Aufruf zur Unterstützung des Klimacamp

Aufbau Klimacamp (5)

„Lasst uns all die eintreffenden Menschen Willkommen heißen, die Chance des Austausches nutzen, zum Campgelände fahren, unsere Grundstü­cke zum Zelten zur Verfügung stellen, unsere Häuser zum Duschen öffnen und die positive Stimmung des Wandels weiter verbreiten. Lasst uns die gewünschte Veränderung sein“


Bereits seit Monaten laufen die Vorbereitungen und die Mobilisierung für das Klima- und das Reclaim The Fields Camp. Vom morgigen Freitag, den 23.​August an, werden hunderte Menschen erwartet, die teilweise aus ganz Europa und darüber hinaus anreisen, um sich mit uns, den Bewoh­ner_innen des Rheinischen Braunkohlereviers aus zu tauschen und uns darin zu unterstützen, uns der täglichen Zumutung von RWE’s Braunkohleab­bau und ihren Folgen zu wiedersetzen. Die Organisator_innen dieser Camps, und wir alle sehen uns nun mit den Auflagen der Kerpener Polizei konfrontiert, weder Zelte zum Schlafen aufbauen zu dürfen noch für unsere Gäste zu kochen. Alles was dut­zende Menschen, über Monate durch ihr ehreamtliches Egagement vorberei­tet haben, droht nun durch die Kerpener Behörden zunichte gemacht zu werden.

 

Die Kerpener Polizei zeigt in den letzten Monaten, immer wieder, wie stark sie bereit ist, mit allen Mitteln allen und allem Steine in den Weg zu legen, was das Handeln von RWE in unserer Region hinterfragt, und sich für ein Ende des Braunkohleabbaus engagiert. Die Entscheidung der Kerpener Polizei und des Verwaltungsgerichts Köln, keine Infrastruktur zur Versorgung und keine Zelte zum schlafen auf­stellen zu dürfen, ist eine nicht hin zu nehmende Anmaßung, unser Rechts auf Meinungsfreiheit, Versammlung und Organisierung einzuschränken. Solchen Verboten, müssen wir uns solidarisch und entschlossen entge­gen stellen.

Gemeinsam wollen wir es nun schaffen, trotz des Verbotes eine Infrastruktur zu errichten, die es uns ermöglicht, mit den angereisten in Kontakt zu kommen, uns mit Ihnen über unsere Erfahrungen aus zu tauschen, von einander zu lernen und uns Gegeseitig zu unterstützen. Denn der ganz große Teil der angereisten, steckt in ihrer Region selbst in einer Auseinandersetzung über die Zukunft ihres Lebensraums: Es sind Menschen aus dem Wendland, die sich gegen ein Atomares Endlager unter ihren Feldern wären, es sind Beschützer_innen des Gezi Parks in Istanbul, es sind Anwohner_innen von Großprojekten wie dem Bahnhof Stuttgart 21 und dem Flughafen Notre dame des Landes in Frankreich. Es sind Bewohner_innen des Lausitzer Braunohlereviers und Menschen die sich sich in Rumänien gegen eine Zwangsumsiedlung im Rahmen eines Gold­minen Projekts entgegenstellen. Menschen die nach einer jahrelangen Auseinandersetzung Anfang diesen Jahres den Kohleabbau in Schott­land beenden konnten, indem sie das Unternehen Scotisch Coal in die Insol­venz trieben. Die Liste würde sich unenedlich fortsetzen lassen, überall kämpfen Menschen gegen Ausbeutung und Zerstörung ihrer Leben­grundlagen. Und nun haben wir für zwei Wochen die Chance uns mit all diesen spannenden Menschen über unsere Situationen und Umgangsweisen aus zu tau­schen, uns gegenseitig zu inspirieren, zu stärken und uns zu unterstützen. Unterstützen darin, dass wir von dem Wissen und Fähigkeiten der Besucher_innen profitieren können um eine Auseinandersetzung zwi­schen uns allen anzuregen über den weiteren Werdegang der Region und wie wir diesen gestalten wollen.

