Zwischen NPD, Ultra-Szene, "Bürgerinitiativen" und „Alternative für Deutschland“: Rechte Strukturen auf der Ostalb

Auf der NPD-Kundgebung in Aalen, v.l.n.r.: Andreas Lachnit, Dominik Stürmer, Dominik Hurst

Neonazis und andere rechte Strömungen stellen seit Jahren eine bedauernswerte Konstante auf der Ostalb dar. Beteiligung an überregionalen rechten Netzwerken (wie seinerseits an dem „Freien Widerstand Süddeutschland“) und Aufmärschen gab es immer wieder, so trugen im Jahr 2009 Aalener Neonazis das Fronttransparent der rechten 1.Mai-Demonstration in Ulm.

 

Im Kontext rechter Aktivitäten spielt seit Jahren die Fan- bzw. Ultra-Szene des VfR Aalen eine bedeutende Rolle. Während der Hochzeit des „Freien Widerstand Süd“ beteiligten sich überregional organisierte Neonazis, u.a. aus dem Großraum Ulm (AG Schwaben/JN Ulm-Heidenheim), gemeinsam mit Aalener Ultras an Angriffen auf antifaschistische Fans während Heimspielen des VfR.

 

Eine führende Rolle nahm hier der Vorsänger der Ultra-Gruppe „Crew11“, Dominik Stürmer, ein. Stürmer ist zudem der 1. stellvertretende Vorstand der „Fanoffensive Rohrwang“, der offiziellen Fanorganisation des VfR. Zu nennen ist ebenfalls Jan Messerschmidt, der sich gerne als „unpolitischer Hooligan“ des VfR ausgibt, seit Jahren allerdings in der Neonazi-Szene aktiv ist und auf einem Großteil der Aktionen in der Region anwesend war (z.B. auf der Kundgebung in Aalen während der NPD-Bustour 2013).

 

Ein Artikel über die Rolle Dominik Stürmers und der Aalener Fan-Gruppen wirbelte im vergangenen Jahr bundesweit Staub auf und führte zu zahlreichen Diskussionen in Online-Foren der Fußball-Szene.

Infolge des drohenden Image-Schadens bemüht man sich nun um Schadensbegrenzung. Ende Juli wurde ein Interview mit der „Crew11“ veröffentlicht, in dem sie u.a. zu den Nazi-Vorwürfen Stellung nehmen. Im Tenor reumütiger Sünder ist hier von „(...)eine handvoll Rechter, die mitunter auch offensiv für ihre Sache warben(...)“ die Rede, zu deren Umfeld auch Stürmer gehörte, der nun angeblich der Szene des Rücken gekehrt habe. Überhaupt habe man mit „Links-Rechts-Politik im Stadion“ oder Parteipolitik generell nichts am Hut.

Doch was ist von dieser scheinbaren Distanzierung zu halten?

 

Von der offenen Propagierung rechtsradikaler Positionen durch die „Fanoffensive Rohrwang“, wie sie 2013 in einem „Brief an die Mannschaft“ erfolgte (der Brief wurde auf der Homepage der Crew11 veröffentlicht), schweigt die Ultra-Gruppe. Darin wurde für das Recht auf den Erhalt „hereditärer Identität“ und gegen antirassistische Statements geworben.

Der Versuch, die rechte Problematik auf eine Handvoll Störenfriede zu reduzieren, scheitert jedoch schon an der faktischen Zusammensetzung der Fangruppen durch rechte Aktivisten.

 

Es ist mehr als auffällig, dass fast alle führenden Positionen der Fanoffensive mit Anhängern der „Alternative für Deutschland Ostwürttemberg“ (eine Ausnahme bildet der Neonazi Dominik Stürmer) besetzt sind. Dazu gehören Michael Hartmann (1. Vorstand), Tobias Stürmer (Bruder von Dominik Stürmer, Fanbeauftragter und Verantwortlicher für Finanzen und Mitgliederverwaltung)) sowie Andreas Lachnit, Pressewart und Medienbeauftragter.

