In Hamburg ist es bei der Demonstration für den Erhalt des linken Kulturzentrums Rote Flora zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstranten gekommen. Die Polizei löste die Veranstaltung auf. Grund seien massive Angriffe auf Beamte gewesen, sagte eine Polizeisprecherin.
Am Nachmittag hatten sich etwa 7.000 Menschen zum Protest im Schanzenviertel versammelt. Kurz nachdem sich der Demonstrationszug in Bewegung gesetzt hatte, stoppte ihn die Polizei. "Es hat von Anfang an eine aggressive Grundstimmung geherrscht, wir sind massiv angegriffen worden", begründete Polizeisprecher Mirko Streiber den Schritt. "Das ist derart gewalttätig gewesen, das haben wir lange so nicht erlebt."
Polizei kesselt Demonstranten ein
Demonstranten warfen Feuerwerkskörper, Flaschen und Steine. Die Polizei setzte Wasserwerfer sowie Pfefferspray ein. Die Polizei sperrte ganze Straßenzüge ab und kesselte Demonstrantengruppen ein. Sie versuchte nach eigenen Angaben, die Demonstranten festzusetzen, die Beamte angegriffen hätten.
Bei einem Drogeriemarkt wurden die Scheiben zertrümmert. Mehrere Demonstranten und Polizisten wurden verletzt. Bis zum frühen Abend zählte die Polizei 25 verletzte Beamte in ihren Reihen, ein Polizist aus Niedersachsen wurde durch einen Steinwurf so schwer verletzt, dass er bewusstlos ins Krankenhaus gebracht werden musste. Genauere Angaben zur Zahl der verletzten Demonstranten gab es zunächst nicht.
Demonstranten ziehen weiter zur Reeperbahn
Nach der Auflösung der Demonstration zogen die Randalierer in Gruppen in Richtung Reeperbahn weiter und lieferten sich unter den Augen von Theaterbesuchern und anderen Kiezbesuchern ein "Katz und Maus"-Spiel mit der Polizei. Auch dort kam es zu Auseinandersetzungen, bei denen die Polizei Schlagstöcke und Pfefferspray einsetzte. Unter anderem wurden bei einem SPD-Büro die Scheiben eingeworfen, Müll wurde angezündet. Die Reeperbahn wurde gesperrt. Polizisten fordern Besucher auf, die Amüsiermeile zu verlassen, da sie nicht ihre Sicherheit garantieren könnten.
Kritik an Polizeitaktik
Mehr als 2.000 Beamte sind heute im Einsatz. Die Polizei hat zur Unterstützung Kräfte aus mehreren anderen Bundesländern angefordert, etwa aus Niedersachsen, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg. Die Polizei hat die gesamte Innenstadt zum Gefahrengebiet erklärt. Zwischen 14 und 23 Uhr können Beamte dort ohne konkreten Verdacht Menschen durchsuchen oder in Gewahrsam nehmen sowie Platzverweise erteilen.
Christiane Schneider von der Bürgerschaftsfraktion der Linken kritisierte die Polizei für ihre "eskalierende" Taktik. Sie sprach von einer heftigen Auseinandersetzung, bei der auch Demonstranten heftig zur Sache gegangen seien. Es habe aber auch eskalierende Polizeieinsätze mit ziemlich brutalen Festnahmen und Schlagstockeinsätzen gegeben.
Auch die Demonstranten warfen der Polizei ein übertriebenes Verhalten vor. "Die Polizei war sehr aggressiv", sagt einer der Demonstranten. "Das Auftreten der Polizei ist schon sehr krass. So unkontrolliert und nervös haben wir es nicht erwartet", sagt ein anderer.
Kretschmer will Rote Flora nicht verkaufen
Im Streit über die Zukunft der Roten Flora im Schanzenviertel sind die Fronten verhärtet: Eigentümer Klausmartin Kretschmer will die "Besetzung" nicht weiter hinnehmen, die Rote-Flora-Unterstützer sind durch die Pläne Kretschmers für einen Neubau alarmiert. Kretschmer hatte die Räumung gefordert.
Kretschmer stellte klar, dass er die Rote Flora nicht an die Stadt verkaufen werde. Das Angebot der Stadt Hamburg sei nicht ernst zu nehmen. "Das kann nur ein Aprilscherz sein", sagte Kretschmers Immobilienberater Gert Baer am Freitag. Die Stadt hatte das Grundstück im Schanzenviertel 2001 an Kretschmer für umgerechnet knapp 190.000 Euro verkauft. Kretschmer habe seither aber auf Mieteinnahmen verzichten müssen und Kosten in Millionenhöhe gehabt, führte Baer an. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hatte sich zuvor im Interview mit NDR 90,3 offen für einen Rückkauf gezeigt.
Kretschmer machte im Vorfeld der Demo zudem deutlich, dass die Rote Flora keinesfalls vor Weihnachten geräumt werde. "Das ist nicht der Fall - so schnell schießen die Preußen nicht." Die Beendigung der Duldung, die Fristsetzung zum Auszug zum 20. Dezember und die monatliche Rechnungstellung einer Nutzungsgebühr von 25.000 Euro seien "nur die juristische Vorbereitung für eine spätere Räumung durch die zuständigen Behörden", so Kretschmer.