Hammerskins im Südwesten mit neuen Strukturen

Logo des „Chapter Westmark“ vom Facebook-Profil des Hammerskins Marc Winkenbach

Seit etwa 1991 sind regionale Strukturen der rassistischen „Hammerskin Nation“ in Deutschland nachzuweisen. Die Schwerpunkte lagen zu dieser Zeit noch in den Bundesländern Berlin, Brandenburg und Sachsen. Eines der ersten Postfächer der deutschen Hammerskins befand sich jedoch bereits Anfang der 1990er Jahre in Schwetzingen (Rhein-Neckar-Kreis) und wurde von einem Mitglied der regionalen Nazi-Gruppierung „Aktionsfront Nationaler Kameraden“ (ANK) betrieben.

 

Gegenwärtig existieren in Deuschland rund zehn so genannte Chapter, die aus repressionsbedingten Gründen immer wieder unter anderen Namen firmieren.
Im Jahr 1986 waren die Hammerskins in Dallas/Texas (USA) als „weiße Bruderschaft“ gegründet worden. Seit dieser Zeit hat sich die rassistische Skinhead-Organisation zu einer der größten und gewalttätigsten Nazi-Gruppierungen entwickelt.


Alter Wein in neuen Schläuchen
Die Hammerskins Westmark“ (Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg und Südhessen) sind seit mehreren Jahren die führende Struktur im deutschen Netzwerk der rassistischen „Bruderschaft“. Das haben sie vor allem ihrem Kopf Malte Redeker zu verdanken. Dieser hat es durch sein Geschäft mit Rechtsrock zu einigem Renommee in der internationalen Nazi-Szene geschafft. Mit besten Kontakten in die Schweiz, nach Spanien und Schweden sowie ins Stammland der Hammerskins, die USA, gilt Redeker als Integrationsfigur und stellt vor allem für Nazis in der Rhein-Neckar-Region so etwas wie den „Paten“ der Szene dar.
Die Hammerskins aus der Rhein-Neckar-Region bildeten bis vor kurzem zusammen mit ihren Gesinnungskameraden aus dem Saarland das „Chapter Westmark“. Nachdem die Behörden - auch im Zuge der Ermittlungen zur Nazi-Terrorgruppe NSU - auf Redeker und die südwestdeutschen Hammerskins aufmerksam geworden waren, wurde im März 2013 diese Sektion offiziell aufgelöst. Auch das Bundeskriminalamt hatte die Hammerskins im Juli 2012 im Focus. Erstmals waren die Nazi-Aktivitäten Thema eines internen Dossiers des BKA mit dem Titel „Hammerskin Nation“. Demnach seien 193 Hammerskins und „Suppoerter“ den KriminalistInnen bekannt.
In der Folge der taktischen Auflösung war zunächst ein „Chapter Luxemburg“ im Gespräch, welches offenbar ein Fake für die Behörden darstellt. Denn mit dem vorgegebenen Ende des „Chapter Westmark“ wurden bereits zwei neue Strukturen geschaffen: das „Chapter Westwall“ und das „Chapter Kurpfalz“. Ganz offensichtlich wollten die regionalen Hammerkins einem Verbot des umtriebigen „Chapter Westmark“ zuvorkommen.


Who is who?
Aktivisten des neu geschaffenen „Chapter Westwall“ sind neben Malte Redeker der Frontmann der Nazi-Band „Jungsturm“ Frank Molina (Saarland) sowie die beiden Saarländer Hammerskins Frank Mailänder (Bous) und Robert Kiefer (Puttlingen). Kiefer verwaltet ein von saarländischen Neonazis im Jahre 2009 gekauftes Wiesengrundstück nahe dem kleinen elsässischen Ort Volmunster-Eschviller. Auf dem Grundstück, wo zwischenzeitlich auch eine Bühne errichtet wurde, fanden bereits mehrfach Rechtsrockkonzerte und andere Feiern statt. Im November 2012 trat Kiefers Band „Wolfsfront“ zusammen mit weiteren Hammerskin-Bands auf dem „European Hammerfest“ in Toul (Lothringen) sowie im Juni 2013 im „Skinhouse Mailand“ auf. Das Konzert in Toul hatte das damalige „Chapter Westmark“ organisiert. Rund 2000 Nazis waren in die Kleinstadt gekommen.

