Geldstrafe für Blockierer beim Polizeieinsatz

Erstveröffentlicht: 
03.09.2009

Geldstrafe für Blockierer beim Polizeieinsatz

 

In der Nacht von 27. auf den 28. Juli 2006 gegen Mitternacht nahm die Freiburger Polizei an der Unterführung nahe dem BZ-Haus in der Basler Straße einen Graffiti-Sprayer fest. Als die Beamten den Mann aufs Revier bringen wollten, kamen ihm aus dem nahe gelegenen autonomen Zentrum KTS nach und nach immer mehr Menschen zur Hilfe. Rund 120 Personen blockierten schließlich den Polizeiwagen und verhinderten so, dass er mit dem Festgenommenen wegfuhr.


In dem Tumult wurde das Auto durch Tritte beschädigt – und ein Polizist durch eine Flasche schwer am Auge verletzt. Wer die Flasche geworfen hatte, konnte die Polizei nicht ermitteln. Weil er zu den Blockierern gehörte, die das Auto am Wegfahren hinderten, wurde nun aber ein 25-Jähriger Mann auch in zweiter Instanz zu einer Geldstrafe wegen Landfriedensbruchs verurteilt.

Der Jurastudent war erst im Mai 2007, also zehn Monate nach dem Vorfall, zufällig auf einer Demonstration von einer Polizistin wiedererkannt worden, die auch an der Festnahme des Sprayers beteiligt gewesen war. Wegen seines markanten Aussehens sei ihr der Mann in Erinnerung geblieben, sagte sie damals aus. Aufgrund dieser Aussage wurde der Mann im Dezember 2008 vom Freiburger Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt.

Dem Angeklagten konnte weder eine Beteiligung an der Verletzung des Polizisten noch an der Beschädigung des Polizeiwagens nachgewiesen werden. Dass er gemeinsam mit anderen Beteiligten – viele von ihnen waren Teilnehmer des damals in Freiburg stattfindenden linksalternativen Do-it-yourself-Festivals – die Polizisten am Wegfahren gehindert und dadurch die Gewalttaten mit ermöglicht habe, wertete das Gericht aber als Landfriedensbruch. Dagegen hatte der Mann Berufung eingelegt.

Vor dem Landgericht ließ der Angeklagte nun durch seinen Anwalt erklären, dass er die Berufung auf die sogenannten Rechtsfolgen beschränke: Das Gericht musste also nicht die gesamte Beweisaufnahme wiederholen, sondern nur die Strafe neu diskutieren.

120 Tagessätze à zehn Euro – so das Urteil der ersten Instanz – seien aus mehreren Gründen deutlich zu viel, erklärte sein Verteidiger. Der Angeklagte habe sich zwar unter den Personen befunden, die den Abtransport des Sprayers verhindern wollten, ihm könnten aber "keine konkreten Handlungen" zugeordnet werden.

Außerdem hätte das Amtsgericht eigentlich gemeinsam mit zwei anderen Verurteilungen des Angeklagten – Körperverletzung bei einer Demonstration und Hausfriedensbruch bei einer Besetzung – eine sogenannte Gesamtstrafe bilden müssen, was rechnerisch zu niedrigeren Einzelstrafen geführt hätte. Drittens sei der festgesetzte Tagessatz von zehn Euro für einen Studenten, der "am unteren Ende des Existenzminimums" lebe, deutlich zu hoch.

60 Tagessätze à fünf Euro lautete daher der Antrag des Verteidigers. Den fünf Euro stimmte auch der Staatsanwalt zu, forderte aber trotz "Härteausgleich" für die entgangene Gesamtstrafe noch 100 Tagessätze: Der Angeklagte habe "durch sein Verhalten massive Gewalttaten ermöglicht". Mit ihrem Urteil landete die Strafkammer des Landgerichts schließlich genau in der Mitte: 80 mal fünf Euro. Der Angeklagte nahm das Urteil an.