Uruguay wagt das Cannabis-Experiment

Erstveröffentlicht: 
12.12.2013

Uruguay tritt dem illegalen Drogenhandel mit einer Regulierung von Cannabis entgegen. Das Vorpreschen in der Drogenpolitik verunsichert die Nachbarn.

 

Tjerk Brühwiller, São Paulo

 

Der uruguayische Senat hat ein Gesetz verabschiedet, das Anbau und Vertrieb von Marihuana unter die Kontrolle des Staates stellt sowie den Eigenanbau gewisser Mengen für den Eigenkonsum erlaubt. Konsumenten über 18 Jahren können sich künftig registrieren lassen und die Droge legal in lizenzierten Apotheken erwerben. Der Konsum ist in Uruguay bereits heute straffrei.

 

Skepsis in Lateinamerika

 

Uruguay ist das erste Land, das eine derart weitgehende Legalisierung der Droge vorsieht. Ziel des Gesetzes ist es, dem organisierten Verbrechen das Wasser abzugraben. Der Krieg gegen die Drogen sei gescheitert, erklärte Senator Roberto Conde von der regierenden Mitte-Links-Koalition. Präsident Mujica nannte das Gesetz ein Experiment. Zweifel seien berechtigt, dürften einen aber nicht davon abhalten, neue Wege zu gehe.

 

Uruguays Weg, der gegen das internationale Einheitsabkommen über Betäubungsmittel verstösst, ist umstritten – nicht nur in Uruguay, sondern auch im restlichen Lateinamerika. Die deutlichsten Worte fand Paraguays Präsident Cartes, der das Gesetz eine Utopie nannte. Die Legalisierung werde das Problem des Drogenhandels nicht lösen. Skepsis zeigen auch andere Staaten, allerdings vor allem wegen des unilateralen Vorgehens. Man könne ein grenzüberschreitendes Problem nicht alleine lösen, gab Mexikos Aussenminister Meade zu bedenken. Auch Kolumbien, das wie Mexiko in einen überaus blutigen Drogenkrieg verwickelt ist, steht für eine überregionale Lösung ein.

 

Paradigmenwechsel.

 

Trotz den Widerständen setzt sich in der Region allmählich die Einsicht durch, dass der Drogenkriminalität mit blosser Repression nicht beizukommen ist. Die Organisation Amerikanischer Staaten schlägt inzwischen eine graduelle Entkriminalisierung der Drogen vor. Diskussionen in diese Richtung finden in ganz Lateinamerika statt. Auch im Rahmen der Friedensgespräche in Kolumbien wird über eine Entkriminalisierung gesprochen. Zu den flammenden Befürwortern eines Paradigmenwechsels in Lateinamerika gehören unter anderem die Ex-Präsidenten Mexikos und Brasiliens, Vicente Fox und Fernando Henrique Cardoso. Impulse dürften künftig auch aus den USA kommen, wo in den Gliedstaaten Washington und Colorado eine teilweise Legalisierung von Cannabis beschlossen wurde. Die USA sind weltweit der grösste Markt für Cannabis und Kokain.