In den tunesischen Städten Gafsa und Siliana ist es vorgestern zu neuen Unruhen gekommen. Anlass war der Jahrestag der blutigen Auseinandersetzungn in der Region vor einem Jahr. Bei den letztjährigen Protesten waren die Bullen massiv mit Schrotmunition gegen die Demonstranten vorgegangen, durch gezielte Abgabe von Schüssen in Kopfhöhe hatten Dutzende ihr Augenlicht verloren. Die örtlichen Gruppierungen des Gewerkschaftverbandes UGGT hatten deshalb zu einem Generalstreik und Demonstrationen in der Region aufgerufen.
In Gafsa versuchten Demonstranten den lokalen Regierungsitz zu stürmen, woraufhin die Bullen massiv Tränengas einsetzten. Daraufhin zog die Menge weiter durch die Stadt, dabei wurden zwei Büros der regierenden Islamistenpartei Ennahdha sowie der sich ebenfalls lange an der Regierung beteiligen sozialdemokratischen CPR gestürmt und verwüstet. Das Inventar wurde auf die Strasse geschmissen und angezündet, während „Das Volk will den Sturz des Regimes“ und „Die Leute von Gafsa sind freie Menschen“ gerufen wurde.
In Siliana zogen hunderte wütender Jugendliche nach einer Demo der UGGT durch die Strassen und lieferten sich heftige Kämpfe mit den Bullen, die nur mit Mühe die Erstürmung einer Bullenwache verhindern konnte. Über dreißig Bullen wurden bei den Kämpfen verletzt, zwei davon schwer.
Die Menschen in der Region leiden weiterhin unter bitterster Armut, obwohl in Gafsa bedeutende Mengen an Phosphat abgebaut werden. In einer jüngsten Entscheidung wurde die Region auch bei Verbesserungen im staatlichen Gesundheizswesen missachtet, auf einer Liste von Standorten für neue Uni- Polikliniken wird die Provinz nicht geführt, was auch Thema in den aktuellen Aufrufen der Militanten der UGGT war.
Die neuen, bisher lokal begrenzten, Proteste finden vor dem Hintergrund einer weiterhin katastrophalen wirtschaftlichen Situation und einer Lähmung der politischen Klasse statt.
Nachdem die von der UGGT Spitze vermittelte Lösung einer „Übergangsregierung“ vorerst gescheitert ist und Teile der radikalen Islamisten in den Untergrund gegangen sind, bläst der noch regierenden Ennahdha der Wind ins Gesicht. Nach einem Feuergefecht zwischen Bullen und Islamisten im Oktober, bei dem zwei Bullen getötet wurden, wurde Präsident Moncef Marzouki bei der Trauerfeier von wütenden Bullen vertrieben, anschliessend wurde ein Büro der Ennahdha mutmasslich von Angehörigen der getöteten Bullen angezündet. Ende Oktober kam es dann erstmalig seit Jahren wieder zu Anschlägen von Islamisten auf den für Tunesien überlebenswichtigen Tourismussektor. Die aktuelle Entwicklung war dann auch der Ratingagentur Fitch eine weitere Abstufung Tunesiens auf BB- , Aussicht negativ, wert.
Videos aus Gafsa und Siliana
http://www.youtube.com/watch?v=LpK60U-tl0o
http://www.youtube.com/watch?v=O7BJKldmuJI
http://www.youtube.com/watch?v=cizrwBYXdLk
http://www.youtube.com/watch?v=UdtwEMNk6VM
http://www.youtube.com/watch?v=pMiQHiwFZWs