Wie ein Endlager auch ohne Planfeststellungsbeschluss gebaut wird - Unliebsame Gutachten verschwanden in der Schublade

Nicht einmal in der Bundesrepublik Deutschland ist es möglich, ein atomares Endlager ohne Genehmigung zu bauen, also stellte sich den staatlichen Stellen zunächst die Frage: Wie kommt man am einfachsten zu einer Genehmigung für den Bau des Endlagerbergwerkes? Da es sich in Gorleben ganz offensichtlich um den geplanten Bau eines Endlagers für radioaktive Abfälle handelte, beantragte die PTB (Physikalisch-Technische Bundesanstalt) als federführende Institution am 28.7.1977 beim niedersächsischen Sozialministerium die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens.

 

 

Es gab keine günstigen Erkenntnisse über die Struktur des Salzstockes, denn schon in den 60er Jahren wurden im Raum Gorleben vom Niedersächsischen Landesamt für Bodenforschung hydrogeologische Untersuchungen vorgenommen, dabei wurde sogar oberflächennah Salzwasser entdeckt.  

Deshalb machte die PTB den Vorschlag, sich vorläufig nur mit der Einlagerung von schwach- und mittelaktivem Müll zu befassen und die Betrachtung "weiterer Abfallkategorien" (sprich hochaktive oder wärmeentwickelnde Abfälle) auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.  

Zur Bekräftigung reichte sie eine Erklärung der RSK und SSK vom 30.11.1977 ein, in der diese Institutionen bestätigten, dass "sichergestellt ist, dass der Salzstock Gorleben wegen seiner Ausdehnung zur Einlagerung von schwach- und mittelaktiven Abfällen geeignet ist".  

Man beachte: Diese Feststellung wurde getroffen, bevor es weitergehende Untersuchungen  gegeben hatte. Ohne Planfeststellungsverfahren.  

Innenminister Gerhard Baum (FDP), bei dem die Federführung lag, war offenbar selbst im Zweifel über die Vorgehensweise, wollte sichergehen, keinen Fehler zu machen. Er beauftragte deshalb den Trierer Staatsrechtler Professor Rüdiger Breuer mit der Erstellung eines Rechtsgutachtens zur Genehmigung der Schächte für das geplante Endlagerbergwerk: Das 270.000 Mark teure Gutachten lag rechtzeitig im Juni 1981 auf dem Tisch. 

Der Autor führte auf 65 Seiten aus, warum eine Planfeststellung vor dem Abteufen der Schächte erfolgen müsse. Das Gutachten gipfelte in der Aussage: "Auch das Gebot grundrechtskonformer Verfahrensgestaltung stützt das Erfordernis der vorherigen, dem Schachtbau vorgeschalteten Planfeststellung. Andernfalls würde klagebefugten Dritten die grundrechtsrelevante vorgängige Verfahrensbeteiligung abgeschnitten."  

Im Klartext: Beim Planfeststellungsverfahren können Bürger, Behörden oder Gemeinden Einwendungen erheben, die bearbeitet und entschieden werden müssen.  

Wahrscheinlich, so die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI), war es insbesondere dieser letzte Absatz, der dazu führte, dass das Gutachten in der Schublade verschwand und nach anderen Möglichkeiten Ausschau gehalten wurde.  

Da kam der Göttinger Professor Dietrich Rauschning gerade recht. Er erklärte die Ansicht Breuers für Unsinn und meinte, solange man Anlagen baue, die sowohl der Erkundung als auch dem geplanten Endlager dienen würden, sei eine Planfeststellung überflüssig und man könne sehr wohl nur nach dem Bergrecht bauen.  

Wörtlich hieß es: "Bei dieser Sach- und Rechtslage bin ich der Auffassung, dass das Abteufen des Erkundungsschachtes (...) der bergrechtlichen Betriebsplanpflicht und der Bergaufsicht unterliegen, nicht aber einem atomrechtlichen Planfeststellungsbeschluss." 

Für Gerhard Baum war das die Rettung aus dem Dilemma. Erleichtert wurde die Anregung aufgegriffen und die entsprechende Genehmigung erteilt.  

Nun baut die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern (DBE) - heute zu über 70 Prozent in der Hand der Atomfirma Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) -  in Gorleben ein "Bergwerk zur Aufsuchung von Bodenschätzen."  

Im Nachsatz heißt es: "Ob die gefundenen Bodenschätze einer Verwendung zugeführt werden, ist nicht relevant."  

Im Herbst 1986 wurde der erste Kübel aus Schacht I gefördert. Anlässlich des zu diesem Ereignis stattfindenden Kübelfestes erklärte der damalige Forschungsminister Heinz Riesenhuber: "Auch ein Loch im Boden kann ein Bodenschatz sein."   

BI-Sprecher Wolfgang Ehmke: "Na also, nun wissen wir doch, was gesucht wird: Auf die Löcher kommt es an!"

 

 

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