Was kostet die Personalwerbung für die Bundeswehr?

Erstveröffentlicht: 
13.12.2013

Die Umstellung der Bundeswehr von einer Wehrpflichtigenarmee zu einer Armee, die ausschließlich Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit beschäftigt, ging einher mit einer Kürzung der Zahl der Soldaten auf 185.000. Da man aber Soldaten nicht mehr zwangsrekrutieren kann, wurde die Werbung für die Bundeswehr verstärkt. Von 2011, dem Beginn der Bundeswehrreform, stiegen die Werbeausgaben von 8,5 Millionen Euro auf 20,3 Millionen. Von Florian Rötzer. 

 

"Bei der Bundeswehr", so versucht man Jugendliche anzulocken, "ist immer was los." Es gibt "tolle Events", beispielsweise "Adventure Camps", etwa auf Sardinien oder auf der Winkelmoosalm und beispielsweise in Zusammenarbeit mit Bravo: "Liebst du das Abenteuer? Hast du Mut? Willst du dich im sportlichen Wettkampf mit anderen Jugendlichen messen? " Achje, man ist schon sehr bemüht, auf die Ebene der Jugendlichen zu gelangen: "Super Fun- und Infotainment-Programme warten neben den Wettkämpfen und Partytime auf dich."

 

Die Linke rügt in einer noch nicht beantworteten Anfrage: "In einschlägigen Werbeformaten versucht sie, durch die Betonung der Aspekte Technik, Sport und Spaß Wirkung bei Jugendlichen zu erzielen." Tatsächlich werden die unangenehmeren Seiten etwa bei Auslandseinsätzen und deren Folgen für die Soldaten, freundlich formuliert, nicht gerne erwähnt. Die Information ist da doch ziemlich einseitig zugunsten der Werbung.

Partytime bei der Bundeswehr? Klar, denn: "Der normale Tag des Soldaten ist mehr als Befehl und Gehorsam", aber er soll dennoch die "tragende Säule" sein. Geworben mit "vielfältige Möglichkeiten", die sich bei der Bundeswehr finden lassen sollen: "Mit herausfordernden Berufen, vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und abwechslungsreichen Tätigkeiten ist der Soldatenberuf äußerst interessant.

 

In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke bestätigte die Bundesregierung die Verdopplung der Werbeausgaben und erklärte, dass die unter den Wehrpflichtigen "sehr erfolgreiche Binnenwerbung von Soldaten auf Zeit … nicht mehr in der bisherigen Form fortsetzbar" sei. Das ist schön gesagt, heißt aber nur, dass nun die durch Zwang erfolgte "Binnenwerbung" durch kostensteigernde Außenwerbung ersetzt werden musste, die Bundesregierung nennt dies "zusätzliche Maßnahmen der Personalwerbung". Dass parallel zur Bundeswehrreform aber auch die Ausrichtung der Bundeswehr auf mehr Auslandseinsätze verstärkt wurde, will man offenbar nicht als Grund für erhöhte erwähnen.

 

So wurden für 81 Veranstaltungen für das Zentrale Messe- und Eventmarketing der Bundeswehr (ZeMEMBw) 2,4 Millionen ausgegeben. Die Preissteigerungen seien auf die Messegesellschaften und auf "zielgruppenorientierteren Eventmodule und Bühnentechniken" zurückzuführen, die man benötige, um "konkurrenzfähig" zu sein. Gesagt wird nicht, was die Konkurrenz für die Werbeveranstaltungen ist. Zu den Ausgaben käme noch die "umfangreichere Begleitkommunikation", aber offenbar müssen die Veranstaltungen auch besser gesichert werden. Die Ausgaben steigen, ob wohl weniger Veranstaltungen durchgeführt werden, das sei auf "Effizienzsteigerung" durch zielgruppengenauere Qualität zurückzuführen.

 

Offenbar wird Fernsehwerbung als effizient gesehen, weil sich "mittels TV-Werbung eine sehr große Reichweite an personalwerblichen Botschaften" erzielen lasse, man also mehr junge Menschen erreichen, zumal sich die Nutzergruppen im Fernsehen "gut klassifizieren" lassen. Die Gesamtsendezeit betrug 2012 269 Minuten, 2013 wurde sie auf 627 Minuten mehr als verdoppelt, die Ausgaben stiegen von 4,6 Millionen auf 7 Millionen Euro. Alles natürlich Peanuts gegenüber verkorksten Rüstungsprojekten wie dem Erwerb von Drohnen.

 

Gefragt nach Werbeveranstaltungen in Schulen wird erklärt, es gebe keine Hinweise darauf, dass hier eine Anwesenheitspflicht bestand oder suggeriert wurde. Im Übrigen kommen zur Personakwerbung auch noch die Kosten der Werber. Die Bundesregierung will für"Aufgaben, Verantwortung und Ressourcen für die Personalwerbung" nur 28 Angestellte veranschlagen, für die 2012 1,2 Millionen Euro an Personalkosten entstanden seien. Die "Karriereberatung" will man nicht dazu zählen. Für die Linke sind die Ausgaben für Personalwerbung jedoch höher anzusetzen:

 

Addiert man zu den reinen Werbekosten des Jahres 2012 noch die Kosten für Messebeteiligungen, die Zeitschrift "infopost" und Medienkooperationen, ergeben sich Gesamtausgaben für den Bereich Personalwerbung von rund 24 Mio. Euro. Diese Kosten sind noch ohne Personalkosten, die alleine für Karriereberater über 22 Mio. Euro betragen.

 

Karriereberatung sieht man bei der Bundeswehr wohl rein als Information. Die Linke kommentiert: "Bei einer deutlichen Reduzierung der Bundeswehr und dem Verzicht auf Kriegseinsätze bräuchte es keine solchen Reklamekampagnen. Damit würde sowohl Geld gespart als auch Tote vermieden." Aber damit steht die Linke einsam da, die Bundesregierung erklärt hingegen, ohne darauf einzugehen, lapidar: "Die Bundeswehr muss, darf und wird auch zukünftig für sich werben bzw. über sich informieren." Und da kann und muss man sich fragen, wo die Grenzen zwischen Werbung und Information verlaufen. Ist ein Adventure Camp oder ein Schulbesuch von Offizieren Werbung oder Information? Und ist die Bundeswehr eigentlich ein ganz normaler Arbeitgeber? Inwieweit müsste die Bundeswehr realistisch werben(informieren? Auf Zigarettenschachteln muss u.a. stehen: "Rauchen kann tödlich sein." Müsste Ähnliches nicht auch für das Militär gültig sein?