27.01. Tag der Opfer des Faschismus im Altmarkkreis Salzwedel (Sachsen Anhalt)

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Der 27.01. ist der offizielle Gedenktag an dem wir all den Menschen gedenken, die während des Nationalsozialismus ,Opfer seiner faschistischen  Weltanschauung wurden. Im Altmarkkreis Salzwedel haben Antifaschist_innen verschiedene Veranstaltungen organisiert und durchgeführt .Des weiterem wurde am zentralen Gedenken in Gardelegen teilgenommen.

Eine  Chronologie:

Um 11 Uhr fand in Issenschnippe bei Gardelegen eine Gedenkveranstaltung der Stadt Gardelegen statt.
An diesem Ort wurden am 13. April 1945 , ein Tag vor der Befreiung durch amerikanische Soldaten 1016 KZ Häftlinge ermordet. Sie wurden in einer Feldscheune zusammen getrieben und darauf hin  in  Brand gesetzt. Die Ermordung der Häftlinge ist ein Höhepunkt der zum Ende des Zweiten Weltkrieges statt findenden Todesmärsche Tausender von Häftlingen.
Der vom Konzentrationslager Mittelbau-Dora bei Nordhausen kommende sogenannte Evakuierungszug kam in Mieste (14 km westlich von Gardelegen) aufgrund zerstörter Gleisanlagen nicht mehr weiter. So wie der zweite Evakuierungszug aus dem Konzentrationslager  Hannover-Stöcken.Aus diesem Grund wurden die Häftlinge zu Fuß und teilweise mit Pferdefuhrwerk in Richtung Gardelegen getrieben . Immer wieder flüchteten sich Häftlinge in die angrenzenden Wälder um sich zu verstecken. Sie wurden mit Hilfe örtlichen Anwohner zusammen getrieben oder an Ort und Stelle ermordet. Diese Aktion wurde wegen der  gestreiften Häftlings uniformen von den Einwohnern „Zebra-Jagt“ genannt .An das Ende dieses Todesmarsches durch Deutschland erinnern heute zahlreiche Gedenksteine um Gardelegen herum.

In Salzwedel organisierten Antifaschist_innen aus dem Altmarkkreis und überregional eine Mahn- und Gedenkstätten Besichtigung.

Um 15 Uhr fand eine Gedenkveranstaltung an dem Mahnmal Ritzer-Brücke statt.
Hier wurden im April 1945  244 KZ Häftlinge ermordet, indem sie in Güterwagons eingepfercht verhungerten.

15.30 wurde auf dem  jüdische Friedhof den neun ermordeten  Frauen gedacht, die durch die Folgen der Zwangsarbeit im Frauen KZ Salzwedel nach der Befreiung verstarben.

16 Uhr fand an der Gardelegener-Straße eine Gedenkveranstaltung statt.
Dies ist der Ort, an dem sich das Frauen Konzentrationslager Salzwedel - ein Außenlager des Konzentrationslager Neuengamme befand.
Seit Kriegsbeginn produzierte die Draht- und Metallfabrik Salzwedel  Infanterie- und Flakmunition.  Die meisten der 1520 jüdischen Frauen im Außenlager Salzwedel kamen aus Ungarn, die anderen aus Polen und Griechenland. Die Frauen waren in drei Transporten aus Auschwitz-Birkenau bzw. Bergen-Belsen Ende Juli/Anfang August, im Oktober und im Dezember 1944 nach Salzwedel gebracht worden. Sie mussten in zwei 12 Stunden-Schichten arbeiten und waren in einem Barackenlager auf dem Gelände einer Düngemittelfabrik an der Gardelegener-Straße untergebracht.
Im April kamen Frauen aus den geräumten Außenlagern Porta Westfalica-Hausberge und Fallersleben nach Salzwedel, sodass die Zahl der Häftlinge auf etwa 3000 anstieg. Als einziges Außenlager des KZ Neuengamme wurde Salzwedel nicht geräumt. Am 14. April wurden die Häftlinge von Angehörigen der 9. US-Armee befreit.
16.30 Uhr Gardelegenner-Straße Ecke Bergstraße hier befindet sich der Gedenkstein des Antifaschisten Erich Mohr .Dieser wurde nach seiner Verurteilung 1937 zu mehreren Jahren Zuchthaus in das Konzentrationslager Sachsen Hausen verschleppt und am 11.10.1944 mit 26 weiteren ermordet bei einer sogenannten „Aktion zur Ausschaltung Kommunistischer Untergrundtätigkeiten innerhalb des Lagers“.Unter den 26 ermordeten war auch der Salzwedel stammende Gustav Spiegel.
17 Uhr wurde der an der Ernst Thälmann Straße  gelegene Ernst Thälmann Gedenkstein bedacht.
Ernst Fritz Johannes Thälmann (KPD) war Mitglied des Reichstages der Weimarer Republik.  Er wurde am 3. März 1933 (zwei Tage vor der Reichstagswahl März 1933 und  3 Tage nach dem Reichstagsbrand) verhaftet und  am 18. August 1944 nach über elf Jahren Einzelhaft im KZ Buchenwald auf direkten Befehl Adolf Hitlers erschossen.
Der Reichstagsbrand in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 ebnete den Weg zur Außerkraftsetzung der Grundrechte der Weimarer Republik durch den Erlass der „Verordnung des Richtpräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“, die sogenannte „Reichstagsbrandverordnung“.
Sie legalisierte die Verfolgung der politischen Gegner_innen der NSDAP durch Polizei und SA. Der laufende Reichstagswahlkampf konnte von der NSDAP nach dem Brand in offen terroristische Bahnen gelenkt werden. Bis Mitte Mai 1933 wurden allein in Preußen über 100.000 politische Gegner_innen verhaftet und in provisorische Konzentrationslager und Folterkeller gebracht. Am Wahltag zählte man mehr als 70 Tote und hunderte Verletzte, allerdings nicht nur auf Seiten der Opposition, sondern auch bei SA und NSDAP.

