Vom Vier-Sterne-Haus zum Asylbewerberheim

Erstveröffentlicht: 
16.07.2014

In dieser Woche kommen die ersten Flüchtlinge im Bautzener Spreehotel an

 

Von Anett Böttger und Christiane Raatz
Bautzen. Aufenthaltsraum im früheren Restaurant, Sportraum im einstigen Konferenzsaal und Waschmaschinen in der stillgelegten Sauna - im Spreehotel am Stausee in Bautzen hat sich vieles geändert. Statt Feriengäste werden hier künftig 150 Asylbewerber wohnen. Inhaber Peter-Kilian Rausch ließ das Haus dafür herrichten. "Das war zuvor ein Appartement", sagt er, während er ein Familienzimmer zeigt. Neben zwei Einzelbetten steht darin nun ein metallenes Doppelstockbett mit sichtbaren Gebrauchsspuren. Es stammt aus Beständen der Bundeswehr. Nach eigenen Angaben hat Rausch rund 350000 Euro investiert, etwa in einen Zaun rund um das Objekt sowie in Videoüberwachungstechnik.


Die ersten Flüchtlinge sollen in dieser Woche in das frühere Vier-Sterne-Hotel einziehen. Wann genau sie eintreffen, will der Hausherr nicht verraten - aus Angst vor Störern aus der rechtsextremen Szene. Die Neuankömmlinge aus Krisenländern seien ohnehin schon traumatisiert. Die Umwandlung des Hotels hat in den vergangenen Wochen für Wirbel in der Region gesorgt. Eine Bürgerinitiative hat Unterschriften gegen die Unterbringung von Asylbewerbern gesammelt, weil sie fürchten, dass Touristen dem Stausee künftig fernbleiben könnten. Zudem spricht das Landratsamt von einem "massiven rechten Widerstand". Auf der anderen Seite wirbt das Bündnis "Bautzen bleibt bunt" um Verständnis für Flüchtlinge, manche Bürger bringen Kleiderspenden und Spielzeug für die Flüchtlinge zum Spreehotel.


Die Idee für die Umorientierung entstand aus der Not heraus. Das Hotel am Stadtrand von Bautzen war nur unzureichend ausgelastet, vor allem im Winter. "Ich kam immer mehr in eine wirtschaftliche Schieflage", räumte Rausch ein. Letztlich war er der einzige Bewerber, der nach einer europaweiten Ausschreibung für eine Asylbewerberunterkunft in Bautzen die nötigen Unterlagen als Betreiber eingereicht habe, wie es im Landratsamt in Bautzen heißt. Für vorerst ein Jahr hat der Kreis 55 von 80 Zimmern angemietet.


Die Unterbringung von immer mehr Flüchtlingen stellt die Kommunen bundesweit vor massive Probleme, vielen fehlt es an Platz - und Geld. Im vergangenen Jahr war die Zahl neuer Asylanträge in Deutschland mit rund 127000 auf den höchsten Stand seit den 90er Jahren geklettert. Für 2014 erwartet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rund 200000 Asylanträge. Da sind Ideen gefragt, wo Asylbewerber bis zum Abschluss ihres Verfahrens wohnen können. So hat etwa die Stadt Köln Anfang Juni ein Hotel im Viertel Marienburg zwangsersteigert, um auf rund 4000 Quadratmetern künftig Flüchtlinge unterzubringen. Auch Dresden spricht von einer großen Herausforderung, die steigende Zahl an Flüchtlingen unterzubringen. Die sächsische Landeshauptstadt hat erst kürzlich ein ehemaliges Hotel komplett angemietet, in dem künftig rund 60 Flüchtlinge ein Dach über dem Kopf erhalten. In Augsburg haben Künstler aus der Not eine Tugend gemacht und das "Grandhotel Cosmopolis" eröffnet - eine Mischung aus Künstlerhaus, Asylbewerberheim und Hotel.


Der Bundesverband des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) bezweifelt allerdings, dass das "Modell Hotel" bundesweit Schule machen wird. Die Unterbringung von Flüchtlingen in einem Hotel könne im Einzelfall aber eine Lösung oder eine Übergangslösung sein, erklärte ein Verbandssprecher. Vor allem, wenn es sich um Häuser handele, die bereits seit längerem leer stehen.


Im Spreehotel Bautzen wohnen die Flüchtlinge zunächst Tür an Tür mit Langzeitgästen wie etwa Montagearbeitern - 25 Zimmer stehen ihnen zur Verfügung. Laut Stadtverwaltung gibt es aber Überlegungen, hier künftig ausschließlich Asylbewerber unterzubringen. Dafür müsste der Bebauungsplan jedoch geändert werden, der bisher eine rein touristische Nutzung der Gegend rund um das Hotel vorsieht. Im August will der Stadtrat beraten. Rausch hofft, dass sich die Proteste legen - und die Bautzener dem Projekt eine Chance geben.