Bombenbauer aus Weil am Rhein
Elitesoldat im Umfeld
Heinz Siebold
Stuttgart - Ein Elitesoldat der Bundeswehr gehört zum Umfeld des mutmaßlichen Bombenbauers aus Weil am Rhein: Der 23 Jahre alte Julien L. aus Lörrach ist bei der Bundesmarine im schleswig-holsteinischen Eckernförde stationiert, nach Recherchen des NDR-Infos und der Tageszeitung "taz" bei der Einheit SEKM Boarding Kompanie Team Nr. 5. Die Kämpfer dieser "Spezialisierten Einsatzkräfte Marine" sind nach Eigenwerbung "sportlich austrainiert, waffentechnisch hervorragend ausgerüstet und einzigartig in der Bundeswehr". Zu den Aufgaben gehört der Kampf gegen Piraten im Golf von Aden. In seiner Freizeit hat sich der Elitesoldat L. anscheinend dem Kampfbund der Neonazis angeschlossen. Der Bundeswehr ist das bis jetzt offiziell nicht bekannt, sagte ein Sprecher der Marine der Stuttgarter Zeitung. Die Vorwürfe würden ernst genommen und untersucht.
Ohne seine genaue Einheit zu kennen, hatten Ende August die Rechercheure der Freiburger Antifaschistischen Aktion den Zeitsoldaten als Mitglied der Jungen Nationaldemokraten (JN) geoutet. Die Mitgliedschaft wurde von der NPD-Jugendorganisation auch bestätigt. Abgefangene E-Mails belegen, dass der seit dem 26. August inhaftierte Bombenbastler Thomas B. den Marinesoldaten zu einer NPD-Schulung eingeladen hat. L. hatte bereits Anfang des Jahres 2008 mitgeteilt, er wolle "gerne bei euch mitmachen". In diesem Sommer erkundigte er sich, ob es noch Platz beim JN-Zeltlager in Heilbronn gebe und welche Bücher er zuvor unbedingt lesen müsse. Ein Foto auf der JN-Homepage zeigt L. bei der Gründungsversammlung des südbadischen Stützpunkts der NPD-Jugendorganisation am 13. Juni, die vom JN-Landesvorsitzenden Lars Gold geleitet wurde. Zum Stützpunktleiter wurde B. bestimmt, er ist deshalb auch im Landesvorstand der Jungen Nationaldemokraten.
Auch der Bombenbastler war Soldat
B. hat bereits eine Karriere als rechtsextremer Skinhead hinter sich und war zwei Jahre lang Soldat bei den Krisenreaktionskräften. Er interessierte sich nach seiner Entlassung aus der Bundeswehr für den Ordnerdienst der NPD und trat als Aktivist des "Braunen Kreuzes", des neonazistischen Sanitätsdienstes, bei Aufmärschen in Erscheinung. B. hatte über Monate gezielt und zum Teil über Adressen von Kameraden legal zu erwerbende chemische Substanzen zusammengekauft und sich Literatur sowie Zündmaterial besorgt. Einer der Helfer soll der Lörracher NPD-Vorsitzende sein, der B. dazu mahnte, seine Chemikalien endlich abzuholen. Anschlagsziel sollte vermutlich der linke Treff KTS in Freiburg sein.
Vor einer Woche hatte die Polizei in Lörrach und Umgebung die Wohnungen von acht weiteren Personen durchsucht, um zu prüfen, ob der Bombenbastler Helfer hatte. Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung gehörte auch die Lörracher Bleibe des Soldaten L. dazu. Die Staatsanwaltschaft Lörrach macht wegen der laufenden Ermittlungen keine Angaben zu Personen, sagte Oberstaatsanwalt Dieter Inhofer. Man sei noch dabei, die gefundenen schriftlichen Unterlagen und Datenträger auszuwerten. Inhofer bestätigte, dass bei der Durchsuchung unter anderem chemische Substanzen gefunden wurden, die zur Herstellung von Sprengstoff geeignet sind.
Unterdessen steht auch Innenminister Heribert Rech (CDU) in der Kritik: Die SPD-Fraktion warf ihm am Donnerstag in Stuttgart vor, dass das Frühwarnsystem des Landes gegen rechtsextremistische Bedrohungen versagt habe. Eine Antwort auf eine Landtagsanfrage zeige, dass die Polizei vor dem anonymen Hinweis aus der Antifa-Szene keine Kenntnis von der terroristischen Bedrohung hatte. Die Kenntnis der Sicherheitsbehörden über solche Bedrohungen im Land seien dürftig, sagte der Fraktionssprecher für Extremismus und Verfassungsschutz, Stephan Braun. Braun: "Wie viel bombenfähiges Material muss die Polizei noch finden, damit die Landesregierung aus ihrer Lethargie erwacht?"