In dieser Woche kommen die ersten Flüchtlinge im Bautzener Spreehotel an
Von Anett Böttger und Christiane Raatz
Bautzen. Aufenthaltsraum im früheren Restaurant, Sportraum im einstigen
Konferenzsaal und Waschmaschinen in der stillgelegten Sauna - im
Spreehotel am Stausee in Bautzen hat sich vieles geändert. Statt
Feriengäste werden hier künftig 150 Asylbewerber wohnen. Inhaber
Peter-Kilian Rausch ließ das Haus dafür herrichten. "Das war zuvor ein
Appartement", sagt er, während er ein Familienzimmer zeigt. Neben zwei
Einzelbetten steht darin nun ein metallenes Doppelstockbett mit
sichtbaren Gebrauchsspuren. Es stammt aus Beständen der Bundeswehr. Nach
eigenen Angaben hat Rausch rund 350000 Euro investiert, etwa in einen
Zaun rund um das Objekt sowie in Videoüberwachungstechnik.
Die ersten Flüchtlinge sollen in dieser Woche in das frühere
Vier-Sterne-Hotel einziehen. Wann genau sie eintreffen, will der
Hausherr nicht verraten - aus Angst vor Störern aus der rechtsextremen
Szene. Die Neuankömmlinge aus Krisenländern seien ohnehin schon
traumatisiert. Die Umwandlung des Hotels hat in den vergangenen Wochen
für Wirbel in der Region gesorgt. Eine Bürgerinitiative hat
Unterschriften gegen die Unterbringung von Asylbewerbern gesammelt, weil
sie fürchten, dass Touristen dem Stausee künftig fernbleiben könnten.
Zudem spricht das Landratsamt von einem "massiven rechten Widerstand".
Auf der anderen Seite wirbt das Bündnis "Bautzen bleibt bunt" um
Verständnis für Flüchtlinge, manche Bürger bringen Kleiderspenden und
Spielzeug für die Flüchtlinge zum Spreehotel.
Die Idee für die Umorientierung entstand aus der Not heraus. Das Hotel
am Stadtrand von Bautzen war nur unzureichend ausgelastet, vor allem im
Winter. "Ich kam immer mehr in eine wirtschaftliche Schieflage", räumte
Rausch ein. Letztlich war er der einzige Bewerber, der nach einer
europaweiten Ausschreibung für eine Asylbewerberunterkunft in Bautzen
die nötigen Unterlagen als Betreiber eingereicht habe, wie es im
Landratsamt in Bautzen heißt. Für vorerst ein Jahr hat der Kreis 55 von
80 Zimmern angemietet.
Die Unterbringung von immer mehr Flüchtlingen stellt die Kommunen
bundesweit vor massive Probleme, vielen fehlt es an Platz - und Geld. Im
vergangenen Jahr war die Zahl neuer Asylanträge in Deutschland mit rund
127000 auf den höchsten Stand seit den 90er Jahren geklettert. Für 2014
erwartet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rund 200000
Asylanträge. Da sind Ideen gefragt, wo Asylbewerber bis zum Abschluss
ihres Verfahrens wohnen können. So hat etwa die Stadt Köln Anfang Juni
ein Hotel im Viertel Marienburg zwangsersteigert, um auf rund 4000
Quadratmetern künftig Flüchtlinge unterzubringen. Auch Dresden spricht
von einer großen Herausforderung, die steigende Zahl an Flüchtlingen
unterzubringen. Die sächsische Landeshauptstadt hat erst kürzlich ein
ehemaliges Hotel komplett angemietet, in dem künftig rund 60 Flüchtlinge
ein Dach über dem Kopf erhalten. In Augsburg haben Künstler aus der Not
eine Tugend gemacht und das "Grandhotel Cosmopolis" eröffnet - eine
Mischung aus Künstlerhaus, Asylbewerberheim und Hotel.
Der Bundesverband des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga)
bezweifelt allerdings, dass das "Modell Hotel" bundesweit Schule machen
wird. Die Unterbringung von Flüchtlingen in einem Hotel könne im
Einzelfall aber eine Lösung oder eine Übergangslösung sein, erklärte ein
Verbandssprecher. Vor allem, wenn es sich um Häuser handele, die
bereits seit längerem leer stehen.
Im Spreehotel Bautzen wohnen die Flüchtlinge zunächst Tür an Tür mit
Langzeitgästen wie etwa Montagearbeitern - 25 Zimmer stehen ihnen zur
Verfügung. Laut Stadtverwaltung gibt es aber Überlegungen, hier künftig
ausschließlich Asylbewerber unterzubringen. Dafür müsste der
Bebauungsplan jedoch geändert werden, der bisher eine rein touristische
Nutzung der Gegend rund um das Hotel vorsieht. Im August will der
Stadtrat beraten. Rausch hofft, dass sich die Proteste legen - und die
Bautzener dem Projekt eine Chance geben.