Südwest: Gall legt Verfassungsschutzbericht vor / Mehr Kooperation nötig

Erstveröffentlicht: 
06.06.2014

Syrien-Kämpfer bereiten Sorge

STUTTGART. Der Verfassungsschutz soll auch weiterhin Ländersache bleiben. Diesen Anspruch erhob Innenminister Reinhold Gall (SPD) bei Vorlage des neuen Verfassungsschutzberichts. Er warnte vor allem vor radikalen Islamisten. 15 von ihnen seien von hier aus nach Syrien in den Bürgerkrieg gezogen. Vier von ihnen dort getötet worden.

 

Der Verfassungsschutz sei eine Art Frühwarnsystem der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, so Gall. Die Länder seien auf die Arbeit der Ämter angewiesen. Mehr Kooperation und Konzentration der 16 Landesämter und des Bundesamtes seien aber erwünscht. Gall räumt ein, dass es dabei noch Verbesserungsbedarf gebe, versichert aber, im Land habe man Lehren aus dem NSU-Skandal gezogen, etwa die Kooperation des Verfassungsschutzes mit Polizei und Justiz verbessert und dafür auch die technischen Notwendigkeiten wie gemeinsame Computernetze geschaffen. "Grundsätzlich bin ich aber für eine dezentrale Struktur, um die Entwicklungen vor Ort schneller erkennen zu können."

Größte Sorge bereiten dem Verfassungsschutz derzeit Islamisten, die zunächst hochmotiviert in den Bürgerkrieg nach Syrien zogen und nun frustriert zurückkehren. Es sei zu befürchten, so Beate Bube, die Präsidentin des Landesamtes, dass diese Personen – überwiegend sind es Männer – den einmal begonnenen Kampf mit der Waffe außerhalb Syriens fortsetzen. Rund 550 Salafisten werden im Land gezählt. Derzeit werden gezielt junge Frauen angesprochen, Versuche, die Angeworbenen von der Ausreise abzuhalten scheiterten zumeist.

Die Gülen-Bewegung, die oft als Gegenströmung zum Salafismus apostrophiert wird, kommt im aktuellen Verfassungsschutzbericht nicht vor. Bis zum Sommer will Gall neu bewerten lassen, ob sie künftig auch vom Landesamt mit seinen mehr als 330 Mitarbeitern beobachtet wird. Noch ist das Papier nicht fertig, bislang gebe es aber keine Anhaltspunkte, die dies rechtfertigen würden.

Die Zahl rechter Extremisten ist zwar auf 1800 gesunken, allerdings gilt ein Drittel davon als gewaltbereit. Landesweit wurden im vergangenen Jahr 35 rechtsextremistische Gewalttaten gezählt, auch diese Zahl ist rückläufig. Dagegen gab es deutlich mehr Demonstrationen. Neue Mitglieder werden vor allem über Skinhead-Musik gewonnen, neun Bands und vier Vertriebsorganisationen gibt es hier. Hinzu kommen zwei Parteigründungen, wobei die "die rechte" nur 30 Mitglieder zählt und bundesweit bekannte Neonazis zu den Funktionären zählt. Die NPD kommt auf nur noch 410 Mitglieder; im laufenden Verbotsverfahren erhofft sich Gall einen Erfolg, "denn aus unserer Sicht ist die NPD eindeutig verfassungswidrig".

Im linken Spektrum stiegen sowohl die Zahl der Straftaten um ein gutes Viertel als auch die der Gewalttaten, die sich fast verdoppelt hat. Dahinter stehe aber kein Trend, die Zahl resultiert aus einer einzigen Demonstration gegen einen Gebetszug der Piusbrüder im April 2013 in Freiburg. "Die Linke" steht als solche nicht unter Beobachtung, wohl aber einzelne Strömungen und Teilstrukturen, so Bube.

Rund 900 Mitglieder umfasst die Scientology-Organisation im Südwesten, der mit den Zentren in Ulm, Göppingen, Karlsruhe und Kirchheim als ihr Schwerpunkt gilt. Das Freiburger "Zentrum für Lebensfragen" gilt als unbedeutend, die Landeshauptstadt soll hingegen zur größten Zentrale in Deutschland werden. Für acht Millionen Euro wurde dazu ein Gebäude mit mehr als 5000 Quadratmetern Nutzfläche gekauft.

Bericht unter      verfassungsschutz-bw.de