Bombenbauer in Haft

Erstveröffentlicht: 
28.08.2009

Neonazi hatte Waffen, Chemikalien und Zünder

 

Bombenbauer in Haft

Durch eine Anzeige kam die Polizei auf die Spur des 22-Jährigen aus Lörrach: Der Rechtsextremist soll einen Anschlag geplant haben, möglicherweise war das Autonome Zentrum KTS in Freiburg im Visier.


Lörrach. Er war Altenpfleger, Zeitsoldat und Kampfsportler. Vor allem aber war der 22 Jahre alte Mann ein Waffennarr, ein Neonazi - und ein passionierter Bombenbauer. Buchstäblich in letzter Minute scheint die südbadische Polizei einen Rechtsextremen dingfest gemacht zu haben. Der Mann soll Bombenanschläge geplant haben, er hortete Waffen, Sprengstoffmaterialien und Zünder. "Mit den bei einer Hausdurchsuchung entdeckten Chemikalien hätte der Mann innerhalb weniger Stunden explosionsgefährliches Material herstellen können", sagte ein Polizeisprecher in Lörrach.

Der Name des Mannes findet sich schon häufiger in den Akten der Ermittler, über sein Motiv muss die Polizei aber spekulieren: Der 22-Jährige schweigt zu den Vorwürfen. Deshalb ist auch nicht klar, ob er als Einzeltäter handelte oder ob noch weitere Neonazis in der Region von den möglichen Plänen des Mannes wussten. "In größerer Menge" hatte sich der mutmaßliche Bombenbauer in den vergangenen Monaten einen Vorrat an Chemikalien zugelegt. Nach Informationen der "Badischen Zeitung" soll der Mann seit Ende 2008 systematisch und zum Teil über die Adressen anderer Rechtsextremisten Chemikalien wie Kalkammonsalpeter, Wasserstoffperoxid, Schwefelsäure, Nitromethan und Calciumkarbid bei verschiedenen Versandfirmen in erheblichen Mengen gekauft haben.

"In zwei bis vier Stunden hätte er etwas herstellen können, das mit einer Handgranate vergleichbar ist", sagte Jürgen Winkler von der Polizeidirektion Lörrach. "Fatale Explosionen" wären dann möglich gewesen. Zündschnüre und Bauteile für Fernzündungen oder zum Herstellen von Rohrbomben wurden bei dem Mann ebenso entdeckt wie Fachliteratur zum Thema Sprengstoff. Außerdem stellte die Polizei Gewehre und Pistolen sicher. "Bei seiner Festnahme führte er zwei Messer im Rucksack und eines im Gürtel mit sich", teilte ein Polizeisprecher weiter mit. Schon seit längerer Zeit hat die Polizei den Mann im Visier. Ein am vergangenen Sonntag eingegangenes anonymes Schreiben brachte dann die notwendige Sicherheit. Die Polizei rückte an und durchsuchte die Wohnung in Weil am Rhein, in der der Angeklagte mit seinen Eltern wohnt. Die Beamten wurden fündig, die Handschellen schnappten zu.

Was genau der 22-Jährige vorhatte? Darüber rätseln die Ermittler noch. "Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass als wahrscheinliches Anschlagsziel die Kreise der Antifa infrage kommen", sagte Engelbert Brüstle, der Leiter der Kriminalpolizei in Lörrach. In Freiburg wird darüber spekuliert, dass das KTS, ein Treff der autonomen Szene, mögliches Ziel für einen Anschlag war. Konkrete Pläne seien nicht gefunden worden, berichtete ein Polizeisprecher. Der Festgenommene ist eine Führungsgröße der südbadischen Nazi-Szene und "Stützpunktleiter" der NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten Lörrach" (JN). Das bestätigte die Polizei. "Die Aktivitäten im rechten Bereich haben hier zugenommen", sagte Brüstle. Die Anzahl der Rechtsextremen im Kreis Lörrach läge im zweistelligen Bereich.

Linksgerichtete Gruppen hatten in den vergangenen Wochen über den jungen Mann im Internet berichtet und private Details veröffentlicht. In Freiburg wird auch darüber spekuliert, dass das anonyme Schreiben an die Polizei aus Antifa-Kreisen stammt.

Der 22-Jährige macht nach Polizeiangaben eine Ausbildung zum Altenpfleger. Als Mitglied eines Schützenvereins hat er einen Waffenschein. Neben der erlaubten Kleinkaliberpistole fand die Polizei scharfe Munition und ein Schweizer Sturmgewehr, das dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterliegt. Außerdem wurde ein Gewehr entdeckt, das nicht funktionierte, sowie zahlreiche Messer und Dolche. Ein Richter habe Haftbefehl erlassen, teilte die Polizei mit. lsw/AP/eb