"Vielleicht wars ja Tarnung"

Erstveröffentlicht: 
02.09.2009

WEIL AM RHEIN, 02. SEPTEMBER 2009


"Vielleicht wars ja Tarnung"

 

Mutmaßlicher Bombenbastler in seinem Schützenverein nie aufgefallen

 

Nach der Festnahme des mutmaßlichen Bombenbastlers in Weil am Rhein lässt aufhorchen, dass er legaler Waffenbesitzer war - als Sportschütze. Im Schützenverein ist niemand etwas aufgefallen.

 

Hobbyschütze am Schießstand. Der mutmaßliche Bombenbastler von Weil am Rhein hat als Sportschütze in einem Verein legal eine Kleinkaliberwaffe besessen. Die Polizei fand bei dem Rechtsextremisten auch ein Schweizer Sturmgewehr, das dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterliegt, und ein nicht funktionsfähiges Gewehr. Archivfoto
Der 22-jährige mutmaßliche Bombenbastler aus der rechten Szene, der seit Donnerstag letzter Woche in Untersuchungshaft sitzt, ist in seinem Schützenverein in Weil am Rhein (Kreis Lörrach) nie mit rechten Sprüchen oder Neonazi-Auftreten aufgefallen. "Das war im Verein immer ein zurückhaltender, junger Bursche, ich habe mich mal mit ihm über seine Altenpflegerausbildung unterhalten", sagt Joachim Pauls von der Schützengesellschaft Haltingen 1863. Der Verein hat rund 100 Mitglieder, auf vier Schießständen können Jugendliche und Erwachsene Sportschießen üben.

Bei dem 22-jährigen Rechtsextremisten stellte die Polizei bei einer Hausdurchsuchung vor acht Tagen neben Chemikalien zum Bombenbau ein Sturmgewehr sicher, das vermutlich illegal in der nahen Schweiz gekauft worden ist. Für eine scharfe Pistole, Kaliber 22, hatte der "Stützpunktleiter" der NPD-Jugendorganisation eine Waffenbesitzkarte - als Sportschütze.

"Er hatte für uns eine weiße Weste", sagt Oberschützenmeister Pauls, alles sei einwandfrei gelaufen, als er unter seinem Vorgänger Ende 2007 in den Verein aufgenommen worden sei. Der junge Mann habe auch nie versucht, an großkalibrige Waffen heranzukommen. Solche Versuche seien ein Warnsignal, das lasse man Mitgliedern nicht durchgehen - "die müssen dann gehen". Bei dem 22-Jährigen habe es aber keine Auffälligkeiten gegeben. "Vielleicht war das alles Tarnung, das weiß man ja nicht", sagt Pauls. Jetzt werde das "Noch-Mitglied" aus dem Verein ausgeschlossen.

Auch im Rathaus von Weil am Rhein, als Ortspolizeibehörde zuständig für die Vergabe der Waffenbesitzkarte, verweist man darauf, dass alles rechtmäßig abgelaufen sei. Es habe keine Hinweise darauf gegeben, dass mit dem 22-Jährigen etwas nicht stimmte, betont Hauptamtsleiter Christoph Huber. Das Verfahren zum Erteilen einer Waffenbesitzkarte sei genau beachtet worden: Wer eine Besitzkarte vom Amt will, muss zuerst zwölf Monate in einem Schützenverein mitmachen, muss eine Sachkundeprüfung und Schießübung nachweisen und wird dann von den Behörden überprüft. Wer noch keine 25 ist, darf auch nur bestimmte Kaliber benutzen. Werden neue Waffen gekauft, müssen die auch wieder eingetragen werden. Gegen Thomas B. lag auf dem Rathaus nichts vor - kein Hinweis der Kriminalpolizei oder des Verfassungsschutzes, kein Eintrag im Führungszeugnis. "Und ins Gehirn kann man ja nicht reinsehen", meint ein Rathausbeamter.

Der 22-Jährige sei zwar polizeilich aufgefallen, zwei Verfahren gegen ihn wurden aber 2006 und 2008 ohne Verurteilung eingestellt, bestätigt der Lörracher Staatsanwalt Otto Bürgelin. Das Verfahren wegen Körperverletzung im vergangenen Jahr sei gegen eine Geldauflage an das Opfer eingestellt worden.

Gegen den mutmaßlichen Bombenbastler wird wegen "Vorbereitung einer Sprengstoffexplosion in fortgeschrittener Tathandlung" ermittelt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft drohen dafür zwischen sechs Monate und fünf Jahre Haft, wird der Besitz des Schweizer Sturmgewehrs als Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz geahndet, ist eine Strafe zwischen einem und fünf Jahren möglich. Nach der Festnahme hat der 22-Jährige zu den Tatvorwürfen geschwiegen. Gestern wollte das Landeskriminalamt keine neuen Details nennen, es verwies auf laufende Ermittlungen.