Eine Auseinandersetzung auf den unterschiedlichsten Ebenen und mit den unterschiedlichsten Mitteln. Denn wir wollen den Alternativen zu einer Abbaggerung, den Alternativen zu Umsiedlungen, Waldrohdung, Zerstö­rung unserer Landwirtschaftlichen Flächen und dem alltäglichen und vielsei­tigen Angriff auf unsere physische und psychische Gesundheit nicht nur eine Stimme geben. Sondern wir wollen diesen Alternativen eine Struktur zur Umsetzung geben. Erst durch die Aktive Beteiligung werden wir doch alle Teil dieses Wandels sein, der in jedem Fall kommen wird. Entweder, passiv als Teils eines seit langem vorangehenden Wandels, der unter den Zwängen der Standortkonkurenz von Managern, Politikern, und Finanzexperten entworfen wurde, nach den Maßstäben von Rentabilität, Machtstabili­sierung und Kapitalvermehrung. Oder eben einen Wandel, den wir selbst, und nach unseren eigenen Maßstäben umsetzen, als aktiver Teil des Prozesses. Erst der Versuch, ein Netzwerk zwischen Gruppen und Einzelpersonen zu schaffen, was so stark, vielfältig, und solidarisch ist, dass es Etappensiege erziehlen kann, bringt uns doch wieder eine Hoffnung zu­rück und damit eine Perspektive für die es sich lohnt Zeit und Energie auf zu bringen.


Gestehen wir es uns doch ein. Wir sind doch ganz mehrheitlich schon seit Jahren völlig desillusioniert. Schon längst gestalten wir nicht mehr selbst unsere Lebensumstände. Schon längst haben wir die Kontrolle über das was hier passiert an Aufsichtsräte und Großinvestoren verloren. Das muss doch endlich mal ein Ende haben. Greifen wir doch endlich die Gelegenheit des momentanen Schwungs auf und bringen uns auf ir­gendeine Art und Weise ein, in diese Auseinandersetzung. Wenn wir ein bischen nachdenken, oder uns mit anderen Austauschen, wenn wir wieder die Frage nach einer Alternative stellen, wird uns doch allen etwas einfallen, wie wir uns in diese Auseinandersetzung konstruktiv einbringen können. Der Beitrag jeder und jedes Einzelnen, mag noch so klein und zart im An­fang sein, aber in der Menge der Beiträge, liegt eine ungeahnte Kraft die in der Lage ist unserem Ziel, nach ernsthaften Alternativen Schritt für Schritt näher zu kommen, und unsere Alternativen Realität werden zu lassen.
Es gibt bereits viele Beispiele, auch aus unserer Region, bei denen sich Menschen Zusammentun, und ihrer Empörung über das was hier pas­siert Ausdruck verleihen: Eine Vielzahl an Bürgerinitiativen existiert, das Gelbe Band als gemeinsames Zeichen des Widerstandes wird an immer mehr Orten sichtbar, die Wald- und Wiesenbesetzung und ihre unglaublich zahlreiche und vielfältige Unterstützung, die Klimacamps der letzten Jahre, Klagen und Petitionen durch Umweltorganisationen, Blockaden und Demonstrationen, Diskussions- und Informationsveranstaltungen, Nachbarschaftsprojekte und vieles mehr. Die Formen des Protests und die Strukturen um gemeinsam Alternativen zu schaffen, sind noch mitten in der Aufbauphase. Lasst uns auch jetzt die Schikanen von RWE und den Behörden als Chance nutzen, um unseren solidarischen Umgang unter Beweiß zu stellen. Wir können diese Schikanen ins Gegenteil umkehren. Wenn wir unsere Empörung über den Versuch des faktischen Verbots an Zeitun­gen, Nachbarn und Bekannten kommunizieren. Wenn wir diesen Text und an­dere Statements über Mail, Websiten und soziale Netzwerke verbreiten. Wenn wir uns soldarisch verhalten, uns einbringen, auf die Art und Weise, wie es uns umsere Lebensumstände gerade erlauben und wenn wir Struktu­ren schaffen, die über die Camps hinaus bestehen bleiben. Lasst uns all die eintreffenden Menschen Willkommen heißen, die Chan­ce des Austausches nutzen, zum Campgelände fahren, unsere Grundstücke zum Zelten zur Verfügung stellen, unsere Häuser zum Duschen öffnen und die posi­tive Stimmung des Wandels weiter verbreiten. Lasst uns die gewünschte Veränderung sein, und neue Formen des Zusammenlebens ausprobieren.

Fortschritt ist das Werk der Unzufriedenheit. Zukunft ist, was wir dar­aus machen.

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