Gemeinderat lässt fünf Flächen für "Sand im Getriebe" prüfen.
Der Gemeinderat hat die Stadtverwaltung am Dienstag beauftragt, fünf Flächen im Stadtgebiet zu prüfen: Falls sie nicht anderweitig benötigt werden, soll darauf – für begrenzte Zeit – die Wagenburg "Sand im Getriebe" unterkommen. Der Abstimmung vorausgegangen war eine Debatte, ob der Umgang der Stadtverwaltung mit dem Thema Wagenburgen angemessen ist oder nicht.
Eine vollbesetzte Zuschauertribüne, das gibt es im Rat meist nur bei umstrittenen Themen. Am Dienstag waren rund 120 Besucher gekommen, um die Diskussion der Stadträtinnen und Stadträte um die Wagenburg "Sand im Getriebe" mitzuerleben. Die Stadtverwaltung hatte ihre Haltung bereits unmissverständlich in einer Informationsvorlage klargemacht, und Oberbürgermeister Dieter Salomon wiederholte es: Es sei keine städtische Aufgabe, Flächen für Wagenburgen zur Verfügung zu stellen. Man habe vielmehr die politische Verantwortung dafür, Flüchtlinge unterzubringen. Den Wagenburglern könne man nur empfehlen, private Flächen zu suchen – dort werde die Verwaltung wohlwollend prüfen, ob diese geeignet sind.
Das konterten die Grünen und die Unabhängigen Listen (UL) in einem gemeinsamen Antrag, flankiert von der Grünen Alternative Freiburg (GAF): Sie schlugen unter anderem vor, fünf Flächen auf ihre Wagenburg-Tauglichkeit zu prüfen. Timothy Simms (Grüne): "Es geht nicht drum, für Wagenburgen eine Extrawurst zu braten, sondern eine pragmatische Lösung zu finden." Die Wagenburg solle eine Zwischenlösung nutzen dürfen, "mit klaren Vereinbarungen". Das sah auch Ulrike Schubert (UL) so: "Zu einem offenen Freiburg gehört experimentelles Wohnen." Coinneach McCabe (GAF) wollte das Flüchtlings-Argument nicht gelten lassen: "Mit Flüchtlingen argumentiert man immer, wenn’s gerade passt."
Berthold Bock (CDU) sah es für seine Fraktion anders: "Die Frage ist doch, wann und in welchem Ausmaß soll die Stadt die Wünsche und Lebensentwürfe von Menschen erfüllen?" Die CDU lehne weitere städtische Flächen ab, wolle die Wagenburgler aber bei privaten Flächen unterstützen. Bei der SPD gingen die Meinungen auseinander. "Wollen wir jedes Mal, wenn eine Zwischenlösung ausgelaufen ist, eine neue Diskussion?" fragte Renate Buchen. "Wer keine Sozialwohnung hat, muss zwei Jahre auf einen Wohnberechtigungsschein warten. Da ist den Bürgern eine Bevorzugung von Wagenburgen doch nicht zu vermitteln." Sascha Fiek (FDP) meinte: "So wenig es eine Diskriminierung von Wagenburgen geben darf, so wenig darf es eine Privilegierung geben." Das fand auch Johannes Gröger (Freie Wähler): "Die Stadt hat keinen generellen Suchauftrag für Wagenburgen."
Die Positionen waren damit abgesteckt, die Diskussion ging noch eine Weile hin und her. Baubürgermeister Martin Haag deutete an, dass die fünf vorgeschlagenen Flächen nicht geeignet sein könnten: "Seriös können wir das erst nach der Prüfung sagen. Aber eine einfache Fläche hätten wir auch schon gefunden."
Schließlich stimmte der Gemeinderat mehrheitlich folgendermaßen ab: Er begrüßt grundsätzlich die Existenz experimenteller Wohnformen. Es sei aber nicht Aufgabe der Stadtverwaltung, aktiv Flächen für Wagenburgen zu suchen. Doch beauftragten die Stadträtinnen und -rätedie Verwaltung, Grundstücke im Weißerlenweg in Hochdorf, im Gewerbegebiet Schlattmatten in Haid-Süd, in Längenloh beim geplanten Eisstadion und am Kappler Knoten auf eine mögliche Zwischennutzung zu prüfen – 32 Stadträte stimmten bei der namentlichen Abstimmung dafür, 14 inklusive Oberbürgermeister dagegen. Gleichzeitig wird die Fläche der Wagenburg "Schattenparker" am Flugplatz neu arrondiert und um 350 Quadratmeter erweitert. Zudem appellierte der Gemeinderat an die Verwaltung, die beschlagnahmten Wagen von "Sand im Getriebe" herauszugeben. Zum Schluss: Viel Beifall für diese Mehrheitsentscheidungen auf der Tribüne.