Rendite, Hunger, Deutsche Bank

Erstveröffentlicht: 
07.12.2013

Berlin – Seit Jahren kritisieren Nichtregierungsorganisationen die Spekulation mit Agrargütern. Nun fährt die Deutsche Bank ihren Handel mit Rohstoffen zurück. Aber nur wegen der Rendite. Von Stephan Kaufmann.

 

Die Deutsche Bank kündigt an, sich aus dem Geschäft mit Öl, Gas, Kaffee, Getreide, Metallen und Massengütern wie Erz oder Kohle zurückzuziehen. Im Rohstoffhandel will sie 200 Stellen abbauen. Bereits seit Jahren werden die Kreditinstitute kritisiert, ihre Spekulation mit Rohstoffen, insbesondere mit Agrargütern, mache Nahrungsmittel teurer, lasse die Preise stark schwanken und gefährde so die Versorgungslage von Millionen Menschen. Mit einem Sinneswandel hat der angekündigte Ausstieg der Deutschen Bank allerdings nichts zu tun. Sondern mit der Rendite.

 

Noch vor sechs Jahren warben viele Banken mit großen Anzeigen für Rohstoff-Investments. Ein nur schwach steigendes Angebot und die wachsende Weltbevölkerung, so die Botschaft, verspreche Anlegern hohe Renditen. Dagegen regte sich Protest – die Spekulation sorge für Hunger in der Welt, hieß es. Inzwischen sind mehrere Banken zum Teil medienwirksam aus dem Rohstoffhandel ausgestiegen, so die Commerzbank, die DZ Bank und die LBBW.

 

Die Deutsche Bank dagegen hatte sich lange gewehrt. Laut ihren Studien gebe es keinen direkten Zusammenhang zwischen der Spekulation auf Rohstoffe und den Nahrungsmittelpreisen. Beeinflussen die Spekulanten mit ihren Transaktionen die Rohstoffpreise oder nicht – in dieser Frage ist die Wissenschaft tatsächlich gespalten.

 

Ein eher schlechtes Geschäft

 

Der Rückzug der Deutschen Bank hat aber ohnehin nichts mit der Sorge um ihr Image zu tun. Er hat andere Gründe. Erstens ist er verschmerzbar, der Rohstoffhandel ist nur ein sehr kleiner Teil des Geschäfts. Zweitens wird die Bank auch weiter mit Rohstoffen spekulieren. Eingestellt wird nur der physische Handel mit Weizen, Öl und Gas. Weiter gehandelt werden Edelmetalle und Rohstoff-Derivate – also Finanzprodukte, die auf Rohstoffpreisen basieren. Dazu gehört auch der Handel mit Terminkontrakten auf Agrargüter.

Drittens schließlich sind Rohstoffe ein eher schlechtes Geschäft. Andere Banken wie JP Morgan oder Morgan Stanley ziehen sich zurück. Denn der Rohstoffhandel ist teuer, da er viel Kapital bindet. Zudem ist die Rendite unsicher. So hat Gold im laufenden Jahr ein Viertel seines Wertes eingebüßt, Kupfer zehn, Weizen fast 20 und Mais fast 40 Prozent. Seit Dezember haben Investoren weltweit 34 Milliarden Dollar aus Rohstofffonds abgezogen.

 

Vor allem Agrarrohstoffe sind Wertvernichter. Das zeigt die langfristige Perspektive: In den vergangenen 20 Jahren brachte der Index S&P GSCI Agriculture Excess Return – der die für Investoren am Terminmarkt relevante Preisentwicklung abbildet – jährlich ein Minus von mehr als vier Prozent. Im Vergleich dazu erzielten US-Aktien (inklusive Dividenden) jährlich neun Prozent. Das zeigt: Rohstoffe – insbesondere Agrargüter – sind keine langfristigen Investments, sondern müssen ständig flott hin- und hergehandelt werden, um an ihnen Geld zu verdienen. Das ist riskant.

 

Die Deutsche Bank stellt daher klar: Die Reduktion des Rohstoff-Geschäfts werde „keinen materiellen Einfluss“ auf die Erträge der Bank haben. Ziel sei es lediglich, das „Kapital besser zu nutzen“.