Französische Regierung kritisiert, dass Abtreibung in Spanien strafbar wird

Erstveröffentlicht: 
24.12.2013

Frauen gehen in Spanien gehen gegen den "Rückschritt in die Franco-Diktatur" auf die Straße und Andalusien kündigt Verfassungsklage gegen das neue Gesetz an. Von Ralf Streck.

 

Nach langem Hin und Her hat Spanien ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk für Frauen verabschiedet. Kurz vor Weihnachten wurde im Kabinett die Verschärfung des Abtreibungsgesetzes beschlossen, um die starke katholische Kirche zu beruhigen. Dabei war 2012 die Zahl der Abtreibungen um 5 Prozent gesunken.

 

Von einem Abtreibungsrecht ist nichts mehr übrig, denn das Gesetz ist noch schärfer als die Regelung von 1985. Es werden nicht nur alle Verbesserungen für Frauen gestrichen, die unter der sozialdemokratischen Vorgängerregierung gegen den erbitterten Widerstand katholischer Fundamentalisten eingeführt wurden. Die ultrakonservative Volkspartei (PP), die gerade im korrupten Schwarzgeldsumpf versinkt, fällt noch hinter Regelungen zurück, die sie in ihren Regierungsjahren von 1996 bis 2004 unangetastet ließ.

 

Geschockt sind nicht nur die gesamte Opposition und Frauenorganisationen, die sich wahlweise ins Mittelalter oder in die Franco-Diktatur zurückversetzt fühlen, sondern auch die französische Regierung. Die Regierungssprecherin Najat Vallaud-Belkacem zeigte sich im Interview "geschockt und bewegt". Sie hat sich in einem Brief an die spanische Regierung gewandt und den "Rückschritt" beklagt. Es sei "furchtbar", wenn sich ein Land, das sich in eine Referenz für Frauenrechte und für den Kampf gegen Gewalt gegen Frauen verwandelt hatte, sich derart rückwärts entwickelt.

 

Neben neuen Protesten der linken Opposition und Frauenrechtlerinnen, will die Regionalregierung in Andalusien gegen das geplante Gesetz vor dem Verfassungsgericht klagen. Es ist zwar noch nicht durch das Parlament, doch haben die Gegner wenig Hoffnung darauf, dass sie aus der absoluten Mehrheit der PP genug Frauen herausbrechen können, obwohl es klare Gegnerinnen und Gegner dieser Reform auch bei Konservativen gibt. Dazu gehört auch Parlaments-Vizepräsidentin Celia Villalobos und auch der stellverstretende PP-Fraktionssprecher Rafael Hernando hatte die restriktiven Pläne des Justizministers Alberto Ruiz Gallardón offen kritisiert. Die interne Kritik führte dazu, dass die Verabschiedung der Pläne im Kabinett fast zwei Jahre aufgeschoben wurde. Sogar die Präsidentin des katholischen Frauenverbands Mar Grandal meint: "Eine Frau muss frei über den Schwangerschaftsabbruch entscheiden dürfen."

 

Doch nach den Plänen des früheren Madrider Bürgermeisters, der in dieser Funktion als "liberaler" in der PP gehandelt wurde, soll ein Schwangerschaftsabbruch nun wieder strafbar werden. Er will die "Rechte von Ungeborenen" schützen und deshalb sollen sich Frauen nicht mehr in den ersten 14 Wochen frei zum Abbruch entscheiden können. Fristenlösungen sind in Europa üblich. In einem Referendum hatte sich auch das katholische Nachbarland Portugal 2007 zu einer solchen Lösung durchgerungen. Sogar Irland ist aus der Phalanx der strikten Abtreibungsgegner mit Polen und Malta ausgestiegen. Das strikte Verbot wurde kürzlich gelockert und erlaubt nun unter bestimmten Bedingungen einen Abbruch.

 

Spanien geht den Weg zurück in eine andere Richtung. Eine legale Abtreibung soll nur noch bei einer Vergewaltigung (nur wenn sie angezeigt wurde) möglich sein und wenn in besonders gravierenden Fällen von schweren Missbildungen des Fötus das Leben oder die Gesundheit der Mutter gefährdet ist. Wird dagegen verstoßen, macht sich nicht nur die Frau strafbar sondern auch der abtreibende Arzt. Die betroffene Frau wird zudem zum Spießrutenlauf gezwungen, denn zwei Ärzte müssen ihr "schwerwiegende Gefahr" attestieren. Ihr Arzt und ihr Gesundheitszentrum dürfen das nicht attestieren. Wer Geld hat, kann natürlich auch in Zukunft weiter abtreiben, so trifft der Zwang, Spanier zu produzieren, nur die steigende Zahl der armen Menschen. Und wie im Franquismus muss eine teure Reise nach Frankreich, Großbritannien oder die Niederlanden angetreten werden.

 

In Spanien sehen sich immer mehr Menschen durch eine Partei, die von einem Franco-Minister gegründet wurde und sich nie vom Putsch und der Diktatur distanziert hat, wieder im "Vorzimmer des Faschismus". Das geplante restriktive Abtreibungsgesetz ist nur ein Beispiel. Andere gibt es viele. Schlagzeilen machten kürzlich Strafrechtsverschärfungen oder die gravierende Beschneidungen des Demonstrationsrechts.