"Präfigurative Politik" Ein Begriff der in der deutschsprachigen Debatte fehlt

Seit den 60ern ist "präfigurative Politik" ein wichtiger Bestandteil der Neuen Linken und der anarchistischen Szene. Wenn wir den Begriff aus der englischsprachigen Debatte importieren, können wir aber besser auch über Grenzen und Möglichkeiten präfigurativer Politik sprechen, was z.Zt. kaum möglich ist.

 

Bei der Übersetzung der "Introduction to Anarchist Communism" der AF UK fällt mir ein Wort auf, das es auf deutsch nicht gibt: prefiguration. Übersetzt werden kann das Wort zwar mit „präfiguration“, „Vorwegnahme“, „Vorabbildung“ oder „Vorbild“, aber in der deutschen linken und anarchistischen Debatte fehlt das Wort heute völlig – was sehr nachteilhaft ist.

Ein Projekt auf der schäbischen Alb (http://www.lebenshaus-alb.de/magazin/008568.html) befasste sich jedoch mit „präfigurativer Politik“, wie die korrekte, sperrige Übersetzung lautet, und berichtet von dessen außerordentlichen Bedeutung: Die Neue Linke seit den 60ern kam zu dem Schluss, dass sie nicht mehr nur wie die traditionelle Linke für eine neue Gesellschaft und eine Revolution kämpfen will, sondern die gewünschten Veränderungen direkt im eigenen Leben umsetzen möchte. Das ist „präfiguration“ – Vorabbildung. Warum brauchen wir den Begriff?

In der englischsprachigen anarchistischen Szene spielt der Begriff prefigurative politics eine große Rolle, bei uns nur dessen Inhalt aber nicht der Begriff selbst. Auch hier wird in Wohn- und Gartenprojekten, Punkkonzerten und -labels, Kneipenkollektiven und alternativen Festivals ‚vorabbildende Politik‘ betrieben. Doch ohne den Begriff können wir nicht über die Vor- und Nachteile, Grenzen und Möglichkeiten dieser Politik sprechen. Und ist heute in den Projekten gar nicht mehr klar, dass es diese und eine andere Form von Politik gibt!
Unter anderem deshalb übersetze ich die „Introduction to Anarchist Communism“! Dort wird der Begriff erklärt und seine Grenzen und Möglichkeiten aufgezeigt.

 

Dort heißt es im bereits übersetzten Teil:

"Der wichtigste Teil der Arbeiterklassentradition die wir Kommunismus nennen ist die Weigerung zwischen Zielen und Mittel zu unterscheiden.Die Organisation die wir aufbauen während wir den Kapitalismus bekämpfen wird die Basis dafür alles sein, was nach der Revolution kommen wird. Wenn diese Organisation nicht die Gesellschaftsprinzipien beinhaltet die wir anstreben, dann wird diese Gesellschaft nicht zustande kommen.

Wenn wir eine Zukunft wollen, in der alle an einer Entscheidung teilnehmen die sie betrifft, dann müssen wir auch jetzt Organisationen aufbauen, in denen das passiert. Die Anarchists Federation ist eine solche Organisation. Diese ‚Präfiguration’, wie es genannt werden kann, ist einer der zentralen Gedanken des Anarchismus.

Die wichtige Parole „eine neue Gesellschaft in der Hülse der alten aufbauen” fasst diesen Gedanken zusammen. Das heißt, dass wir nicht einfach nur gegen den Kapitalismus kämpfen. Wir kämpfen auch, dafür, so weit es möglich ist, auch jetzt so zu leben wie wir es uns wünschen und so Alternativen zum Kapitalismus vor seiner Nase aufzubauen. In Sachen Organisation heißt das, dass wir, woimmer wir uns auch engagieren, versuchen diese Gruppe in Richtung direkter Demokratie und volle Einbindung aller Beteiligten in die Entscheidungen zu schieben.

Egal ob es eine Wohnviertelorganisierung oder eine politische Kampagne ist, ein Streikausschuss oder ein Gartenkollektiv, wir drängen auf eine Organisierung ohne Anführer und Hierarchien. Wir glauben nicht nur dass dies die Gruppen dadurch ihre direkten Ziele effektiver erreichen können, sondern auch dass dadurch das Selbstvertrauen der Beteiligten wächst und ihnen so das Werkzeug in die Hand gegeben wird, auch woanders in ihrem Leben Widerstand zu leisten. Durch viele verschiedene Kämpfe und viele verschiedenen Organisationen wird das eine breite Kultur des Widerstands unter gewöhnlichen Leuten aufbauen.Revolutionäre Kämpfe werden von Leuten, die in dieser Kultur gefestigt sind, ausgehen.

Dennoch hat Präfiguration ihre Grenzen. Alternativen zum Kapitalismus hier und jetzt aufzubauen heißt für Ziele Menschen eine von zwei Dingen: Entweder eine lebensstilbezogene bzw. individualistische Antwort oder ein Versuch eine Dual-Power-Situation. Obwohl die AF oft mit diesen Ansätzen sympathisiert und sie nicht vollständig zurückweist, glauben wir nicht sie alleine zu einer Revolution führen können. Außerdem gibt es an beiden ernste Kritik von unserer Seite aus."

 

Für den weiteren Textverlauf müsst ihr entweder auf dem Blog der Initative auf die weitere Übersetzung warten oder im Original auf englisch weiter lesen, welches auf der Homepage der Anarchist Federation zu finden ist.

Blog der Initiative Anarchistischer Kommunismus: http://akom.blogsport.de

Blog der Anarchist Federation UK http://afed.org.uk