Die Aktion selbst bleibt zum Schmunzeln, da sie am 21. Februar weitgehend gewaltfrei verlief. Selbst wenn Satire nicht von allen verstanden wird, hat sie hier mit ernstem Hintersinn Wirkung entfaltet. Eine davon: Die Polizei zitiert Tucholsky, Menschen zeigen blanke Hintern und für die heute eingesetzten Beamten könnte sich die Frage stellen, ob ihre Kinder Haschisch konsumieren. Medial begleitet wurde das Ganze unter anderem vom „Linksdrehenden Radio“ bei Radio Blau, welches ein bemerkenswert amüsantes Interview mit „Alexander Scheffler“ von "No Police District" (NPD) aus Connewitz ausstrahlte. Was blieb, ist die Frage: Was ist eigentlich „Cop Culture“?
Das seltsame Verhalten der in Connewitz rings um die
„Polizeinotunterkunft in der Biedermannstraße“ agierenden Minderheit
beschreibt „Alexander Scheffler“ im Interview auf Radio Blau (Link am
Ende) wie folgt: Aggressives, bewaffnetes Auftreten und eigene Codes.
Eine andere Spezies halt, welche zudem nicht integrierbar sei. Denn in
die Kneipe könne man sie auch nicht mitnehmen. Die Kultur verbiete den
Kneipenbesuch und wenn, dann kämen sie immer gleich in Mannschaftsstärke
und nähmen den gesamten Laden auseinander. Der „Leiter der Unterkunft“
Bernd Merbitz würde zudem immer mehr von dieser Spezies in Leipzig
etablieren und den Drogenmarkt im Viertel kontrollieren zu wollen.
Dagegen würde man nun als erste echte Bürgerinitiative nach 1989 mit
Fackeln und Mistgabeln agieren.
Eine Satire auf die in den vergangenen Monaten zunehmend als
Bürgerinitiativen getarnt auftretenden Rechtsradikalen in Leipzig. Und
eine durchaus gelungene, weil anfangs fröhliche Aktion heute ab 18:30
Uhr im Stadtteil Connewitz. Protest auch, denn der als
„Polizisten-Notunterkunft“ titulierte Polizeiposten im neu eröffneten
Bürgerbüro in der Wiedebachpassage hat doch einige Connewitzer
überrascht bis verärgert. Respektlosigkeit ist Satire immer innewohnend
und von dieser machten heute auch die rund 50 „echten Bürgerbewegten“
von der "No Police District" – Initiative und zirka 150 Sympatisanten
ausreichend Gebrauch. Weniger auf dem angemeldeten
Demonstrationsgelände, eher in der näheren Umgebung davon.
Eine kleine Auswahl der heute mündlich oder auf Plakaten verkündeten
Parolen, welche sich an das ausländerfeindliche Repertoire rechter
Initiativen der vergangenen Monate anlehnte und nun die Polizei als
„Minderheit“ aufs Korn nahm: „Euch mögen wir hier nicht“, „Du schlägst
gern Demonstranten oder die Zeit tot? Dann komm zum Polizeirevier
Südost!“, „Ja zum Bier, nein zum Revier!“, „Wir sind Assis, was seid
ihr?“ oder eben „Eure Kinder kaufen bei uns ihr Gras.“. Während der
eine oder andere Beamte dies sicher noch als möglich annehmen konnte,
forderten andere Demonstranten, „Polizisten endlich abzuschieben“ und
skandierten natürlich "Wir sind das Volk".
Juliane Nagel beendete den bis dahin deutlich spaßbetonten, offiziellen
Teil als Anmelderin nach der Verlesung einer deutlich
„minderheitenfeindlichen“ Erklärung jedoch bald. Dazu die Polizei: „Das
war jedoch kein Grund, den Ort gleich zu verlassen. Die
Versammlungsteilnehmer rückten lieber ein Stück in Richtung der
Wiedebachpassage vor, skandierten nochmals ihr „satirisches“ Repertoire,
entblößten teilweise ihr Hinterteil und warfen mit Tampons.“ Bernd
Merbitz, welcher selbst vor Ort im Polizeiposten war, schien von der
ganzen Aktion eh nicht sehr begeistert. „Eigentlich hätte die Beamten ja
etwas Besseres zu tun",. So sein Kommentar gegenüber L-IZ.de. Mit der
Anzahl der Beteiligten hingegen habe er gerechnet.
Bis hier irgendwie lustig, auch unter verschärften Bedingungen. Wären da
nicht eben doch jene gewesen, welche auf beiden Seiten der ganzen Sache
weniger locker beiwohnten. Ein kleiner Teil der nach dem offiziellen
Teil agierenden Teilnehmer der Demonstration waren offenkundig zu
betrunken, um den im Humor innewohnenden Ernst in Ruhe wirken zu lassen.
Ein paar Beamte zu angespannt, um Ruhe walten zu lassen.
Neben Pöbeleien gegen anwesende Fotografen durch Betrunkene gab es mit
einem beginnenden Umzug ab zirka 19:15 Uhr einiger erste ernstere
Provokationen gegenüber den eingesetzten Beamten. Der Zug wanderte bis
etwa 19:30 Uhr vom Herderplatz, über Wolfgang-Heize, Kreuz, Bornaische
Straße zum Endpunkt „Netto“-Markt, wo dann die Forderung "Mehr Bier im
Revier" die letztlich verbleibende Parole schien. Einige Personen
setzten sich anschließend noch auf die Gleise direkt davor, so dass die
offenbar vorbereitete LVB kurzzeitig begann, Bahnen umzuleiten.
