In Frankreich befürchtet das Innenministerium Ausschreitungen in Folge des WM-Spiels Algerien gegen Deutschland
Thomas Pany 30.06.2014
Als die algerische Fußballnationalmannschaft vergangenen Donnerstag gegen Mitternacht Ortszeit ins Achtelfinale einzog, kam es in Lyon zu Ausschreitungen im Zentrum und in der Peripherie, aus der Feier der algerischen Fußballanhänger entwickelten sich Krawalle, die Polizei setzte Wasserwerfer und Hubschrauber ein; die Ankündigung identitärer Gruppen via Facebook, gegen den "Pöbel" aufzumarschieren, tat ein Übriges, um weitere Eskalationen zu befürchten. Der Aufmarsch wurde verboten.
Seit den Unruhen von 2010 habe man nicht mehr mit so viele Einsatzkräfte aufbieten müssen, wird ein Polizeibeamter zitiert. Etwa 500 Hundert "Kriminelle" haben nach seiner Beobachtung ausgereicht, um ein Fest von zehntausend friedlichen Anhängern zum Kippen zu bringen und unter einem Vorwand "Rechnungen mit der Polizei zu begleichen".
Für die heutige Begegnung der algerischen Wüstenfüchse, "Fennecs", gegen die deutsche Mannschaft, haben das französische Innenministerium und die Chefs der Kommunen Sicherheitsmaßnahmen getroffen. 25.000 Sicherheitskräfte wurden mobilisiert. Der Figaro listet mehr als 15 Orte auf, darunter Marseille, Roubaix, Lille, Lyon und Grenoble, wo sich seit Beginn der Weltmeisterschaft Randalierer, die, so die Zeitung, "vorgeben, Unterstützer der algerischen Mannschaft zu sein", "hervorgetan" hätten.
Nizza wird in der Liste nicht aufgeführt. Gleichwohl hat der dortige Bürgermeister, Christian Estrosi, bekannt als innenpolitischer Hardliner (Überwachung gewaltbereiter Jugendlicher über Blogs und SMS), ein besonderes Zeichen für die Fans ausländischer Mannschaften gesetzt: einen Erlass, der den "ostentativen Einsatz aller ausländischer Fahnen im weiteren Zentrum der Stadt" verbietet.
Gelten soll der Erlass, welcher laut Estrosi der Polizei einen geeigneten Spielraum für das Einschreiten gegen Verstöße gegen die öffentliche Ordnung liefern soll, bis zum Ende der WM. So liegt es ganz im Ermessen der Polizisten in Nizza, ob der Erlass, der täglich von 18 Uhr bis 4 Uhr morgens in Kraft tritt, auch deutsche Touristen betrifft.
Begründet wird der Erlass mit den "Ausschreitungen im Großraum Paris, in Lyon, in Marseille und im Norden Frankreichs" nach dem Spiel der algerischen Mannschaft gegen das russische Nationalteam am vergangenen Donnerstag.
Ob Estrosi das Verbot am Tag des Viertelfinales auch auf das demonstrative Zeigen der französischen Fahne ausweitet, wenn das deutsche Team heute Abend gegen Algerien verlieren sollte, bleibt abzuwarten.