Gegenwärtig ist davon auszugehen, dass zum neuen „Chapter Kurpfalz“ die Nazis Stephan Oppelt (Lampertheim-Hüttenfeld), Sebastian Kahlmann (Südhessen, ehem. „Kameradschaft Bergstraße“), Marc Winkenbach (Viernheim), Sascha Kaminski (Viernheim) sowie Christian Lenz (Bad Dürkheim) zu rechnen sind.
Der aus Mannheim nach Hamburg verzogene Nazi Wolfgang Benkeser (ehem. NPD/JN) gehört ebenfalls zur „Bruderschaft“ und hält nach wie vor Kontakt zu seinen Kameraden im Südwesten. Der brutale Schläger Benkeser treibt sich mittlerweile in der Türsteher-Szene im Umfeld der Rockergruppe „Hells Angels“ herum. Er ist auch bei den Hammerskins der „Mann fürs Grobe“ und war beispielsweise am 3. November 2012 in Toul als „Security“ eingesetzt. Ein Foto zeigt Benkeser zusammen mit den sächsischen Hammerskins Maik Scheffler und Thomas Gerlach, der dem Unterstützerumfeld der Nazi-Terrorgruppe NSU zugerechnet wird.
Selbst Matthias Herrmann, einer der führenden Köpfe der regionalen Nazi-Szene, soll ein Hammerskin-Tattoo tragen, so ein Szene-Aussteiger. Und das, obwohl Herrmann äußerlich nie als Skinhead auftrat und aktiv im Umfeld der völkisch-nationalistisch geprägten „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) war.


Supporter of the Nation“
Einzelpersonen aus dem Dunstkreis des „Aktionsbüros Rhein-Neckar“, aber auch Parteigänger der NPD pflegen enge Kontakte zu den Hammerskins und treten immer wieder als so genannte Supporter in Erscheinung. T-Shirt-Aufdrucke wie „Support the Nation“ oder „Crew 38“ (38 = CH = Crossed Hammers) unterstreichen dabei ihre Zugehörigkeit zum Umfeld der Bruderschaft der Hammerskins, ohne jedoch vollwertiges Mitglied in der selbsternannten „Elite“ zu sein.
So zeigt sich beispielsweise der Mannheimer Nazi Sascha Trautenberger im „Crew 38“-Outfit. Das ehemalige Mitglied der verbotenen FAP hatte 2011 für die NPD bei der baden-württembergischen Landtagswahl im Wahlkreis Sinsheim kandidiert und Ende 2010 zusammen mit anderen Nazis aus dem Rhein-Neckar-Raum die „Freie Bewegung Section Baden“ ins Lebens gerufen. Diesem Nazi-Grüppchen war nur eine kurze Zeit beschert.
Andere Strukturen wie die „Freien Nationalisten Kraichgau“ und die „Weisse Rebellion“ übten mehr Reiz auf Szene-AnhängerInnen aus. Die „Freie Bewegung“ blieb eine kurze Episode. Auch AktivistInnen der „FN Kraichgau“ aus dem Raum Sinsheim liebäugeln mit der „Elite“ der Hammerskins,
wie Einträge in Social Networks belegen. Am „European Hammerfest“ im November 2012 (s.o.) nahmen ebenfalls Nazis der „FN Kraichgau“ teil.


Brutale Angriffe unter Führung der Hammerskins
Während am 17. Januar 2009 in Ludwigshafen eine antifaschistische Demonstration gegen die Umtriebe des Hammerskin-Chefs Malte Redeker und seinen Laden „Streetwear Company“ stattfand, überfielen rund 40 bewaffnete Nazis ein vermeintlich linkes Bekleidungsgeschäft in Mannheim. Zwei Angestellte konnten sich gerade noch in Sicherheit bringen. Die Nazis zerstörten die Einrichtung und zerschlugen Schaufensterscheiben.
Der Überfall war offensichtlich von Seiten der regionalen Hammerskin-Strukturen geplant worden. Redeker hatte sich wohl über die Antifa-Demo gegen seine Person und seine Geschäfte ziemlich geärgert.

Mutmaßliche Beteiligte an dem Überfall, die noch am 17. Januar von der Polizei festgenommen werden konnten, waren die Hammerskins Christian Lenz und Marc Winkenbach. Des Weiteren sollen die Nazis Florian Weißbarth (Biblis), Franko Naujeck (Heppenheim), Tobias Steinbach (Altrip), Christian Heise (Bickenbach), Markus Fickelscher (Schifferstadt), Florian Sundermann (Schifferstadt), Patrick Wittrien (Neuhofen), Nico Repp (Neuhofen), Kevin Garrecht (Altrip), Sebastian Karmoll (Rehborn), Sven Schmidt (Morschheim), Christian Näfe (Eisenthum), Benjamin Barrenscheen (Altrip), Alexander Hauser (Bolanden) und Marcel Schärf (Mutterstadt) an dem Angriff beteiligt gewesen sein. Die Ermittlungen gegen die 17 Nazis wegen des Überfalls wurden eingestellt.
Bereits am 6. November 2008 hatten rund 30 Nazis eine antifaschistische Veranstaltung zum Thema Rechtsrock an der Ludwigshafener Fachhochschule angegriffen. Auch diese Aktion war offensichtlich vom „Aktionsbüro Rhein-Neckar“ und den regionalen Hammerskin-Strukturen geplant worden.


