Nach einer kurzen Ruhephase haben die Nazis ihre Aktivitäten in Bochum-Langendreer wieder verstärkt. Ein Gespräch mit Lotto Müller aus Langendreer.
Ruhrbarone: Vor gute einem Jahr fand in Langendreer eine große Demo gegen Nazis statt. Danach schien sich die Lage entspannt zu haben.
Lotta Müller: So schien es, ja. Auch das Bündnis Langendreer gegen Nazis hatte den Eindruck durch den Wegzug der bekanntesten Nazi Familie in Langendreer wäre das Nazi-Problem vorerst erledigt. Eine katastrophale Fehleinschätzung.
Ruhrbarone: Wie ist die Situation heute?
Lotta Müller: Es gibt aktive Nazi-Strukturen mit Anbindungen zum verbotenen Nationalen Widerstand Dortmund (NWDO) im ganzen stadtteil. Das zieht sich furch die örtlichen Fußballvereine, Kneipen oder auch das Inpoint, das Jugendzentrum in Langendreer. Fast täglich erscheinen neue Nazi-Graffitis oder es werden Nazi-Sticker geklebt. Politisch aktive Anwohner werden weiterhin bedroht und belästigt.
Ruhrbarone: Kam es auch wieder zu Gewalttaten?
Lotta Müller: Das Haus einer Anwohnerin wurde mit Eiern beworfen und der bekannte Nazi Daniel E. fuhr in der vergangenen Woche mit lauter Nazimucke durch den Kiez als schien er sagen zu wollen : „Seht her ich bin immer noch da.“ Dabei zeigte er den Hitlergruss. Die Anzeige wurde aufgenommen.
Ruhrbarone: Wie verhalten sich Stadt und Polizei?
Lotta Müller: Nach diesen Vorfällen schaltete sich der Staatsschutz ein und wollte ein Gespräch mit den nach Lütgendortmund verzogenen Nazis führen. Allerdings waren sie an ihrem Wohnort nicht anzutreffen. Den Opfern wurde ein Sicherheitsgespräch angeboten und auf die Beratungsstelle Backup verwiesen. Eine Reaktion der Stadt ist mir nicht bekannt.
Ruhrbarone: In Dortmund arbeiten Stadt, Polizei und verschiedene Initiativen zum Teil eng zusammen. Wäre so etwas auch ein Modell für Bochum?
Lotta Müller: Auch hier gibt es einen Runden-Tisch, ob dieser ein Erfolgsmodell wird, ist momentan schwer zu sagen.
Ruhrbarone: Ist der Runde Tisch nur für Langendreer oder für ganz Bochum?
Lotta Müller: Nur für Langendreer. Mitwirkende sind unter anderem die Polizei,
Ruhrbarone: Was muss passieren, damit in Langendreer ein Nazi-Comeback verhindert wird?
Lotta Müller: Die Frage aller Fragen. Zuerst einmal muss die Migrantische-Community mit ihren ganz eigenen Nazi-Problemen ernst genommen werden und es liegt an der Zivilgesellschaft diese in Strukturen mit einzubeziehen und ihnen Unterstützung zuzusichern. Desweiteren darf es nicht sein, dass Bürger und Bürgerinnen die Nazisticker im Stadtteil überkleben mit Prozessen überzogen werden. Im Gegenteil: Zivilcourage gegen Rechts braucht Förderung und gesellschaftliche Akzeptanz.
Von
Stefan Laurin