Syrien-Kämpfer bereiten Sorge
STUTTGART. Der Verfassungsschutz soll auch weiterhin Ländersache bleiben. Diesen Anspruch erhob Innenminister Reinhold Gall (SPD) bei Vorlage des neuen Verfassungsschutzberichts. Er warnte vor allem vor radikalen Islamisten. 15 von ihnen seien von hier aus nach Syrien in den Bürgerkrieg gezogen. Vier von ihnen dort getötet worden.
Der Verfassungsschutz sei eine Art Frühwarnsystem der
freiheitlich-demokratischen Grundordnung, so Gall. Die Länder seien auf
die Arbeit der Ämter angewiesen. Mehr Kooperation und Konzentration der
16 Landesämter und des Bundesamtes seien aber erwünscht. Gall räumt ein,
dass es dabei noch Verbesserungsbedarf gebe, versichert aber, im Land
habe man Lehren aus dem NSU-Skandal gezogen, etwa die Kooperation des
Verfassungsschutzes mit Polizei und Justiz verbessert und dafür auch die
technischen Notwendigkeiten wie gemeinsame Computernetze geschaffen.
"Grundsätzlich bin ich aber für eine dezentrale Struktur, um die
Entwicklungen vor Ort schneller erkennen zu können."
Größte Sorge bereiten dem Verfassungsschutz derzeit Islamisten, die
zunächst hochmotiviert in den Bürgerkrieg nach Syrien zogen und nun
frustriert zurückkehren. Es sei zu befürchten, so Beate Bube, die
Präsidentin des Landesamtes, dass diese Personen – überwiegend sind es
Männer – den einmal begonnenen Kampf mit der Waffe außerhalb Syriens
fortsetzen. Rund 550 Salafisten werden im Land gezählt. Derzeit werden
gezielt junge Frauen angesprochen, Versuche, die Angeworbenen von der
Ausreise abzuhalten scheiterten zumeist.
Die Gülen-Bewegung, die oft als Gegenströmung zum Salafismus
apostrophiert wird, kommt im aktuellen Verfassungsschutzbericht nicht
vor. Bis zum Sommer will Gall neu bewerten lassen, ob sie künftig auch
vom Landesamt mit seinen mehr als 330 Mitarbeitern beobachtet wird. Noch
ist das Papier nicht fertig, bislang gebe es aber keine Anhaltspunkte,
die dies rechtfertigen würden.
Die Zahl rechter Extremisten ist zwar auf 1800 gesunken, allerdings gilt
ein Drittel davon als gewaltbereit. Landesweit wurden im vergangenen
Jahr 35 rechtsextremistische Gewalttaten gezählt, auch diese Zahl ist
rückläufig. Dagegen gab es deutlich mehr Demonstrationen. Neue
Mitglieder werden vor allem über Skinhead-Musik gewonnen, neun Bands und
vier Vertriebsorganisationen gibt es hier. Hinzu kommen zwei
Parteigründungen, wobei die "die rechte" nur 30 Mitglieder zählt und
bundesweit bekannte Neonazis zu den Funktionären zählt. Die NPD kommt
auf nur noch 410 Mitglieder; im laufenden Verbotsverfahren erhofft sich
Gall einen Erfolg, "denn aus unserer Sicht ist die NPD eindeutig
verfassungswidrig".
Im linken Spektrum stiegen sowohl die Zahl der Straftaten um ein gutes
Viertel als auch die der Gewalttaten, die sich fast verdoppelt hat.
Dahinter stehe aber kein Trend, die Zahl resultiert aus einer einzigen
Demonstration gegen einen Gebetszug der Piusbrüder im April 2013 in
Freiburg. "Die Linke" steht als solche nicht unter Beobachtung, wohl
aber einzelne Strömungen und Teilstrukturen, so Bube.
Rund 900 Mitglieder umfasst die Scientology-Organisation im Südwesten,
der mit den Zentren in Ulm, Göppingen, Karlsruhe und Kirchheim als ihr
Schwerpunkt gilt. Das Freiburger "Zentrum für Lebensfragen" gilt als
unbedeutend, die Landeshauptstadt soll hingegen zur größten Zentrale in
Deutschland werden. Für acht Millionen Euro wurde dazu ein Gebäude mit
mehr als 5000 Quadratmetern Nutzfläche gekauft.