Neonazi-Prozess: Plädoyers und Urteil erst im kommenden Jahr

Erstveröffentlicht: 
11.12.2013

Landgericht Freiburg

Der Riegeler Neonazi-Prozess verzögert sich wegen des vom Gericht in Auftrag gegebenen DNA-Gutachtens.

 

Von Peter Sliwka

 

RIEGEL/FREIBURG. Mit den Plädoyers und dem Urteil im Riegeler Neonazi-Prozess am Landgericht Freiburg ist erst Ende Januar 2014 zu rechnen. Das teilte am Dienstag der Vorsitzende Richter Arne Wiemann den Prozessbeteiligten und der Öffentlichkeit mit. Der Grund dafür liegt in der immer noch offenen Frage, ob eine menschliche Haar- und Hautspur von der Front des Wagens des Angeklagten mittels einer DNA-Analyse dem 21-jährigen Nebenkläger zugeordnet werden kann.

 

Das Gericht hatte die Untersuchung der von der Polizei am Spoiler des Wagens des Angeklagten gesicherten Spur während des Prozesses in Auftrag gegeben (die BZ berichtete). Damit folgen die Richter ihrer gesetzlichen Aufklärungspflicht. Sollte die Spur überhaupt gentechnisch ausgewertet werden können, was derzeit überprüft wird, soll sie mit der DNA des 21-jährigen Nebenklägers abgeglichen werden. Der aber wird sich, wie bereits angekündigt, mit Hilfe seines Anwalts gegen die Abgabe einer DNA-Probe sträuben. Das Gericht wird sich daher überlegen müssen, ob es die Entnahme einer DNA-Probe vom Nebenkläger per Beschluss anordnet.

 

Die Untersuchung soll Gewissheit darüber verschaffen, ob der Nebenkläger noch auf der Straße stand, als er von dem Wagen des Angeklagten erfasst worden ist. Das wäre der Fall, wenn die DNA aus der Spur mit seiner DNA identisch wäre. Bislang gehen sowohl der Unfallsachverständige als auch der Rechtsmediziner davon aus, dass der 21-Jährige auf die Motorhaube des direkt auf ihn zufahrenden Autos des Angeklagten gesprungen sein muss und nicht aufgeladen worden ist. Zwei weitere Personen aus der Gruppe des Nebenklägers hatten dem herannahenden Auto mit einem Sprung zur Seite ausweichen können. Der 31-jährige Angeklagte aus der Ortenau muss sich wegen seiner umstrittenen Fahrweise wegen versuchten Totschlags in drei Fällen verantworten.

 

Unbestritten ist, dass fünf Antifaschisten, darunter die drei Nebenkläger, am Abend des 1. Oktober 2011 den Angeklagten, der damals als rechtsextrem bekannt war, von dem Pendlerparkplatz bei Riegel vertreiben wollten. Dort wollte der Angeklagte ankommende Gesinnungsgenossen zu einer Szeneparty bei Bahlingen lotsen. Davon hatte auch der Staatsschutz erfahren. Zwei Staatsschützer aus Emmendingen hatten sich in Zivil auf Beobachtungsfahrt begeben. Nachdem sie in Bahlingen einige ihnen bekannte Fahrzeuge von Leuten der rechten Szene gesichtet hatten, waren sie zum Pendlerparkplatz gefahren. Da dort niemand war, fuhren sie Richtung Hecklingen und wendeten nach rund einem Kilometer.

 

Zeuge entschuldigt sich beim Nebenkläger

 

Auf der Rückfahrt zum Parkplatz kam ihnen der Wagen des Angeklagten entgegen. Der Angeklagte, so berichtete am Dienstag der zweite Staatsschützer als Zeuge, habe durch seine Fahrweise und mit Handzeichen auf sich aufmerksam gemacht. Nebeneinander kamen die Wagen zum Stehen. Sofort habe der Angeklagte aufgeregt und mit überschlagender Stimme berichtet, dass er soeben von sechs Vermummten aus der linken Szene angegriffen worden sei und einer auf sein Auto gerannt sei. Der liege jetzt auf der Straße. Der Staatsschützer, der den Eindruck hatte, dass der 31-Jährige damals nur wegwollte, forderte ihn dazu auf, an die Unfallstelle zurückzukehren.

 

Nachdem die Staatsschützer am Parkplatz angekommen waren und den Verletzten versorgt sahen, nahmen sie die Personalien der anwesenden Linken auf. Die dort umherstehenden Rechten glaubten sie alle zu kennen. Einer von ihnen wurde jedoch erst im Prozess namentlich von einem seiner Kameraden widerwillig benannt und am Dienstag erstmalig vernommen. Er ist der zweite aus der rechten Zeugenriege, der aus der Szene aussteigen will. Er versicherte, nichts von Gewalt zu halten und nannte das, was am Parkplatz vor seinem Eintreffen geschehen sei, "eine Eskalationsstufe zu hoch". Mit dem Angeklagten war er nie befreundet, kennt ihn aber von privaten Feiern. Nach Abschluss seiner Zeugenvernehmung wandte er sich mit der Bitte, noch etwas sagen zu dürfen, direkt an den 21-jährigen Nebenkläger: "Es tut mir echt leid, was da passiert ist, ob Du es mir glaubst oder nicht. Ich hoffe, dass Du wieder fit wirst. Es tut mir leid." Worte, auf die der 21-Jährige mit einem erstaunten Gesichtsausdruck reagierte.

 

Am 19. Dezember hofft das Gericht bekannt geben zu können, ob die Spur am Spoiler gentechnisch ausgewertet werden kann.