Polizist soll Dienstgeheimnisse verletzt haben und steht nun vor Gericht

Erstveröffentlicht: 
29.04.2014

Amtsgericht Breisach

 

Wenn Polizisten zu sehr plaudern: In Breisach wird einem mittlerweile vom Dienst suspendierten Beamten mehrfache Verletzung des Dienstgeheimnisses vorgeworfen.

 

Er spricht monoton. Undeutlich. Immer wieder hakt die Richterin nach. Sie versteht nicht. Nicht nur akustisch. Vor ihr sitzt ein 54-jähriger ehemaliger Polizeibeamter aus Breisach, der sich an diesem Montagvormittag wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses vor dem Amtsgericht Breisach verantworten muss. Seine Lage erlaubt ihm eigentlich nicht, Spielchen zu spielen, dennoch tut er es. Er laviert. Dabei wirft ihm die Staatsanwaltschaft einiges vor: Zur Verletzung des Dienstgeheimnisses kommen noch Verletzung von Privatgeheimnissen und Strafvereitelung hinzu. Am Montag hat die Hauptverhandlung begonnen. Zwei weitere Sitzungen sind vorgesehen.

 

Statt Reue gibt es Rechtfertigungen

 

Der Angeklagte scheint das Computersystem der Breisacher Polizei als Selbstbedienungsladen betrachtet zu haben. Zwischen August 2009 und März 2012 hat er laut Anklage wiederholt Polizeidateien für Privatzwecke abgefragt. Mal rief er den Wohnsitz des leiblichen Vaters seiner Stieftochter ab, mal besorgte er sich die persönlichen Daten eines Sachbearbeiters eines Inkasso-Unternehmens – bei dem sein Bruder Schulden hatte –, mal nahm er Einsicht in Fahrzeugscheinpapiere.

Statt Reue gibt es Rechtfertigungen. Zum Vorwurf des unzulässig recherchierten Wohnsitzes des leiblichen Vaters seiner Stieftochter, sagt der mittlerweile suspendierte Polizist: "Es bestand die Gefahr, dass der Anspruch auf Kindesunterhalt verfällt, also hab’ ich seine Anschrift in unserem System gesucht." Seine Stieftochter habe so die Möglichkeit gehabt, den Unterhalt von ihrem leiblichen Vater einzufordern. Warum er nicht Anzeige gegen den leiblichen Vater erstattet habe, will der Staatsanwalt wissen. "Das war einfacher. Vielleicht auch ein Stück Bequemlichkeit", lautet die Antwort.

 

Einem Bekannten verriet er den Wohnsitz von dessen Ex-Freundin


Ob er im Laufe seiner Karriere mal darüber informiert worden sei, dass dies eine Verletzung des Dienstgeheimnisses bedeute, will der Staatsanwalt wissen. "Natürlich", erwidert der Angeklagte. In einem Tonfall, in dem andere Menschen vielleicht "Gesundheit" wünschen. Automatisch. Unbeteiligt. Ob ihm mittlerweile bewusst ist, was das Weitergeben von Informationen für Konsequenzen für die Betroffenen haben kann, wird nicht klar.

Denn er ging noch weiter: Einem in Breisach lebenden Bekannten verriet er den aktuellen Wohnsitz von dessen Ex-Freundin. Die Richterin: "Sie haben vorhin gesagt, dass Ihr Bekannter eine gewisse kriminelle Energie hat. Und dann geben Sie diesem Mann einfach die Adresse seiner ehemaligen Lebensgefährtin. Hatten Sie da gar keine Bedenken?" "Nein", antwortet der Angeklagte. "Wieso nicht?", will die Richterin wissen. Ihm habe gereicht, zu erfahren, dass die beiden früher ein Liebesverhältnis hatten.

 

"Mein Sohn hatte einen Schulkollegen, der im Nachbarhaus des Sicherheitsverwahrten wohnte. Ich wollte nicht, dass mein Kind da hingeht." Der Angeklagte


Diese Unbedarftheit passt nicht ins Bild. So erwidert der Angeklagte auf die Frage des Staatsanwalts, warum er unerlaubterweise den Wohnsitz eines Sicherheitsverwahrten recherchiert und ausgedruckt habe: "Mein Sohn hatte einen Schulkollegen, der im Nachbarhaus des Sicherheitsverwahrten wohnte. Ich wollte nicht, dass mein Kind da hingeht." Warum dazu ein Ausdruck notwendig ist, auf dem zudem noch ein Post-it klebte, auf dem der Name seiner Lebensgefährtin stand, mit dem Hinweis "zur Kenntnis", kann er nicht plausibel machen.

Privatermittlungen? Sorge um die Kinder? Einfach ein laxer Umgang mit Polizeidaten? Oder doch das gezielte Beschaffen von Informationen? Was waren die Motive des Angeklagten? Eines ist auffällig: Immer wieder fallen die Namen der immer gleichen Breisacher Gastronomiefamilie. Der Angeklagte will nach eigenen Angaben "nur ein freundschaftliches Verhältnis" zu ihnen gepflegt haben. Im Raum steht jedoch, dass er ihr bewusst Gefallen tat – sie zum Beispiel vor einer Sperrzeitenkontrolle durch die Polizei warnte – und polizeiinterne Informationen zu deren Nutzen weitergab. Er habe die Polizeiausdrucke zwar unerlaubt – aber wirklich nur für sich selbst gemacht – so seine Version. Dennoch fanden die Ermittler Fingerabdrücke einzelner Familienmitglieder auf den polizeiinternen Dokumenten. Warum setzte der Angeklagte seinen Beruf aufs Spiel, ging dieses Risiko ein? Tat er besagter Familie wirklich gezielt Gefallen und wenn ja, was sprang für ihn dabei raus? Die folgenden Verhandlungstage werden aufklären müssen, welche Motive der Angeklagte hatte.