Wider Erwarten gibt es seit dem 11.07. eine Stellungnahme zweier Fakultäten der Universität Rostock zu den Aktionen der Studierenden-Initiative „Kritische Uni“. Diese kommen von den Fakultätsräten der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät (WiWi) und der Philosophischen Fakultät (PHF). Statt einer inhaltlichen Auseinandersetzung findet sich die indirekte Aufforderung sich dem Machtgefüge der Universität unterzuordnen. Das Mittel bleibt dabei die Aufzählung bzw. der Vorwurf von Straftatbeständen. Die SprecherIn der Initiative, Frank_a Schmidt, kommentiert ihre Enttäuschung: „Die Stellungnahme der Fakultät enthält nichts als unbelegte Unterstellungen, die repräsentativ für die Politik der Uni Rostock stehen“.
Kritischer Blick aus der Studierendenschaft
Seit zwei Semestern ist an der Universität eine Hochschulgruppe namens „Kritische Uni“ aktiv. Mit Flugblättern und detailreichen Faktensammlungen in ihrem Blog machte die Initiative u.a. auf den Extremismus der Mitte und Verbindungen Rostocker Dozierender ins rechte Lager aufmerksam. In der Debatte um die von der Philosophischen Fakultät angestrebten Verleihung einer Ehrendoktorwürde an den Ex-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden thematisierte die Gruppe die an ihrer Universität vorherrschende Doppelmoral bezüglich Zensur und Überwachung. In ihrer jüngsten Veröffentlichung kritisierten die Studierenden die „Rechtsextremismus-Expertin“ der Wiwi-Fakultät, Frau Dr. Gudrun Heinrich für ihre Zusammenarbeit mit der Bundeswehr anlässlich des POLIS-Planspieles in der Projektwoche. „Die Uni Rostock hat eine Zivilklausel. Dagegen verstößt eine Zusammenarbeit mit dem Militär, egal in welcher Form“ konstatiert Frank_a Schmidt.
Strafverfolgung wegen Flugblättern
Die Fakultätsräte beziehen in ihrer Mitteilung nicht nur Stellung, in dem sie „[...] sich entschieden gegen Form und Inhalt der unter dem Label "Studentische Initiative Kritische Uni" veröffentlichten Schriften, in denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität Rostock diffamiert und verleumdet werden“ wenden, sondern antworten gleichzeitig im gewohnten Stil der Universität Rostock. Es werden gleich zwei Straftatbestände angeführt: Beleidigung und Verleumdung. Frank_a Schmidt entgegenete dazu, dass eine Verleumdung die wissentliche Unwahrheit der Behauptungen voraussetze. „Wir können aber alles belegen. Ein Blick auf unseren Blog zeigt dies. Es lässt tief blicken, dass die Fakultätsräte diese Mitteilung nutzen, weitere Straftatbestände anzuführen, aber gleichzeitig die Aufgabe unserer Anonymität fordern.“
Ins offene Messer?
Die Fakultätsräte verlangen, dass die Studentische Initiative ihre Anonymität aufgeben solle, damit man kontrovers diskutieren könne. Dies fände nämlich nicht statt. „Stattdessen werden in anonymen Flugblättern aus dem Zusammenhang gerissene Tatbestände mit unbewiesenen Behauptungen zu Indizienketten verarbeitet, die das Ziel haben, einzelnen Personen unlautere Absichten zu unterstellen und sie auf diese Weise zu diskreditieren.“
Fakultäten sollten Verantwortung übernehmen
"Offenbar hat man an der WiWi-, als auch an der Philo- Fakultät die Flugblätter nicht gründlich gelesen, sonst wären die Belege aufgefallen. Es ist schockierend, dass Fakultäten, wie der WiWi und PHF, in deren Aufgabenbereich das Erkennen einfacher politischer Zusammenhänge gehört, sich keine Zeit für einen zumindest fundierten Gegenstandpunkt nehmen", resümiert Frank_a Schmidt. "Sollten sich betreffende Personen angegriffen fühlen, weil sie auf ihre Verantwortung gegenüber den StudentInnen hingewiesen worden sind, sollten sie vielleicht nicht unreflektiert zurückschießen, sondern diesen beklemmenden Gefühlen einmal auf den Grund gehen." rät Frank_a Schmidt.
"Wer die Öffentlichkeit sucht, muss sie auch ertragen"
„Wer die Öffentlichkeit sucht, muss sie auch ertragen können“, entgegnet Frank_a Schmidt. „Es kann nicht sein, dass Dozierende in der Öffentlichkeit eindeutige Aussagen tätigen und sich bei Kritik hinter ihren Persönlichkeitsrechten zu verschanzen.“ Darüber hinaus sei es erstaunlich, wie ausgerechnet an der Fakultät der „Rechtsextremiusmus-Expertin“ Heinrich u.a. das Eintreten von Professoren für neu-rechte Ideologien mit dem Verweis auf das Persönlichkeitsrecht verharmlost werde. „Und um kritische Themen offen diskutieren zu können, muss erst mal ein Rahmen geschaffen werden, in dem Studierende nicht mit Konsequenzen wie Strafanzeigen u.Ä. rechnen müssen“.
Strafanzeigen zurück nehmen?
Statt hinter dem nicht zutreffenden Vorwurf der Diffamierung im selben Atemzug diffamierende Thesen aufzustellen, sollen die Fakultätsräte besser darauf hinwirken, dass die Universität die im letzten Herbst gestellte Strafanzeigen zurück nehmen und sich die Verantwortlichen als vertrauensbildende Maßnahme öffentlich entschuldigen. Des Weiteren sollten die Fakultäten dringend die Vorgänge in der Universität und ihren eigenen Anteil daran reflektieren. „Dann können wir vielleicht anfangen, an einen echten freien Diskurs an der Uni zu glauben“ schließt Frank_a Schmidt ihre Ausführungen.
Mehr Infos:
Der Extremismus der Mitte. Rostocker Profs am rechten Rand:
http://kritischeunihro.blogsport.de/2013/10/14/extremismus-der-mitte-ros...
Lehre im Dienste des Krieges. Einmarsch der Bundeswehr in die Bildungsinstitutionen:
http://kritischeunihro.blogsport.de/2014/06/02/lehre-im-dienste-des-krie...
Ehrendoktorwürde für Snowden? Überwachung und Zensur an der Uni Rostock:
http://kritischeunihro.blogsport.de/2014/01/19/ehrendoktor-fuer-edward-s...