Der von den USA angeklagte ehemalige Geheimdienstmitarbeiter hat sich in einem offenen Brief an das brasilianische Volk gewendet. Er bietet seine Hilfe bei der Aufklärung der NSA-Abhöraktionen an, verlangt im Gegenzug aber Asyl.
(dpa) Der frühere amerikanische Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden will Brasilien bei der Aufklärung der Abhöraktivitäten helfen, wenn er dauerhaftes Asyl in dem Land erhält. Solange ihm ein Land kein permanentes politisches Asyl gewähre, werde die amerikanische Regierung ihn weiter daran hindern zu sprechen, schrieb Snowden in einem «Offenen Brief an das brasilianische Volk», der am Dienstag unter anderem in der Zeitung «Folha de São Paulo» veröffentlicht wurde. Die brasilianische Regierung hatte allerdings bereits im vergangenen Sommer abgelehnt, Snowden dauerhaft Asyl zu gewähren.
Snowden schrieb, sei beeindruckt von der starken Kritik Brasiliens an den Spähprogrammen der USA, die er enthüllt hatte. Wiederholt habe er seine Bereitschaft geäussert, Brasilien bei der Untersuchung möglicher illegaler Lauschangriffe gegen seine Bürger zu unterstützen. Präsidentin
Rousseff als Ziel der NSA-Abhöraktionen.
Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff war wie einige ihrer Amtskollegen in Lateinamerika und Europa persönlich Ziel von Ausspähaktionen des Geheimdienstes NSA. Wegen der Affäre hatte sie unter anderem einen im Oktober geplanten Staatsbesuch in Washington verschoben. Snowden wies in seinem Brief auf die detaillierten Kontrollmöglichkeiten der NSA hin, die unter anderem «5 Milliarden mal am Tag» weltweit Handy-Ortungen vornehme und dies unter dem Deckmantel der Datensammlung tue. «Meine grösste Angst war, dass niemand auf meine Warnungen hören würde. Niemals war ich so glücklich, so falsch zu liegen.»
Zahlreiche Anfragen für Unterstützung.
Die Reaktionen auf seine Mitteilungen in bestimmten Ländern hätten ihn begeistert, und Brasilien sei ganz sicher eines dieser Länder. Viele brasilianische Senatoren hätten für ihre Untersuchungen mutmasslicher Verbrechen gegen brasilianische Bürger seine Unterstützung angefragt. «Ich habe meine Bereitschaft erklärt, immer zu helfen, wenn es angemessen und rechtens ist, aber die amerikanische Regierung hat unglücklicherweise hart daran gearbeitet, meine Möglichkeiten dazu zu limitieren - und ist sogar soweit gegangen, die Präsidentenmaschine von (Boliviens Staatschef) Evo Morales zur Landung zu zwingen, um mich zu hindern, nach Lateinamerika zu reisen!»
Brief als Teil einer Online-Kampagne.
Die «Folha» berichtete, dass der Brief Snowdens an offizielle Stellen geschickt werde und Teil einer Online-Kampagne auf der Internetseite der Nichtregierungsorganisation Avaaz sein solle. Die Kampagne soll laut «Folha» im Namen Snowdens vom Brasilianer David Miranda geleitet werden, dem Lebensgefährten des in Rio lebenden Journalisten Glenn Greenwald, über den viele der Snowden-Enthüllungen publik wurden. Von der brasilianische Regierung gab es zunächst keine Reaktion auf den Brief.