Des weiteren fanden am 27.01 weitere Gedenkveranstaltungen in Salzwedel statt.
Die Begehung der in der Innenstadt befindlichen Stolpersteine. Am 26.Juni 2010 setzte der Künstler Gunter Demnig  insgesamt 16 dieser  Stolpersteine (Erinnerungssteine) an fünf Standorten in Salzwedel ein. Die Steine erinnern mit einer Messingtafel an die 13 deportierten jüdischen Einwohner , die in Salzwedel lebten und während der NS-Zeit ermordet wurden.
Sowie um 17.30 Uhr im Hanseat ein Vortrag und Lesung zur Spezifischen Situation weiblicher KZ-Häftlinge.
Die Situation weiblicher KZ-Häftlinge , ihre Spezifischen Probleme und Überlebensstrategien im Konzentrationslager,sowie ihr leben nach dem überleben standen im Mittelpunkt des Vortrages.Zudem kommen die betroffenen Frauen selbst zu Wort. Geschildert werden sexualisierte Gewalt durch Wachpersonal, den Verlust ihrer Weiblichkeit durch Hunger und entwürdigende Behandlung, aber auch den engen Zusammenhalt der so genannten „Lagerschwestern“,ihre spezifischen Überlebensstrategien und ihr leben nach der Befreiung.
…............als Widerstand in den Konzentrationslagern ist nicht nur die Durchführung von Sabotage oder Aufständen zu benennen sondern auch zu sagen ich werde diesen Tag überleben.....

Antifaschist_innen aus dem Hinterland

Quellen:  
Daniel Blatman:  Die Todesmärsche 1944/1945, Das letzte Kapitel des nationalsozialistischen Massenmords , Hamburg 2011
Stadt Archiv der Hansestadt Salzwedel
Ulrich Kalmbach,Jürgen M. Pietsch: Zwischen Vergessen und Erinnerung, Stätten des Gedenkens im Altmarkkreis Salzwedel , Museum des Altmarkkreis Salzwedel 2001
Brüchner, Siegfried; Kühle, Babara : „..besonderst jetzt tu Deine Pficht!“, Oranienburg 1989

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Der internationale Holocaust-Gedenktag war ja heute – der Jahrestag der Befreiung des Lagers Auschwitz. In der Wahl des Tags drueckt sich der Wunsch aus, irgendetwas Troestliches zu finden. Ausserdem sind an diesem Tag die Befreier Helden, die Nicht-Beteiligten ruecken an diesem Tag ins Licht. Darum macht es dieser Tag auch leichter, allgemeine Lehren zu ziehen, wie in vielen typischen Holocaust-Tags-Gedenkreden. Ein Appell, dass der Mensch an sich besser sein sollte, keine Diskriminerung, kein Hass mehr — Worte, denen jeder zustimmen kann. Das sind die Lehren, die die Welt aus der Shoah gezogen hat.

 

In Israel ist ein anderes Datum fuer den Shoah-Gedenktag gewaehlt worden. Der Jahrestag des Warschauer Ghetto-Aufstands. Auch dieses Datum zeugt vom Wunsch, einen Lichtpunkt in der totalen Finsternis zu finden. Der Tag ist auch nicht den Opfern allein gewidmet, sondern auch den Helden des Aufstands – verzweifelte, hoffnungslose Gegenwehr, und ein Tod im Kampf, nicht in der Wehrlosigkeit. Dementsprechend erwaehnen die Reden in Israel die Lehren, die das Volk Israel aus dem Holocaust gezogen hat: sich wehren ist besser als stillhalten, lieber kaempfend untergehen als dahingeschlachtet werden, Warnungen ernstnehmen, ein Auge auf antisemitische Drohungen und Taten haben.

 

Die Welt hat allgemeine Lehren gezogen (und ein Teil der Welt bestreitet, dass es die Shoah ueberhaupt gegeben hat, bedauert ihr vorzeitiges Ende, und moechte beim naechsten Versuch die Sache zu Ende bringen – von denen rede ich hier nicht). Israel hat spezifische Lehren gezogen.

 

Die verschiedenen Daten bringen das glasklar zum Ausdruck. Wer wissen moechte, wo sich der Westen und Israel unterscheiden (die doch so vieles gemeinsam haben), der findet hier einen Ansatzpunkt. Amerikaner und Europaeer begehen den Tag, an dem sie die Opfer befreit haben. Israelis und Juden begehen den Tag, an dem sie Widerstand geleistet haben.

 

So oder so – unertraegliche Abgruende.

 

Quelle: http://rungholt.wordpress.com/2013/01/27/gedenktage/