Jika in Kairo von den Bullen ermordet

Jika

Jika, wie ihn seine Freunde und Gefährten nennen, ist tot.

Gaber Salah, so sein bürgerliche Name, war seit Jahren auf fast allen Demos und Aktionen in Kairo zu sehen. So auch am Dienstagvormittag bei den Protesten in der Mohamed Mahmoud Strasse.

 

Seit Montag erinnern Tausende auf den Strassen Kairos an die Geschehnisse vor einem Jahr, als es als Reaktion auf einen brutalen Bullenüberfall auf ein sit in am Tahrir Platz zu fünftägigen Unruhen kam.


Zehntausende strömten damals in die Innenstadt Kairos, kämpften mit nichts als Steinen und improvisierten Molotows gegen die Bullen und Soldaten, die mit CN-und-CS-Gas die gesamte Gegend einhüllten, mit Gummigeschossen und Vogelschrot auf die Kämpfenden schossen, von Hausdächern aus Steine und Flaschen auf die ungeschützten Köpfe der Demonstranten warfen. Und als deren Widerstand nicht zu brechen war, das Feuer aus scharfen Waffen eröffneten.
Die schwersten Kämpfe tobten damals in der Mohamed Mahmoud Strasse, in genau jener Strasse fand nun unser Gefährte Jika den Tod.

Am Montag waren Tausende in mehreren Demonstrationszügen durch die Innestadt Kairos gezogen, um an die 46 Demonstranten zu erinnern, die vor einem Jahr von den Bullen und dem Militär ermordet worden waren.

Bis heute ist kein Bulle, kein Angehöriger der Streitkräfte, kein politisch Verantwortlicher wegen des Massakers vor Gericht gestellt worden.

Der Vorsitzende des Militärrates, Tantawi, wurde nach dem verlorenden Machtkampf mit den Moslembüdern hochdekoriert auf einen repräsantiven Posten abgeschoben. An allen entscheidenen Posten im Sicherheitsapperat sitzen die gleichen Figuren, die schon unter Mubark gedient haben.
Die Wut der Demonstranten in Ägypten richtet sich gegen genau jene Verantwortlichen, wie auch gegen die Führung der Moslembrüder.

Am Rande des Tahrirplatzes haben sie ein grosses Transparent aufgehängt: "Kein Zugang für Moslembrüder !"

Am Montagabend versuchten viele, zum Innenministerium zu gelangen, das auch schon vor einem Jahr das Ziel der Proteste war.

An den Strassensperren aus grossen Betonquadern, die das Strassenbild in der Innenstadt von Kairo seit einem Jahr prägen, kam es zu heftigen Zusammenstössen mit den Bullen und Soldaten.

Allein an diesem Abend versorgten Ärzte und Sanitäter über 300 Menschen in improvisierten Lazaretten auf dem Tahrirplatz.
Nachdem sich die Situation spät in der Nacht beruhigt hatte, gingen die Bullen auf Rachefeldzug und nahmen etliche Demonstranten rund um den Tahrir Platz fest.

 

Als sich am Dienstagmittag eine überschaubare Anzahl von Menschen erneut in der Mohamed Mahmoud Strasse versammelte, gingen die Bullen mit CN und Vogelschrot gegen sie vor.

Mehrere Menschen wurden dabei schwer verletzt, Jika wurden von mehreren Projektilen im Nacken und im Gehirn getroffen.
Mittlerweile hat Mohamed Adel, Sprecher der Jugendbewegung des 6. April, der Jika angehörte, bekanntgeben,

dass unser Gefährte klinisch tot ist.

Am Dienstagabend hatten sich die Auseinandersetzungen in Kairo intensiviert.

Demonstranten versuchten, zum Parlament zu gelangen, Teile der Absperrungen wurden niedergerissen, an anderen Regierungsgebäuden wurden Fenster eingeworfen, gegen eine Niederlassung der Barclay Bank wurden Molotows geworfen.
Erneut haben die Bullen von Hausdächern aus Steine und andere Gegenstände auf die Demonstranten geworfen (Video: http://youtu.be/ZEyZEskqnCQ ), ägyptische blogger berichten, dass vom Dach des franösischen Gymnasiums aus sogar Soldaten mit Computern und Möbelstücken auf die Demonstranten werfen.

Auch am heutigen Mittwoch kommt es zu weiteren Auseinandersetzungen.

Nachdem Angehörige der Moslembrüder im Studio von al jazeera am Tahrirplatz ein Interview zu den jüngsten Auseinandersetzungen gegeben hatten, bei dem sie die Aktivisten auf übelste beschimpften, griff eine Menge das

al jazeera Büro mit Steinen und Molotows an, Teile des Büros brannten dabei aus.

Als mehrere hochrangige Mitarbeiter des Innenministeriums am Tahrir Platz erschienen, wurden sie mit Steinen angegriffen. Auch an anderen Stellen kommt es zu neuen Kämpfen mit den Bullen und Soldaten.

Im Moment zeichnet sich kein Ende der Kämpfe ab, am Freitag soll es eine grosse Kundgebung auf dem Tahrirplatz geben.