überall sind Spuren der Nager. 1800 Dollar zahlt die Familie pro Monat für das, was der Vermieter hier offenbar für eine Wohnung hält. Die Adresse: 940 Grand Concourse, mitten in der Bronx. Neuerdings auch offiziell New Yorks schlimmstes Mietshaus.
"Das ist das schlimmste Gebäude hier in der Bronx, das schlimmste," sagt eine alte Dame, Mieterin wie viele andere auch. Sie hört und sieht die Ratten. Jede Nacht. Draußen im Hof, in den Wänden ihrer Wohnung hört sie sie knabbern. Und überall liegt der Müll. Zerbrochene Scheiben in den Wohnungen. Fließendes Wasser? Nicht garantiert. Eine funktionierende Heizung? Gelegentlich.
Aus "Landlord" wird "Slumlord"
Seit vier Jahren veröffentlicht die Stadt New York eine Schwarze Liste, "Worst Landlord of the Year". Dieses Jahr trauriger Gewinner: Robin Shimoff. Die 49-jährige Tochter von dem Mann, den die Mieter hier nur "Jake the Snake" nennen. 13 Gebäude gehören ihm. 7780 Wohnungen. 3352 nicht behobene grobe Verstöße gegen geltende Mietgesetze sind gemeldet. Und das alles in 13 Häusern. Trauriger Allzeitrekord in New York City.
"Es überrascht mich gar nicht, dass wir hier Spitzenreiter sind", sagt ein Bewohner über seinen "Landlord", den die New Yorker in diesem Fall "Slumlord" nennen. Einen Vermieter, der die Miete kassiert und sich einen Dreck um den Dreck in seinen Häusern schert. Anrufen zwecklos: "Wir haben ihn angerufen. Ich habe Termine für Reparaturen vereinbaren wollen. Keiner kam", sagen die Mieter.
Keine bezahlbaren Alternativen
Letitia James ist die Frau, die im Auftrag von Bürgermeister Bill di Blasio die schwarze Liste zusammenstellt. "Hier geht es nicht um Kleinigkeiten, hier geht’s um grundlegende Verstöße. Kein Wasser, keine Heizung. Hier geht es nicht um simple Fragen der besseren Lebensqualität", sagt sie. "Hier", sagt einer der Inspektoren in einer der Wohnungen und zeigt auf die Toilette. "Ein Rattenloch, direkt neben der Klospülung."
Die meisten Wohnungen sind „rent-controlled“, das heißt, die Miete darf nicht plötzlich und über einen bestimmten Satz steigen. Oft das einzige, was sich diese Mieter leisten können. Leerstand in dieser Wohnungskategorie: Ein Prozent in ganz New York City.
Das heißt auch: Selbst wer seine Wohnung mit Ratten teilt, findet keine Alternative auf dem Markt, wenn er ausziehen will. Dass die schwarze Liste die "Landlords" beeindruckt? Keine Spur. Robin Shimoff übrigens war bisher stets ganz oben dabei. "Manchmal", sagt die Ombudsfrau James, "weiß der Mieter eigentlich gar nicht, wem die Wohnung wirklich gehört. Reine Verschleierungstaktik, damit man niemanden erreichen kann." Selbst für die New Yorker Behörden sei es schwer, die wahren Eigentümer festzustellen und in Haftung zu nehmen.
Vermieter entführt und ermordet
Im Januar des Jahres haben das offenbar frustrierte Mieter selbst in die Hand genommen. Ein stadtbekannter "Slumlord", einer der dubiosesten Vermieter New Yorks, wurde entführt und grausam ermordet. Die Polizei sagte damals: "Der Mann hatte so viele Feinde, wir wissen gar nicht, bei wem wir anfangen sollen." Ein Blick ins Mieterverzeichnis hätte vielleicht geholfen. Vermutlich war in diesem Fall mal nicht der Gärtner, sondern der frustrierte New Yorker Mieter der Mörder.