Führungsposition
Malte Redeker gilt mit seinem direkten Umfeld als Speerspitze der deutschen Hammerskins. Der umtriebige Nazi aus Ludwigshafen schaffte es sogar, zum Europa-Chef der Hammerskins aufzusteigen - dem so genannten European Secretary. Am 26. Januar 2013 sollte - offenbar auf Einladung Redekers - ein Europatreffen der Hammerskins in Erlenbach, einem Ortsteil von Fürth im Odenwald, stattfinden. Es waren rund 120 Nazis aus ganz Europa angereist. Der Vermieter kündigte jedoch die Halle und das Treffen konnte nicht durchgeführt werden.


Malte Redeker - politische Biographie
Malte Redeker, geboren 1976, kam nach eigenen Angaben schon in jungen Jahren in die rechte Szene. Er zählte sich schon Ende der 1980er Jahre zu den Skinheads und bewegte sich im Umfeld einer mittlerweile verbotenen rechtsradikalen Partei.
1994 gab Redeker zusammen mit einem weiteren Nazi das Fanzine „Deutsche Zukunft“ heraus. Zu dieser Zeit lebte er noch in Schleswig-Holstein. Von dem Szene-Heftchen erschienen nur drei Ausgaben, da Redeker Ende 1994 nach Mexiko zog. In den Jahren 1996 bis 2002 erschien dann unter seiner Regie das Fanzine „Donnerschlag“, welches bis zur Nummer 6 aus Mexiko vertrieben wurde. Mit der Nummer 7 des „Donnerschlag“ verkündete Redeker seine Rückkehr nach Europa, wobei er sich zwischenzeitlich immer wieder in Deutschland aufgehalten hatte, um Szenekontakte zu pflegen, wie seinen Berichten im „Donnerschlag“ zu entnehmen ist.

Nach der Rückkehr aus Mexiko hielt sich der Nazi zunächst in Spanien, dann in der Schweiz auf. In der Schweiz erschien die letzte Ausgabe des „Donnerschlag“ (Nummer 8), die über eine Kontaktadresse in Spanien bezogen werden konnte. An der Universität St. Gallen begann Redeker 1999 mit dem Studium der Rechtswissenschaften. Nach vier Semestern wurden ihm seine politischen Aktivitäten zum Verhängnis: Sein Visum für die Schweiz wurde nicht verlängert. Redeker kam daraufhin zurück nach Deutschland und zog nach Ludwigshafen.

Redeker begann 2001 erneut ein Studium, diesmal BWL mit dem Schwerpunkt Marketing. 2004 fand er einen Job bei Vodafone in Ludwigshafen. Diese Arbeitsstelle verlor er jedoch nach einigen Monaten wieder - ebenfalls wegen seiner politischen Aktivitäten.

Im Jahr 2003 fiel der Nazi erstmals als Organisator von Rechtsrock-Konzerten in der Rhein-Neckar-Region auf. Im Frühjahr 2004 gründete Redeker den Internet-Versand „Gjallarhorn Klangschmiede“ (kurz: GKS). Angeschlossen an den Versand ist ein Musik-Label für Nazi-Musik, bei dem zahlreiche Bands aus dem Umfeld der Hammerskins produziert werden. Redeker zählt zu den Drahtziehern hinter dem Projekt der ersten Schulhof-CD („Anpassung ist Feigheit“).

2005 brachte Redeker zusammen mit anderen Nazi-Aktivisten aus der Rhein-Neckar-Region das Magazin „Nordwind“ heraus. Bis 2007 erschienen von dem Blatt insgesamt acht Ausgaben. Seit Mitte 2013 findet sich "Nordwind" als Online-Magazin wieder. Die Seite ist derzeit noch im Aufbau und soll neben Konzertberichten und Interviews auch CD-Besprechungen und weitere Artikel beinhalten. Auf der Homepage wird eifrig Werbung für Redekers GKS gemacht.

2008 eröffnete Redeker den Laden „Streetwear Company“ in Ludwigshafen. Daneben betreibt der rechte Businessman seit Anfang 2007 in Stralsund den Szeneladen „Headhunter Streetwear“. Im September 2009 musste er seinen Ludwigshafener Laden aufgrund antifaschistischen Widerstands und öffentlichen Drucks schließen.

Nach eigenen Angaben in einem Interview aus dem Jahr 2007 ist Malte Redeker Mitglied in einer regionalen Kameradschaft, engagiert sich im „Aktionsbüro Rhein-Neckar“ und nimmt an fast allen politischen Aktivitäten der rechten Szene in der Region teil.

In seiner Freizeit und zur „Leibesertüchtigung“ treibt Redeker Kampfsport, vor allem Thai-Boxen. Im Zuge dieser sportlichen Betätigung bot der Nazi auch seinen Kameraden immer wieder Kampftrainings an.

Seinen Internet-Versand und das Label betreibt der Hammerskin-Chef nach wie vor. Malte Redeker ist eine der Integrationsfiguren des Rechtsrock-Business und einer der wichtigsten Drahtzieher im braunen Netz der Rhein-Neckar-Region, der Bundesrepublik und Europas.


Die AIHD dankt besonders dem Antifaschistischen Info-Kollektiv Rhein-Neckar/Pfalz.

 

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