In Österreich wird dieser Tage über vom Arbeitsamt (AMS) verordnete „Kurse“ für Arbeitslose diskutiert. Ausgelöst durch einen öffentlich gewordenen Fall eines 62jährigen Mannes, der wenige Wochen vor Pensionsantritt einen Kurs für Karriereplanung absolvieren sollte, fragten Kommentatoren in mehreren Medien nach der „Sinnhaftigkeit“ solcher Kurse. Nun soll überprüft werden, was mit Millionen an Steuergeldern da eigentlich finanziert wird.
Dabei ist festzuhalten, dass Zwangskurse für Arbeitslose ganz und gar nicht sinnlos sind. Ganz im Gegenteil – diese sind ein essentieller Bestandteil der behördlichen Disziplinierungs- und Bestrafungsstrategie gegen Arbeitslose. Arbeitslos zu sein wird in der Öffentlichkeit zumeist immer noch als persönliches Versagen der Betroffenen gesehen. Und wer zu blöd oder zu faul ist, Arbeit zu finden, der muss natürlich bestraft und diszipliniert werden. Wäre ja noch schöner, wenn die Arbeitslosen an den Tagen, wo sie nicht am Amt aufkreuzen und sich von arroganten Arbeitsamt-Angestellten belästigen lassen müssen, auch noch was Sinnvolles mit ihrem Leben machen würden. Und sinnvoller, als in „Aktivierungskursen“ fiktive Bewerbungen zu schreiben oder in qualitativ grottigen Kursen Dinge zu pauken, die einem weder persönlich noch für die Jobsuche was bringen, ist eigentlich so ziemlich alles – auch Ausschlafen.
Wer aufmuckt, dem wird die Kohle gestrichen
Zudem handelt es sich bei den Kursen um einen florierenden Wirtschaftszweig. Am „Arbeitsmarktservice“, wie das Arbeitsamt in schönstem neoliberalen Sprech in Österreich heißt, hängt eine ganze Kurs-Industrie. Für dutzende privat betriebene Institute lautet das Geschäftsmodell: Kohle vom AMS abgreifen und dafür Kurse anbieten, nach deren Qualität in der Regel niemand fragt.
Die zwangsbeglückten Arbeitslosen drücken die paar Wochen durch und sind froh wenns vorbei. Sich aufzuregen, so fürchten die meisten, bringt bestenfalls Ärger. Immerhin wird neuen Arbeitslosen gleich zu Beginn ihrer „Betreuung“ durch das AMS in einem Informationsblatt gedroht, dass einer der „Gründe für Einstellung der Auszahlung finanzieller Leistungen“ die Nicht-Teilnahme an einem „vereinbarten“ Kurs ist „oder wenn Sie durch Ihr Verhalten den Erfolg eines Kurses gefährden.“ Sprich: Wer aufmuckt, dem wird die Kohle gestrichen.
Die unterbezahlten und oftmals überforderten TrainerInnen solcher Kurse wiederum sind froh, dass sie einstweilen noch auf ihrer Seite des Kursraumes stehen. Denn viele dieser Privat-Institute haben während der vergangenen Jahre massiv gekürzt: Jobs, Gehälter, Lehrmittel. Was am Ende rauskommt, ist in der Regel nichts als Geld-, Zeit- und Nervenverschwendung für alle Beteiligten.
Alle, die schon mal in die Fänge der Arbeitslosenkurse-Industrie geraten sind, erzählen dieselben Geschichten. Und diese hören sich immer wie Variationen des Märchens „Des Kaisers neue Kleider an“: jeder weiß, dass das System eine Riesenunsinn ist, aber niemand wagt es auszusprechen. Das führt dazu, dass die Vorstellung, die hinter dem Weiter„bildungs“system steht, unhinterfragt bleibt. Die Vorstellung nämlich, dass sich Arbeitslose nur die richtigen skills anzueignen brauchten – je nachdem was am Markt gerade gefragt ist – und schon geht’s los mit der Karriere. Wenn es dann doch wieder nicht klappt, weil sichs der Markt, das launische Wesen, anders überlegt hat, dann bleibt bei den Betroffenen Frust und das Gefühl, wieder einmal versagt zu haben. Und genau das ist der Sinn der Arbeitslosen-Kursindustrie: die Vorstellung zu zementieren, dass Arbeitslosigkeit die Schuld jedes und jeder Einzelnen ist. Schließlich wissen wir auch aus den täglichen Ergüssen von Mainstream-Medien und Kulturindustrie ganz genau, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist. Das System ist schuld, sagt ihr? Übernehmt endlich Verantwortung für euer Leben, sagt das Arbeitsamt und steckt uns in den nächsten Trottelkurs.
- Von Karl Schmal // http://lowerclassmagazine.blogsport.de