Deutsche Annington - schön hier zu wohnen Diese Nacht wurde die Fassade vom "Vermietungspoint" der Deutschen Annington in der Steinmetzstr. in Köln Kalk-Nord besprüht und mit Farbkugeln beworfen. Neben punktuellen farblichen Abwertungen wurden die Slogans und Stencils "Keine Profite mit der Miete" und "Deutsche Annington - außen hui, innen pfui" hinterlassen, sowie die Eingangstür mit Farbe verziert.
Einige Hintergründe zur Deutschen Annington, die nur eine kleine unvollständige Übersicht bieten...
- das Geschäft der DA und anderen Private Equity Gesellschaften (Finanzinvestoren) im Immobiliensektor basiert auf dem massenhaften Kauf billiger Wohnungen aus öffentlichen, Konzern- oder Genossenschaftsbeständen, die nach einem Zyklus von wenigen Jahren mit Gewinn weiterverkauft werden sollen [0].
- die DA hält aktuell den größten Bestand an Wohnungen in Deutschland. Knapp 200.000 Wohnungen sind in ihrem direkten Besitz, mehrere tausend werden verwaltet. [1]
- Sie wurde 2001 auf dem deutschen Immobilienmarkt aktiv und kauft seitdem Pakete von mehreren tausend Wohnungen, z.B. aus ehemaligem Bahnbestand oder von RWE. Zuletzt wurden Anfang diesen Jahres 11.500 Wohnungen der DeWAG und 30.000 Wohnung der Vitus Gruppe für insgesamt knapp 2.4 Milliarden Euro gekauft [2]. Beim Kauf von über 150.000 E.on Wohnungen wurden durchschnittlich 700 Euro pro Quadratmeter bezahlt. Ein durchschnittlicher Wiederverkaufswert von 1000 Euro pro Quadratmeter wird angestrebt [3].
- Dabei geht es der DA nicht weiter überraschend mitnichten um schönes Wohnen, wie ihr Slogan suggerieren soll. Notwendige Reparaturen werden nicht getätigt, Wohnungen verkommen [4] [5]. So haben sich gegen die DA verschiedene Mieter*innen Initiativen gebildet, wie "Mieter Contra Annington" aus Bonn [6].
... und was ist in Köln los?
- die DA, die GWG zu Köln und die GAG Immobilien AG besitzen den größten Anteil der Wohnungen in Kalk Nord. Daneben tummeln sich noch die DeWAG mbH, die Metropol Immobiliengruppe, der Privatinvestor V-D+H, sowie kirchliche Einrichtungen und Einzeleigentümer*innen. Im sogenannten "Wohndialog Kalk Nord", der 2011 von der "Kalk Schmiede" (einem Projekt der Montag Stiftung Urbane Räume gAG) ins Leben gerufen wurde, repräsentieren die DA, GAG, GWG, sowie der Kölner Haus und Grundbesitzverein als Vertretung von Einzeleigentümer*innen, 2.100 der 7.800 Wohnungen in Kalk Nord. Sie bilden laut "Wohndialog" ein "relevantes Interessenkonsortium für die gemeinschaftliche Entwicklung des Stadtteils" [7].
- einige der Häuser der DA in Kalk Nord haben zwar von Außen einen neuen Anstrich bekommen, funktionierende Heizungen sind dafür Mangelware, und auf Reparaturen warten die Mieter*innen vergeblich.
- die DA profitiert von der Wohnungsnot rumänischer und bulgarischer Menschen in Köln. An sie vermietet die DA, meist vielfach überbelegt. Zum Teil wird eine Wohnung vor dem Bezug an mehrere Dutzend Personen zugleich vermietet, ohne dass diese davon wissen, so dass dann die Wohnungen durch das Kölner Wohnungsamt geräumt werden. Bis zu den Räumungen wird Miete kassiert und mit der Miesere von Menschen ein gutes Geschäft gemacht. Denn auch die DA profitiert von den rassistischen Sozialgesetzgebungen für Menschen aus den neuen EU-Beitrittsstaaten, die keine Aussicht auf Wohnraum in Köln haben.
Unser gestriger Besuch bei der DA ist nur eine kleine symbolische Aktion zur komplexen Wohnraumsituation in Köln und gegen die Verwertung von Wohnraum jeglicher Art.
Zum einen haben in Köln momentan Zwangsräumungen und Luxussanierungen eine laute Gegenöffentlichkeit, dort gibt es Bewegung und Widerstand. Zum anderen übersehen wir in unserem Alltag leicht, dass durch Immobilien Gruppen wie die DA, die Wohnraum massenhaft auf- und verkaufen, das Leben schleichend aus den Vierteln gedrängt wird.
Steigende Mieten in den relativ preiswerten Wohnbereichen in dem die DA oder die GAG aktiv sind, bedeuten zum Beispiel, dass die Hartz-IV Mietobergrenze irgendwann überschritten wird, und das Jobcenter einen Umzug der betroffenen Menschen fordert. Über solche Mechanismen werden langsam die, die sowieso keine Lobby haben, aus dem Viertel gedrängt. Die Aufwertung des Stadtteils läuft unspektakulär und unbemerkt ab, eine Öffentlichkeit dazu gibt es nicht oder selten.
Die Akteure der sogenannten Stadtentwicklung forcieren die Aufwertung verschiedener Stadtteile. Sie schreiben hier und dort ganze Siedlungen zum Neubau aus, entwickeln "Master Pläne" für Köln, und versuchen so, einkommensstarke Menschen in "Problemviertel" zu locken, um dort die "soziale Mischung" zu lenken. In der Konsequenz etablieren sich dann vielleicht noch "hochwertigere" Konsummöglichkeiten. Höhere Mieten in den neuen Wohnblöcken lassen den Mietspiegel fürs Viertel steigen, der Alltag wird teurer. Das betrifft uns alle, dort wo wir leben, oder irgendwann eben auch nicht mehr...
... wir freuen uns deshalb, von mehr Aktionen in Köln zu hören, von Vierteln die sich dem Geschäft mit Wohnraum widersetzen, von Besetzungen und Aneignungen von Leerstand, von Schaffung selbstverwalteten Wohnraums, von Verhinderungen von Zwangsräumungen, von mehr Miteinander in der Nachbarschaft - auch abseits der eigenen Subkultur.
Zum Schluss solidarische Grüße an das Wohnprojekt R12 in Kalk, das kurz vor der Zwangsversteigerung steht und an Kalle im Agnesviertel, der sich bisher erfolgreich der Zwangsräumung aus seiner Wohnung widersetzt, sowie an alle in ähnlichen Situationen.
Einige Autonome
[0] http://www.wiwo.de/finanzen/boerse/privaty-equity-investoren-ziehen-sich...
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Annington
[2] http://www.manager-magazin.de/immobilien/artikel/annington-uebernimmt-de...
[3] http://www.spiegel.de/wirtschaft/immobilienriese-deutsche-annington-wir-...
[4] http://www.derwesten.de/wr/staedte/dortmund/annington-nicht-mehr-vor-ort...
[5] http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/deutsche-annington-die-l... verkommen-14532.html
[6] http://www.mieter-contra-annington.de
[7] http://www.kalkschmiede.de/fileadmin/Redaktion/Urbane_Raeume/PDF/Projekt...