BRÜSSEL – Bundesinnenminister Friedrich will die Regeln zur Niederlassungsfreiheit in Europa überarbeiten: Für Rumänien und Bulgarien strebt er eine Lösung außerhalb der EU an. Zustimmung erhält er von Österreich und den Niederlanden. Von Peter Riesbeck.
Im Streit um die Arbeitnehmerfreizügigkeit für EU-Bürger aus Bulgarien und Rumänien hat Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) einen deutschen Alleingang angedroht. „Notfalls werden wir uns außerhalb der Strukturen der EU multilateral verständigen müssen“, sagte Friedrich am Donnerstag beim Treffen der EU-Innenminister in Brüssel. Einige Staaten hätten ein großes Problem mit Migranten, die wegen der Sozialleistungen kämen, so Friedrich. Zugleich drohte er erneut an, Wiedereinreisesperren zu erteilen, wenn soziale Leistungen erschlichen würden. Laut EU-Recht können nur Straftäter mit einem Einreiseverbot belegt werden.
EU-Justizkommissarin Viviane Reding wies die Kritik zurück. „Es geht um deutsches Recht, was entweder nicht eingehalten wird oder zu großzügig ist“, erklärte sie. Auch EU-Sozialkommissar László Andor wandte sich gegen den Plan. EU-Migranten hätten „Anspruch auf bis zu sechs Monate Arbeitslosenunterstützung aus ihrem Heimatland und nicht aus dem Land, in dem sie nach Arbeit suchen.
Klagen über hohe Soziallasten
EU-Bürger aus Bulgarien und Rumänien dürfen ab 1. Januar 2014 in jedem EU-Land wohnen. So war es beim EU-Beitritt der beiden Länder 2007 vereinbart worden. Selbstständige aus diesen Ländern konnten sich aber schon zuvor in jedem EU-Land niederlassen. Städte wie Mannheim, Duisburg oder Dortmund haben bereits über hohe Soziallasten geklagt. Im April hatte sich Friedrich mit Kollegen aus Großbritannien, Österreich und Holland per Brief bei der EU-Kommission beschwert.
Bürgern aus EU-Staaten stehen in Deutschland grundsätzlich Sozialleistungen zu. Wer nach drei Monaten nicht belegen kann, dass er Arbeit sucht, verliert diesen Anspruch. Gerichte hatten dazu unterschiedlich geurteilt, aber stets nur Einzelfälle behandelt.
Friedrich erhielt in Brüssel offene Unterstützung von der britischen Innenministerin Theresa May. Auch Österreich und die Niederlande sympathisieren mit seinem Plan. Leise Zustimmung kam aus Dänemark und Finnland. Die übrigen Mitgliedstaaten billigten das Vorgehen der Kommission.
Unabhängig von der Diskussion um Bulgarien und Rumänien beschlossen die Innenminister am Donnerstag, unter bestimmten Umständen wie stark gestiegener Asylbewerberzahlen die Visa-Freiheit für mehrere Balkanstaaten wie Serbien und Mazedonien aussetzen zu können. Darauf hatte auch Deutschland gedrängt.