Rechtsextreme in der Krise: Hardliner Pastörs ist neuer NPD-Chef

Erstveröffentlicht: 
10.01.2014

Er soll für einen Erfolg der angeschlagenen NPD bei den nächsten Wahlen sorgen: Der bisherige Vize Udo Pastörs ist zum neuen Vorsitzenden gewählt worden - vorerst bis zum Herbst. Der vorbestrafte 61-Jährige wird die Partei radikalisieren.


Hamburg/Dresden - Udo Pastörs ist neuer NPD-Vorsitzender. Der Vorstand stimmte am frühen Freitagabend in Dresden für den bisherigen Vizechef. Er soll die rechtsextreme Partei führen - bis auf weiteres, vermutlich bis zum Herbst. Im August und September stehen in Sachsen, Brandenburg und wohl auch Thüringen Landtagswahlen an.

 

Der 61-jährige Pastörs übernimmt die Parteispitze von dem zurückgetretenen Holger Apfel, der mittlerweile auch die NPD verlassen hat. Er soll zwei junge Männer, Anfang 20 Jahre, 2008 und 2013 belästigt haben. Die Vorwürfe gegen Apfel und die Umstände seines Abgangs sind bisher nicht genau geklärt, auch dies ist Thema einer Präsidiums- und Vorstandssitzung in Dresden am Freitag. Die Parteispitze hat eine Untersuchung angesetzt. In den vergangenen Tagen kursierten immer wieder Gerüchte über eine mögliche Intrige, welcher der 43-jährige Apfel zum Opfer gefallen sein könnte. Apfel habe sich in diesem Jahr bisher nicht weiter zu den Vorwürfen erklärt, wie es in Parteikreisen hieß. Er ist für Stellungnahmen nicht erreichbar.

 

Weitere Radikalisierung


Pastörs kündigte bereits vor seiner Wahl im Dezember "eine harte Hand" an, welche die NPD nun benötige. Er stehe "für eine klare und harte Linie sowie Disziplin", sagte er SPIEGEL ONLINE. Die NPD verliert immer mehr Mitglieder, zuletzt hatte sie nur noch 5400 Anhänger, zudem ist die Partei hoch verschuldet.

 

Der Fraktionschef im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern wird die Partei nun wohl weiter radikalisieren. Apfel hatte sich um eine seriöse Fassade bemüht - dessen Konzept der "seriösen Radikalität" wird Pastörs nicht fortsetzen. Der neue Parteichef tritt verbal deutlich radikaler als Apfel auf, auch wenn er sich in letzter Zeit - zumindest öffentlich - versucht hat mehr zurückgehalten, was sicherlich mit dem neuen Verbotsverfahren gegen die NPD zu tun hat.

 

"Auschwitzprojektion" und "Propagandalügen"


In dem Antrag der Bundesländer taucht Pastörs mit seinen Äußerungen mehrmals auf. Dort findet sich auch seine Aschermittwochsrede aus dem Jahr 2009: Europa sei "das Land der weißen Rasse" und habe ein Recht darauf, dies "notfalls mit militärischer Gewalt sicherzustellen", heißt es da. Diese Aussage soll unter anderem belegen, dass die NPD ideologisch auf einer Linie mit der Hitler-Partei NSDAP steht.

 

Mehrere Male musste sich Pastörs bereits vor Gericht verantworten wegen Aussagen zu türkischen "Samenkanonen", der deutschen "Judenrepublik" oder Äußerungen zum Holocaust.

 

Pastörs, der nach dem ersten Verbotsverfahren 2003 in die NPD eintrat, ist vorbestraft. Im August 2012 hatte das Amtsgericht Schwerin ihn wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener in Tateinheit mit Verleumdung zu acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Pastörs hatte den Holocaust geleugnet. Anlass waren Äußerungen, in denen er von "Auschwitzprojektion" und "Propagandalügen" sprach.

 

Verzahnung mit den Kameradschaften


In Pastörs' Heimat in Mecklenburg-Vorpommern sind die rechtsextreme Partei und die Freien Kameradschaften eng miteinander verzahnt. Der Fraktionschef gilt als Integrationsfigur zwischen Partei und den radikaleren Kameraden. Ein Kurs, den bereits der langjährige Ex-Chef Udo Voigt verfolgt hatte. Den will Pastörs wieder verstärkt in die Parteiarbeit einbinden - ein Schritt, den Apfel abgelehnt hatte.

 

Die Kameradschaften sind wichtig für die Organisation und Durchführung der NPD-Wahlkämpfe, für die viel Personal benötigt wird. In diesem Jahr stehen in elf Bundesländern auch Kommunalwahlen an, zudem wird am 25. Mai das Europaparlament gewählt.

 

In der NPD wetteifern gleich mehrere um die Spitzenkandidatur bei der Europawahl: Pastörs hatte im Herbst seine Bewerbung angekündigt. Außer Voigt hat unter anderem auch Bundesvize Karl Richter Ambitionen. Es wird also zu einer Kampfabstimmung auf dem Parteitag nächste Woche kommen.

 

Vorsichtshalber wird das Treffen am 18. Januar überwiegend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Sicherlich wird auch noch mal der Rückzug von Apfel ein Thema werden, der bisher formal noch nicht aus der sächsischen Landtagsfraktion ausgetreten ist. Auch sein Landtagsmandat in Dresden hat er immer noch - sehr zum Unwillen seiner Parteifreunde - sie drängen ihn, dieses aufzugeben.