Teil 2 unserer Reihe "All you need is Love?" zum Thema Anerkennung - Vom Scheitern in der Konkurrenz bis hin zur Selbstzerstörung. Warum müht sich der moderne Mensch damit ab, eine Persönlichkeit zu werden, einen Charakter auszubilden und vor allem Selbstbewusstsein zu entwickeln? Warum sind die meisten Leute auf der Suche nach der Verwirklichung ihrer selbst und nach einem Sinn ihres Lebens - und warum finden sie diesen nicht selten in der Liebe? Um welchen Erfolg darf, soll, muss man sich bemühen? Warum gilt Misserfolg einzig als Auftrag, an sich selbst zu arbeiten, bestenfalls das Beste aus allem zu machen, oder – oft genug – auch einen Psychologen zu konsultieren?
Bei dieser Sitzung wollen wir folgendes Besprechen:
- Was ist der Fehler an der psychologischen Stellung zu sich selbst: „Ich habe ein Recht auf Anerkennung?“
Wer angesichts aller Misserfolge,
Formen des Scheiterns in seinem wirklichen Leben darauf beharrt,
Anerkennung seiner Persönlichkeit/ Individualität einzufordern, hat die
Beurteilung und das Suchen nach Gründen, die für sein Scheitern in der
Welt der Konkurrenz dingfest zu machen sind, aufgegeben. Im Streben nach
Anerkennung als Mensch überhaupt vollzieht er die Trennung von seinen
Interessen und verlangt Kompensation, klagt Verständnis der Welt für
sich „als Menschen pur“ ein.
- Mit der psychologischen
Selbstkritik „Ich bin ein Versager“ nimmt der freie mündige Bürger sein
Scheitern bitterernst, indem er „sein“ unterstreicht. „Defekte“ am
eigenen „Ich“ werden als „Erklärung“ ins Feld geführt, warum er nicht
können kann, was er will, sich als ‚rechtschaffener Charakter‘ zu
behaupten und damit Erfolg und Anerkennung verdient zu haben. In der
Selbstbezichtigung als Versager fordert er Verständnis und Anerkennung
ein: „Mir steht Verständnis und Anerkennung zu, bin ich doch in einer
Welt, die doch wohl mein Mittel zu sein hat, darauf angewiesen. Mit dem
Befund ‚seiner Ohnmacht’, den Erfolgskriterien in der bürgerlichen Welt
gerecht werden zu können, begibt er sich auf die Suche nach
Voraussetzungen für seine Unfähigkeit. Wenn man auch sonst vom
bürgerlichen Getriebe nichts wissen will, weil man sich in ihm
zurechtfinden will, tauchen z.B. unter dem Titel „Umwelt“ und
„Erziehung“ Verhältnisse auf, die für die eigenen Defekte verantwortlich
sein sollen.
- In der Freiheit zur Verrücktheit
betätigt sich das hinterletzte Relikt der ganzen bürgerlichen Freiheit,
das übrigbleibt, wenn ein Mensch „sich“ als eigentlichen Grund für sein
Scheitern in der Konkurrenz entdeckt. Der Unterschied von Verrücktheit
und Normalität des bürgerlichen Individuums liegt eben nicht an der
verkehrten psychologischen Stellung zu sich und seinem Treiben, sondern
lediglich in ihrer Funktionalität für die bürgerliche Welt mit dem Preis
der Selbstzerstörung in letzter Konsequenz.
Ort: Stuttgart Kolchose Ost (Exfalkenbüro) Wagenburgstraße 77