Demonstration „Halim Dener: gefoltert. geflüchtet. verboten. erschossen.“ in Gedenken an den kurdischen Jugendlichen am 21.06.14 in Hannover
20 Jahre nach dem Tod Halim Deners, haben etwa 1.500 Menschen mit einer Gedenkdemonstration in Hannover an den kurdischen Jugendlichen und seine Geschichte erinnert. Damit hat die Kampagne Halim Dener ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Sie hatte mit der Unterstützung von 53 Organisationen aus verschiedensten linken Spektren zu der Demonstration am 21.06.14 aufgerufen.
Die Kampagne hat damit ihr Ziel erreicht, keinen reinen Trauermarsch zu
veranstalten, sondern vor allem die Aktualität der Konflikte, welche
zum Tod Halim Deners geführt haben, aufzuzeigen. Der andauernden Krieg
in Kurdistan, das undemokratische PKK-Verbot, die unmenschliche Lage
nach Europa flüchtender Menschen sowie die andauernde Polizeigewalt
gegen Migrant*innen wurden anhand der Geschichte Halim Deners als
thematische Inhalte der Kampagne verknüpft. Halim Dener selbst war 1994
vor dem Krieg in Kurdistan nach Europa geflohen, um Asyl in der BRD zu
suchen, wo er beim Plakatieren des Symbols einer PKK-nahen
Organisation von einem Polizisten erschossen wurde.
Gerade diese
Verknüpfung verschiedener Aspekte führte zu einer Unterstützung des
Demonstrationsaufruf unter anderem durch kurdische Organisationen,
antifaschistische und antirassistische Gruppen vor allem der autonomen
Bewegung, Vereinigungen der deutschen und türkischen Linken sowie
Flüchtlingsselbstorganisationen. So wurde das zweite Ziel der Kampagne,
Gruppen aus verschiedenen linken Spektren zusammenzubringen, ebenfalls
erreicht.
Im Vorfeld der Demonstration fanden 17 Informations- und
Diskussionsveranstaltungen in verschiedenen Städten zu den Inhalten der
Kampagne statt, in Mainz sogar eine Demonstration zur Mobilisierung
mit 150 Teilnehmer*innen.
Die Kampagne war von vornherein offen
und transparent mit ihren Forderungen sowie ihrem Konzept für die
Demonstration aufgetreten. Sie wollte ein angemessenes Gedenken an
Halim Dener und ihren Protest gegen den Tod und dessen Ursachen auf die
Straße tragen und sich dabei nicht von der Polizei gängeln lassen.
Dabei war ihr durchaus bewusst, dass sich die Demonstration im
Spannungsfeld der Gegensätze von der Legitimität der kurdischen
Freiheitsbewegung und dem Zeigen ihrer Symbole auf der einen und dem
PKK-Verbot mit seinen repressiven Konsequenzen auf der anderen Seite
bewegen würde.
Die Polizei war in Hannover mit einem total
überzogenen Aufgebot an Personal, Material und Maßnahmen aufgetreten:
mindestens fünf Wasserwerfer und zwei Räumpanzer belagerten mit
zahlreichen Beamt*innen und einer Reiter*innenstaffel die Innenstadt.
Bei massiven Vorkontrollen waren etwa 120
Demonstrationsteilnehmer*innen in einem Polizeikessel festgesetzt und
einzeln durchsucht worden. Offenbar trieb die Suche nach verbotenen
Symbolen die Ordnungshüter*innen an.
Die Demonstration hat sich
von diesem Vorgehen nicht provozieren lassen. Stattdessen zog die bunt
zusammengesetzte und laut Parolen skandierende Demonstration über ihre
geplante Route vom Klagesmarkt am türkischen Konsulat vorbei zu einer
Zwischenkundgebung am Steintor, dem Ort an dem Halim Dener in der Nacht
vom 30.06.94 erschossen wurde. Die zahlreichen Redebeiträge spiegelten
die vielfältige Zusammensetzung der Demonstration wieder; so wurden
u.a. Beiträge gehalten von: der Kampagne TATORT Kurdistan, der Roten
Hilfe, der Interventionistischen Linken Hannover, der Yeni Demokratik
Genclik, einem Flüchtlingsaktivisten des Camps am Weißekreuzplatz in
Hannover, der Gruppe Lampedusa in Hamburg, der Antifa Burg.
Bei
der Zwischenkundgebung am Steintor wurden zahlreiche Fahnen der PKK und
der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) geschwenkt. Die
Kampagne Halim Dener hatte immer erklärt, dass sie das Zeigen der
Symbole des kurdischen Befreiungskampfes für legitim hält, dabei aber an
dem Ziel festhält die Demonstration geschlossen zu beenden. Die
Demonstrant*innen holten nach einer Schweigeminute in Gedenken an Alle
von der Polizei ermordeten und im Kampf um Freiheit getöteten die Fahnen
ein, woraufhin sich der Demonstrationszug ohne weitere Vorkommnisse
bis zum Klagesmarkt fortsetzte und auflöste.
Der Verlauf ohne
Auseinandersetzungen hielt die Polizei allerdings nicht davon ab, im
Anschluss an die Demonstration mehrere Personalienfeststellungen wegen
angeblichen Verstoßens gegen das Vereinsgesetz und das
Versammlungsgesetz durchzuführen, was von der Kampagne scharf
kritisiert wird. Dass die Demonstration von so vielen Menschen
geschlossen durchgeführt wurde, die ihre Haltung zum PKK-Verbot und dem
Mord an Halim Dener ausdrückten, sieht die Kampagne hingegen als
großen Erfolg an.
Am 30.06.14, dem eigentlichen Jahrestag der
Tötung wird eine kleine Aktion zum Gedenken an Halim Dener in Hannover
die Kampagne abrunden. Ob sich die Stadt Hannover in Zukunft zu diesem
Teil ihrer Geschichte verhalten wird, indem sie z.B. eine Straße nach
Halim Dener benennt, ist noch ungewiss. Doch jetzt schon ist die
Kampagne Halim Dener ein Erfolg, wenn sie als weiterer Schritt zur
notwendigen praktischen Solidarität linker und fortschrittlicher Kräfte
verschiedenster Hintergründe verstanden wird.
http://halimdener.blogsport.eu/