Die Verdopplung linksmotivierter Gewalt in der Landesbilanz lag hauptsächlich an einer Freiburger Demo gegen die Piusbruderschaft.
Eine einzige Freiburger Demo treibt die Landesstatistik hoch: Das Innenministerium stellt einen erheblichen Anstieg linksmotivierter Gewaltdelikte in seiner Bilanz für das vergangene Jahr fest. Die Verdopplung liegt hauptsächlich an Ausschreitungen in der Altstadt im April 2013 beim alljährlichen Protest gegen die Piusbrüder: 55 Gewaltdelikte stellte die Polizei im Nachgang fest. Bei der Demo selbst hatte es sechs Festnahmen gegeben. Die diesjährige Demo hat die Polizei noch nicht aufgearbeitet.
Das Innenministerium hat Bilanz zur politisch motivierten Kriminalität im Land gezogen. Demnach ist im vergangenen Jahr unter anderem die Zahl linksmotivierter Delikte um gut 100 Prozent auf 138 Fälle gestiegen. Allein 55 dieser Gewalttaten standen in Zusammenhang mit der Demonstration gegen die Piusbruderschaft.
Jedes Jahr demonstriert die umstrittene Piusbruderschaft in der Altstadt singend und betend gegen Abtreibung – meist begleitet von Gegendemonstranten und einem Großaufgebot der Polizei. Vor gut einem Jahr war es dabei zu Rangeleien und tumultartigen Szenen gekommen, die Polizei hatte sechs Gegendemonstranten vor Ort kurzzeitig festgenommen. Da erstaunt die Zahl, die das Ministerium jetzt bekannt gab. Laura Riske, Sprecherin des Freiburger Polizeipräsidiums, erklärte die große Differenz: "Die Straftaten wurden im Nachgang über Sichtung von Videomaterial festgestellt."
Allerdings erfasst die polizeiliche Statistik lediglich Anzeigen: "Wir haben nur eine Eingangsstatistik", erklärte Ministeriumssprecher Günter Loos. Sie berücksichtigt nicht, was die Justiz entscheidet. Angezeigt worden seien nach der Demo ein Fall von Körperverletzung und 54 Fälle von Widerstand gegen Polizeibeamte. Letztere fallen zwar auch in die Kategorie Gewaltdelikte, müssen aber nicht mit einer Tätlichkeit verbunden sein. Es könnte sich auch um Blockadeaktionen handeln, erklärte Loos.
Weil die Zunahme der linksmotivierten Delikte im Land zum Großteil an den Freiburger Zahlen lag, geht das Ministerium nicht von einem allgemeinen Trend aus. Insgesamt registrierte Stuttgart bei der politisch motivierten Kriminalität in Baden-Württemberg vergangenes Jahr mit 2061 Fällen einen neuen Tiefstand.
Die 55 Anzeigen gingen bei der Freiburger Staatsanwaltschaft ein. "Davon sind circa 30 zu Gericht gegangen", sagte ihr Sprecher Michael Mächtel. Und zwar als Anklagen, wenn es Jugendliche oder Heranwachsende betrifft, und bei Erwachsenen als Strafbefehle. Die gibt’s, wenn die Staatsanwaltschaft mit einer Geldstrafe rechnet. Geprüft und entschieden wird die Sache von einem Richter. Die übrigen 25 Anzeigen hat die Anklagebehörde bereits eingestellt. Kurios: Die Demonstration wurde von der Polizei zwar als heftig aber nicht als eklatant eingestuft. Das mag auch daran liegen, dass das zuständige Revier Nord "demogeübt" ist, meinte Laura Riske.
Von der jüngsten Piusbrüder-Gegendemo hat die Staatsanwaltschaft noch nichts auf dem Tisch. Die fand am 25. April statt und verlief friedlicher. Dabei nahm die Polizei vor Ort drei Gegendemonstranten kurzzeitig fest. Offen ist, was an Anzeigen noch nachkommen könnte. "Das wird die Auswertung der Kriminalpolizei und die weitere Ermittlung ergeben", sagte Riske.