 

Die AfD Ostwürttemberg um ihren Vorsitzenden und mittlerweile Kreisrat Jan Czada gibt sich wenig Mühe, sich der Parteipropaganda eines Bernd Lucke folgend als „Partei der Mitte“ zu definieren. In einem wirren Pamphlet, das wie ein Lehrstück rechter Verschwörungstheorie anmutet, positioniert Czada die Partei „rechts der Mitte“.

Dass es abseits von Euro-Schelte in der Regionalpolitik vorallem darum geht, rassistische Ressentiments mithilfe rechtspopulistischer Phrasen zu wecken, macht Czadas aktuelles Statement zur Asylpolitik deutlich, in der von „rot-grünem Kuschelkurs“ und „lascher Abschiebepraxis“ schwadroniert wird.

 

Doch auch abseits rechtskonservativer Ideologie und rechtspopulistischer Methodik sind Überschneidungen der AfD ins neo-nazistische Lager festzustellen.

So nahm Andreas Lachnit, Kandidat der AfD Ostwürttemberg und Medienbeauftragter der Fanoffensive Rohrwang, am 2.9.2013 gemeinsam mit Dominik Stürmer sowie dem Heidenheimer NPD-Nachwuchs Dominik Hurst an einer Kundgebung der NPD in Aalen teil.

 

Die Rolle, die die AfD hier regional spielt, ist bedrohlich und nicht zu unterschätzen. Als personelles sowie ideologisches Bindeglied zwischen rechts-bürgerlichem Mainstream und faschistischer Szene könnte sie dazu beitragen, die politischen Koordinaten der Regional-Politik weiter nach rechts zu verschieben.

 

Zudem muss auch gerade die Neugruppierung der NPD auf der Ostalb zur Kenntnis genommen werden. Deren Anhänger veranstalteten Ende letzten Jahres in der Region einen Zeitzeugenvortrag mit einem Vertreter des Afrika-Corps. Im Sachsen-Wahlkampf der NPD nahmen nach eigener Aussage ebenso lokale NPD-Anhänger als Wahlhelfer teil.

 

Eine weitere aktuelle besorgniserregende Entwicklung ist der sich formierende Widerstand gegen die geplante Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge in der Ellwanger Reinhardt-Kaserne. Die entsprechende Facebook-Seite der Gegnerschaft erreichte bereits über 1000 Likes und vereint in den Kommentarspalten sowohl chauvinistische, rassistische „Normal-Bürger“ als auch bekannte Neonazis, NPD-Anhänger sowie Vertreter der „Identitären Bewegung“ um den Ellwanger Armin Allmendinger. Auch der angeblich geläuterte Dominik Stürmer beteiligt sich unter seinem Facebook-Profilnamen „Alois Dimpfelmoser“ an der Hetze.

Eine Online-Petition der Gegnerschaft, die auch in Ellwangen derzeit Unterschriften gegen die Unterkunft sammelt, wurde vor kurzem aufgrund rassistischer und diskriminierender Positionen gesperrt.

 

In dieser gefährlichen Gemengelage droht, auch abseits des Problemfeldes AfD, eine steigende Anschlussfähigkeit rechtsradikaler Positionen an den „bürgerlichen Mainstream“, die auch auf die regionale Politik zurückfallen könnte, sollte hier eine Thematisierung und Problematisierung der rechten Protagonisten ausbleiben.

 

 

Hintergrund:

 

Zum Komplex NPD, AfD und Aalener Fan-Szene siehe auch

https://linksunten.indymedia.org/node/80008

https://linksunten.indymedia.org/de/node/114659

 

http://keinealternative.blogsport.de/2014/02/01/afd-lokalfunktionaer-afd-ist-eine-partei-rechts-der-mitte/

 

Zur Diskussion um die geplante Flüchtlingsaufnahmestelle in Ellwangen:

http://www.schwaebische.de/region_artikel,-Aufnahmestelle-fuer-Fluechtlinge-in-der-Kaserne-_arid,10090430_toid,290.html

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Allmendinger ist außerdem Mitglied der Naziburschenschaft "Rheinfranken Marburg" und pflegt Kontakt zu NPD und "Blauer Narzisse".

Bei der Infoveranstaltung über die LEA in Ellwangen waren Crew11-Mitglieder und NPD-Aktivisten zusammen anwesend. Nun kann man von der Distanzierung halten was man will...