AUF ZUM FRAUEN*KAMPFTAG 2014!!!
Mit dieser Forderung gehen am Internationalen Frauen*kampftag verschiedene Gruppen, Institutionen und Einzelpersonen in Göttingen auf die Straße, um gemeinsam für ein selbstbestimmtes Leben und gegen die alltägliche Gewalt an Frauen*, Lesben und Trans* einzustehen. Nach wie vor werden in unserer Gesellschaft Frauen*, Lesben und Trans* in vielerlei Hinsicht benachteiligt und Männer* privilegiert. Die zweigeschlechtliche Ordnung macht sich in allen Lebensbereichen bemerkbar: Sie verteilt Macht, Geld und Anerkennung höchst ungleich. Sie legt uns nahe, dass und wie wir uns ausschließlich als „Männer“ oder „Frauen“ wahrnehmen sollen, wie wir denken und fühlen sollen, wen und wie wir lieben sollen, was wir zu tun und zu lassen haben und eben auch, was uns zusteht oder auch nicht.
Keine Zeit keine Zeit keine Zeit, hören wir immer wieder – Super-busy-Sein ist heutzutage schon fast ein Muss.
Unser Alltag ist von morgens bis abends durchstrukturiert: Schule, Ausbildung, Freizeit, Familie, Freund*innen oder Job – wenn man eine_n hat – müssen in Einklang gebracht werden. Die sogenannte Lohnarbeit, die immer noch hauptsächlich männlich dominiert wird, bestimmt trotz mehr als hundert Jahre langen Kämpfen für kürzere Arbeitszeiten immer noch das Leben vieler. In kapitalistisch organisierten Gesellschaften gilt Lohnarbeit als das einzige Mittel, sowohl für die Befriedigung unserer Grundbedürfnisse zu sorgen, als auch um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können, Anerkennung zu bekommen und Rechte zu erhalten.
Beim Wettbewerb um möglichst existenzsichernde Arbeitsplätze werden aber bereits viele Menschen ausgeschlossen und benachteiligt, indem ihnen Zugänge verwehrt oder erschwert werden. Eine Rolle spielt deshalb nicht nur die gesamtgesellschaftliche Benachteiligung von Frauen*, Lesben, Trans*, sondern auch, welchen Pass ich besitze, woher ich komme, wie gesund ich bin uvm.
Caring for…Patriarchy?
In dem ganzen Konkurrenzzirkus werden außerdem weitere zum Leben wichtige Dinge abgespalten, die sich nicht daran messen, wie total kompetent, flexibel, dynamisch und gutaussehend wir im Job sein sollen. Dazu zählen (Für-)Sorge-, Haus- und Beziehungsarbeit und vieles mehr. Diese unsichtbare, meist unbezahlte und nicht anerkannte Arbeit wird in der BRD nach wie vor hauptsächlich von Frauen* geleistet. Das ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass Arbeitskraft weiterhin zur Verfügung gestellt werden kann. Beide Bereiche, Lohn-und (Für-) Sorgearbeit, sind grundsätzlich aufeinander angewiesen. Damit basiert die gesamte Organisation gesellschaftlich notwendiger Arbeit auf einem vergeschlechtlichen, patriarchalen Verhältnis. Sichtbar wird dieses auch darin, dass in Berufen, in denen der Frauen*anteil am Höchsten ist, die meisten Arbeitsplätze unsicher und schlechter bezahlt sind. Besserverdienende Frauen* mit guten Jobs wiederum können die Haus- und (Für-)Sorgearbeit als schlecht bezahlte an Menschen abgeben, die auf dem Arbeitsmarkt schlechtere Chancen haben. Dazu zählen vor allem Migrant*innen und Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen. Denn wie gut ich an der Gesellschaft teilhaben kann, ist abhängig davon, ob ich weiß-deutsch, mit Pass, heterosexuell, körperlich unversehrt, (bildungs-)bürgerlich bin und damit der gesellschaftlich vorgegebenen Norm entspreche.
4in1: Her mit dem ganzen Leben!
Wenn 8 Stunden Arbeit, Funktionieren, Haushalts-und/oder Familienarbeit erledigt sind, bleibt da kaum noch Zeit, Luft zu holen, ein tolles Hobby zu haben, genug Geld und Energie, uns so zu entwickeln, wie mensch es gerne möchte. Gegen diesen Status Quo wollen wir etwas unternehmen, denn wir sind nicht bereit, diese Zumutungen mit abendlichem Yoga auszugleichen…HER MIT DEM GANZEN LEBEN ist ein Zitat aus dem Lied „Brot und Rosen“ von streikenden Textilarbeiter*innen, die 1911 in den USA gegen Hungerlöhne und für bessere Arbeitsbedingungen gekämpft haben. Der Slogan wurde im Folgenden immer wieder auch im Rahmen des internationalen Frauen*kampftages genutzt, an dem seit über 100 Jahren Frauen* und Feminist*innen auf die Straße gehen, um ihre Rechte einzufordern.
In ihrer ‚Vier-in-eins-Perspektive‘ beschreibt die Feministin Frigga Haug, wie ein besseres und gerechteres Leben für alle aussehen könnte.
An ihre Vorstellungen anknüpfend braucht es erstens: Zeit fürs Produzieren notwendiger Güter. Zweitens: Zeit für die (Für-)Sorge und Pflege eigener wie fremder Bedürfnisse. Drittens: Zeit für eigene Interessen, Entspannung und Spaß. Und es braucht viertens Zeit, um gemeinsam Politik zu machen.
Selbstbestimmt: Lieben, Leben, Arbeiten, Kämpfen
Gerade letzteres gerät in unserer Gesellschaft unter dem Druck von Lohn-und (Für-)Sorgearbeit immer mehr unter die Räder. Politik wird als Bereich verstanden, um den sich andere kümmern und den andere ’schon für eine*n erledigen‘. Dabei bedarf es eines kollektiven Aushandlungsprozesses, in dem wir gemeinsam entscheiden, wie wir zusammen leben wollen und was ein gutes Leben für alle ist. Und: wie wir eine Gesellschaft organisieren, in der wir unsere Lebensperspektiven nicht mehr entlang von funktionalen Trennungen aufteilen, so dass sie als gesellschaftlicher Gesamtkörper nur den Ansprüchen von Kapitalismus und Patriarchat entsprechen. Wir wollen das ganze Leben danach organisieren, was unsere Bedürfnisse, jenseits von Geschlechteraufteilung und Profitinteressen, sind. Dazu wollen wir uns das ganze Leben wieder selbstbestimmt aneignen.
Wir wollen das gute Leben – für alle!
Weg mit der patriarchalen Aufteilung, mit Sexismus, Konkurrenz, geschlechtlich organisierter Überforderung, Homo-und Trans*phobie.
Her mit dem ganzen Leben!
Fight for Feminism!
Heraus zur Bündnisdemonstration am Internationalen Frauen*kampftag!
8. März / 11.30 Uhr / Platz der Synagoge