Nikos Maziotis, Chef des Revolutionären Kampfes, steht für Athens mitunter laxen Umgang mit dem Terror
Er wollte wohl einen Rucksack kaufen, doch als die Polizei auftauchte, zog Nikos Maziotis seine Pistole. Acht Schüsse feuerte der Grieche auf die Beamten ab, mitten im belebten Athener Innenstadtviertel Monastiraki, bevor er selbst an der Schulter getroffen zu Boden ging. Griechenlands Polizei hat bei dem Schusswechsel vor zwei Wochen einen der wichtigsten Linksterroristen gefasst. Eher zufällig und mit noch unklaren Folgen. "Er war ein Führer, aber er ist keine entscheidende Figur", sagt Iannis Michaletos, ein Sicherheitsexperte, der die Eigentümlichkeiten der griechischen Terrorszene studiert. "Viele andere sind noch auf freiem Fuß."
Zu Wochenbeginn ist der 42-jährige Maziotis in ein Gefängnis nach Thessaloniki gebracht worden. Aus Sicherheitsräson, heißt es, und dies nicht ohne Grund: Nikos Maziotis gilt als Beispiel für die Versäumnisse der Behörden beim Kampf gegen den seit den 1970er-Jahren dauernden Linksterrorismus im Land.
Dreimal im Monat melden
2012 standen der Chef der Terrorgruppe Revolutionärer Kampf und seine Frau Panagiota Roupa schon einmal vor Gericht wegen einer Reihe von Bombenanschlägen und einem Granatenbeschuss der US-Botschaft in Athen. Weil das Duo bereits 18 Monate in U-Haft zugebracht hatte, wurde es auf freien Fuß gesetzt. Dreimal im Monat bei der Polizeiwache melden, lautete die Auflage. Maziotis und Roupa verschwanden irgendwann im Sommer 2012. Von Roupa gibt es nun neue Spuren.
"Anstelle den Terroristen frühzeitig ein klares Signal zu geben, dass Gewalt nicht toleriert wird, schienen die staatlichen Behörden die Tatsachen zu leugnen und taten, als ob es kein Problem gebe", schrieb der Terrorexperte George Kassimeris in einem jüngst erschienenen Buch. Kassimeris bezog sich auf eine andere Freilassung von Maziotis im Jahr 2001 - nach einem fehlgeschlagenen Bombenanschlag vor einem Ministeriumsgebäude in Athen.
Linksterroristen rekrutieren immer wieder junge Leute, sagt Michaletos, "aber das ist nicht alles. Griechenland ist eine Drehscheibe zwischen Balkan, Türkei und Nahost. Waffen zu beschaffen, ist wirklich leicht. Alle möglichen Leute kommen und gehen hier." (Markus Bernath aus Athen, DER STANDARD, 31.7.2014)