Man kennt es ja, was so alles geschehen kann, wenn man zu den letzten
einer bis dahin fröhlichen Party zählt. Die wirklich Fröhlichen sind
schon zu Hause oder mit privaten Dingen beschäftigt, aber Einige wollen
mehr erleben.
Zirka 10-15 Beamte begannen, die auf der Straße sitzenden Personen
aufzufordern, diese zu räumen. Dabei kam es zu einer Rangelei zwischen
einer Frau und mehreren Polizeibeamten – ein Vorgang, welchen die
Polizei in ihrer Mitteilung nach Einsatzende unerwähnt ließ. Da die Frau
sehr stark hustete, einen Arzt auf Nachfrage der Beamten aber nicht
kommen lassen wollte, kam es parallel zu ersten Debatten mit anderen
Teilnehmern. Vorwürfe Umstehender ein Polizist habe sie geschlagen,
führten gegen 20 Uhr nochmals zu einer Rangelei vor dem Netto-Markt. Die
(nicht geschlagene) aber ruppig durchsuchte Frau wurde abgeführt und
die Beamten versprühten während der Aktion einmal kurz Pfefferspray, um
Demo-Teilnehmer auf Abstand zu halten.
Wenn also ein Polizeibeamter einen Fotografen der L-IZ bedroht und trotz Vorweisung des Presseausweises eine aggressiv eingeforderte „Personalienfeststellung“ durchführen möchte, ist dies ein Angriff auf einen Kollegen. Zitat des Beamten (Audiomitschnitt darüber liegt vor): "Wenn Sie Bilder veröffentlichen, auf denen die Gesichter von Beamten zu sehen sind, hat das Konsequenzen". Die erfolgreiche Weigerung der Personalienfeststellung durch unseren Kollegen, da keine Straftat (welche auch) durch ihn begangen wurde, also keine Berechtigung zu einem solchen Schritt vorliegt, endete heute mit einer Entschuldigung des Einsatzleiters. Das Verhalten des Beamten sei nicht korrekt gewesen und das Recht der Presse sei zu gewährleisten.
Polizisten sind und bleiben Bürger in Uniform und sollten nicht in der "Cop Culture" enden. Keine „Spezies“, kein abgeschlossenes Biotop und damit keine Sondergruppe der Gesellschaft. Auch nicht nach der ansonsten gelungenen Satire der "No Police District" (NPD) in Connewitz, welche ihren Sinn genau darin findet. Neben dem Protest gegen rechtsradikale Umtriebe in Leipzig.
Das darf Satire übrigens mindestens. Linksdrehendes Radio bei Radio Blau im Gespräch mit "Alexander Scheffler" im Audio zum Nachhören
http://www.freie-radios.net/62013
Zum Artikel vom 21. Februar 2014 auf L-IZ.de
Fragwürdige Satire: Linke "Bürgerinitiative" bläst zum Protest gegen Connewitzer Polizeiposten
Zum Artikel vom 20. Februar 2014 auf L-IZ.de
Radio Blau schlägt Alarm: SLM kürzt Förderung für Sende- und Leitungskosten
Die Pressemitteilung der Polizei zum Einsatz
Ort: Leipzig (OT Connewitz), Biedermann-/Auerbachstraße
Zeit: 21.02.2014, 18:30 bis 19:15 Uhr
Unter dem Motto: „Connewitz steht auf – Gegen Minderheitenpolitik im
Rathaus“ meldete die Veranstalterin „No police districte (Npd)
Connewitz“ (Anmerkung: Schreibfehler aus Original übernommen) für den
heutigen Abend eine Versammlung mit etwa 35 Teilnehmern an. Tatsächlich
kamen etwa 200 Personen des linken Spektrums zum Ort der „Kunstaktion“
oder verweilten in unmittelbarer Nähe.
Der seitens der Versammlungsbehörde zu- und ausgewiesene
Versammlungsplatz – ausschließlich in der Auerbachstraße – fand jedoch
wenig Zulauf. Auf zahlreichen Schildern und Transparenten waren Sprüche
wie „Euch mögen wir hier nicht“ oder „Du schlägst gern Demonstranten
oder die Zeit tot? Dann komm zum Polizeirevier Südost!“ zu lesen.
Gegenüber den anwesenden Polizeibeamten äußerten die Teilnehmer ihre
Meinung zudem durch Rufe wie: „Euer Lohn könnte mein Hartz sein.“ und
durch Sprechchöre.
Deren Inhalt lautete unter anderem: „Ja zum Bier, nein zum Revier!“,
„Wir sind Assis, was seid ihr?“ oder „Eure Kinder kaufen bei uns ihr
Gras.“ Nachdem über Megaphon ein mehrseitiger Schriftsatz verlesen war,
wurde die Versammlung seitens der Leiterin, Frau Juliane Nagel, für
beendet erklärt.
Das war jedoch kein Grund, den Ort gleich zu verlassen. Die
Versammlungsteilnehmer rückten lieber ein Stück in Richtung der
Wiedebachpassage vor, skandierten nochmals ihr „satirisches“ Repertoire,
entblößten teilweise ihr Hinterteil und warfen mit Tampons.
Anschließend verließ die Mehrheit den Ort und lief geschlossen über die
Wolfgang-Heinze-Straße, das Connewitzer Kreuz und die Bornaische Straße,
wo sich der Aufzug letztlich in Einzelgruppen auflöste. Kurt Tucholski
stellte einst die in der Überschrift aufgeworfene Frage und antwortete:
„Alles." Schade, dass er die Fragen nach dem Wer und Wie nicht so
eindeutig beantwortet hat. So wäre den Anwohner am Versammlungsort, den
Teilnehmern, der Versammlungsleiterin und den anwesenden Polizeibeamten
wahrscheinlich eine Peinlichkeit erspart geblieben.