Nach einer britischen Studie sind schon 13-Jährige geplagt, die herrschende Körpernorm einzuhalten, und entwickeln Essstörungen. Schon früh beginnt die Sorge, dass der Körper, in dem man wie in einem Futteral steckt, nicht den herrschenden Normen entspricht. Nach der Explosion des Übergewichts und der Fettleibigkeit soll der Körper möglichst abgemagert aussehen, Twiggy kehrt wieder, Dicke sind hässlich, Fett ist verpönt, Übergewicht, gar Fettleibigkeit wird insgeheim mit Unterschicht, Hemmungslosigkeit, mangelnder Sorge um sich selbst, also Verwahrlosung, assoziiert. Man überlässt sich nicht mehr dem Körper und geht seinen Wünschen nach, puritanisch wird er in einer exzessiven Sorge um sich modelliert und normiert. Man hat einen Körper, mit dem man sich präsentiert, ist aber immer weniger beleibt.
60 Prozent der 13-jährigen Mädchen grämen sich, fett zu werden oder überhaupt an Gewicht zuzulegen. Jungen hat die Normierungswelle bislang noch etwas weniger erwischt. Nach einer im Journal of Adolescent veröffentlichten Untersuchung des UCL Institute of Child, für die Daten aus einer Langzeitstudie von mehr als 7000 Jugendlichen ausgewertet wurden, sind aber auch schon 40 Prozent von der Sorge um das Körpergewicht betroffen. Extrem verängstigt über zu viel Körpergewicht sind 11,5 Prozent der Mädchen und 4,7 Prozent der Jungen, aber Körpergewicht und Körperform spielen für ein Drittel der Mädchen und ein Fünftel der Jungen eine wichtige Rolle.
Die Dreizehnjährigen scheinen schon auf der Bühne der sexuellen Selektion gefangen zu sein, obgleich nach Studien Asexualität zunimmt. Die Normierung des Körpers ist natürlich nicht nur wichtig auf der Bühne der Partnerwahl, sondern allgemein, um Freunde und einen Job zu finden, oder überhaupt, um in der Öffentlichkeit selbstbewusst auftreten zu können. Man sieht sich mit dem Blick des Anderen, als Objekt im Spiegelbild, mit den Normen, die überall in Bild und Text verbreitet werden.
Dick ist dumm, so die Drohkulisse. Wer nicht trainiert, ist außen vor. Deswegen haben sich die Jogger und andere exzessive Körperbeweger explosiv vermehrt. Alles wird ausgenutzt, um durch Arbeit seinen Körper fit und in Form zu halten, selbst mit dem Kinderwagen wird gejoggt, auch der Hund muss mitlaufen, während der Körper permanent gemessen, überwacht und seine Leistung mit der von anderen verglichen wird. Das eben ermöglicht Normierung. Schon 27 Prozent der Mädchen und 23 Prozent der Jungen beginnen, sich sportlich zu betätigen, um abzunehmen oder schlank zu bleiben.
Auch auf das Essen wird geachtet, weswegen sich die Jugendlichen dem Einfluss der Lebensmittelkonzerne und Fastfood-Ketten angeblich zu entziehen scheinen. 53 Prozent der Mädchen und 41 Prozent der Junge sagen zumindest, dass sie fetthaltige Lebensmittel vermeiden. Und 26 Prozent der Mädchen und 14,5 Prozent der Jungen haben zumindest einmal in den letzten drei Monaten weniger gegessen, also gefastet, Mahlzeiten ausgelassen oder Essen weggeworfen.
Aber mit 13 Jahren scheint man noch auf Abführmittel zu verzichten, man bringt sich auch praktisch nicht zum Erbrechen, um abzunehmen. Zum Bingeing, das es nicht nur beim Trinken, sondern auch beim Essen gibt, neigen 4,7 Prozent der Mädchen und 5 Prozent der Jungen. Das übermäßige Essen, bei dem man die Kontrolle verliert, könnte eine Reaktion auf die Panik vor dem Dickwerden sein. Natürlich steigt dabei auch die Wahrscheinlichkeit drastisch an, übergewichtig zu werden. Wer davor Angst hat und sich ungesunden Diäten unterwirft, riskiert allerdings stärker, auch tatsächlich übergewichtig zu sein. Noch sind Essstörungen bei den Jugendlichen noch nicht voll ausgeprägt, aber sie haben bereits, so die Autoren, einen negativen Einfluss auf ihre psychische und körperliche Gesundheit.