Schwäbisch Haller Polizei geht auf Tauchstation – Verfassungsschutz „prüft“

Erstveröffentlicht: 
19.10.2012

Die Haller Polizei hat bereits im Jahr 2000 bei einer Hausdurchsuchung in Hall Kutten des Ku-Klux-Klans entdeckt – ging aber offenbar nicht weiter vor. Von den Beamten will nun keiner mehr Stellung nehmen.

Der Dienstgeheimnisverrat beim Verfassungsschutz bestimmt weiter die Nachrichten. Ein Mitarbeiter hatte im Jahr 2003 den deutschen Chef der „European White Knights of the Ku Klux Klan“ vor Abhöraktionen des Geheimdienstes gewarnt. Im selben Jahr erfolgte die Hausdurchsuchung bei Achim S. in Schwäbisch Hall durch die Haller Polizei – beauftragt vom Verfassungsschutz.

Zwölf Kutten entdeckt

Bereits am Mittwoch war durchgesickert, dass die Haller Polizei schon im Jahr 2000 die Wohnung des damaligen Klan-Chefs durchsucht hatte. Aus Ermittlerkreisen heißt es heute, dass damals gegen Achim S. wegen des Verwendens verfassungswidriger Zeichen auf Punk-CDs ermittelt wurde. Als die Polizisten in die Wohnung gingen, entdeckten sie vor zwölf Jahren Kutten, die zum rassistischen Ku-Klux-Klan gehörten.

Haben die Beamten den Klan darauf, der damals aus rund 20 Mitgliedern bundesweit bestand und zu dem auch mindestens zwei Polizisten gehört haben, bis 2003 einfach walten lassen? Die Pressestelle der Haller Polizei will am Donnerstag keine Stellung nehmen – die Beamten gehen erst gar nicht ans Telefon. Und auch der kommissarische Polizeichef Ottmar Kroll, der Günther Freisleben (auf Kosovo-Mission) vertritt, gibt sich wortkarg. „Dazu sage ich nichts.“ Alfred Oschwald, von 2002 bis 2006 Polizeichef in Hall und heute Leiter der Direktion Freiburg, lässt sich von seiner Sekretärin entschuldigen. Er sei im Urlaub.

Erst müsse geklärt werden, welche strafrechtlichen Dinge damals zum Vorschein kamen, meint Günter Loos, Sprecher des Innenministeriums. Alleine der Besitz oder das Tragen der Kutten sei nicht strafbar. „Außerdem greifen da Verjährungsfristen. Daher kann ich darüber nicht sprechen.“

Aus Ermittlerkreisen heißt es, dass die ganze Ku-Klux-Klan-Affäre nun an den NSU-Untersuchungsausschuss weitergeleitet werde, der Vorgänge in Zusammenhang mit der Zwickauer Neonazi-Terrorzelle prüft. Denn ein Mitglied des damaligen Ku-Klux-Klans war der Gruppenführer der ermordeten Heilbronner Polizistin Michele Kiesewetter.

Anonyme Informationen

Zum „European White Knights of the Ku Klux Klan“, ein rassistischer Klan-Ableger, der heute noch im Untergrund operiert, will Loos weiter keine Stellung beziehen. Aus Informationen, die dem HT anonym zugespielt wurden, geht hervor, dass der amtierende Europa-Chef, Tarnname „Didi White“, noch in einem Haller Teilort lebt. „Der Verfassungsschutz ist dabei, die Sache zu prüfen“, erklärt Günter Loos. Der Beschuldigte selbst bestreitet am Telefon, Kontakte zur Organisation zu haben – will aber weiter keine Auskünfte geben.

SPD-Landtagsabgeordneter Nikolaos Sakellariou, der im Innenausschuss und im Ständigen Ausschuss des Landtags sitzt, wo derzeit über den Ku-Klux-Klan diskutiert wird, erklärt die Schwierigkeiten der Ermittlungen. „Wenn die Organisation nicht an die Öffentlichkeit geht oder keine Kapuzenabende veranstaltet, kommt man nur schwer ran.“ Dennoch werde genau geprüft, wer bei den Behörden was wann gewusst hat. Unklar sei, ob sich die Klan-Mitglieder „nur die Arme aufschneiden und Blut-Rituale vollziehen oder die Rechte Dritter gefährden“, so der Haller weiter.

Innenministerium ist "sehr überrascht"

Achim S., der laut Verfassungsschutz bis 2003 Chef des deutschen Ku-Klux-Klans war und dann in den Norden gezogen sei, ist tatsächlich seit mindestens April 2012 in Heilbronn gemeldet. Das berichtet die Heilbronner Stimme. Über diese Nachricht zeigte sich das Innenministerium gestern „sehr überrascht“, so deren Sprecher.

Da stellt sich die Frage, wie weit der Ku-Klux-Klan in der Region verflochten ist und wie viele verschiedene Ableger im Geheimen operieren. Loos kenne keine Antworten. Viele Dinge liefen aber unter „äußerster Geheimhaltung“.